Längenfeld. Er ist der einzige Schalke-Profi, der in diesem Jahr einen Derbysieg feierte. Wir haben mit Nassim Boujellab über Fußball und Zocken gesprochen.

Als Nassim Boujellab zum Interviewtermin erscheint, trägt er Badelatschen und ein lockeres Trainingsshirt. Das Abendessen ist gerade beendet, er hat im Trainingslager des FC Schalke 04 in Österreich einen harten Trainingstag hinter sich - der Corona-Fall ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt. In der Bibliothek des Mannschaftshotels können alle Hygienevorgaben eingehalten werden. Boujellab, 21 Jahre alt, ist noch einer der jüngeren Schalke-Profis.

Sie absolvieren in Längenfeld Ihr drittes Trainingslager mit den Profis. Haben Sie sich schon an das Profileben gewöhnt?

Nassim Boujellab: (lacht) Ja, mit der Zeit gewöhnt man sich daran – aber es ist trotzdem immer wieder ein schönes Gefühl. In der Vorbereitung nimmt man viel mit für die Saison. Mir als junger Spieler tut das sehr, sehr gut.

Ihr Debüt haben Sie in der Saison 2018/2019 gefeiert, mitten im Abstiegskampf. In Hannover wurden Sie in der 79. Minute eingewechselt. Was hat Trainer Huub Stevens Ihnen gesagt?

Boujellab: Er meinte: Den Einsatz hast Du Dir verdient, gib einfach Gas.

Der Zeitpunkt für das Debüt war ungewöhnlich. Es stand 1:0, das Spiel war auf der Kippe…

Boujellab: Huub Stevens hat mir immer sein Vertrauen geschenkt. Er hat mir gesagt, dass ihm meine Trainingsleistungen gut gefallen und mich dafür gelobt.

Wann haben Sie erkannt, dass es mit einer Profikarriere klappen kann?

Boujellab: Bei Domenico Tedesco hatte ich schon ein paar Trainingseinheiten mitgemacht, pendelte aber noch zwischen U23 und der Bundesliga-Mannschaft. Erst bei Huub Stevens war ich jeden Tag mit dabei. Weil er mir sehr viel Vertrauen gegeben hat, wusste ich: Jetzt ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ich tatsächlich Profi werden kann.

Haben Sie das Trikot von ihrem Debüt aufgehoben?

Boujellab: Klar. Es hängt in einem Rahmen bei meinen Eltern zu Hause.

Zweikampf: Nassim Boujellab und Mark Uth (r.) kämpfen im Schalke-Training um den Ball.
Zweikampf: Nassim Boujellab und Mark Uth (r.) kämpfen im Schalke-Training um den Ball. © firo | Unbekannt

Inzwischen haben Sie 18 Bundesliga- und zwei Pokalspiele absolviert. Von den ganz jungen Spielern im Kader haben Sie die meiste Erfahrung. Bedeutet Ihnen das etwas?

Boujellab: Ja. Vor ein, zwei Jahren wollte ich unbedingt dahinkommen, wo ich jetzt bin. Ich nehme immer noch jede Minute Erfahrung mit.

Viele Profis, die aus der Knappenschmiede kommen, loben zuerst U19-Trainer Norbert Elgert. Ihr Mentor war aber zunächst ein anderer.

Boujellab: Das stimmt, Oliver Ruhnert war ein wichtiger Bestandteil meiner Karriere. Er war damals nicht nur Chef der Knappenschmiede, sondern auch mein Jugendtrainer in Iserlohn. Dort war ich Kapitän und Zehner. Wir sind im Westfalenpokal weit gekommen, und ich bekam deshalb mehrere Angebote. Ruhnert wollte mich aber unbedingt zu Schalke holen. Und wenn du aus Iserlohn kommst und Schalke hörst, mit dieser guten Jugendarbeit – dann willst du die Chance ergreifen. Ich habe ein Probetraining gemacht, wurde angenommen.

Sind Sie noch häufiger in Iserlohn zu Gast?

Boujellab: Ich werde oft eingeladen – und wenn ich kann, mache ich das sehr gern, um den Kindern eine Freude zu machen.

Ist das noch wie ein Traum? Vor ein paar Jahren waren Sie noch selbst Kapitän einer Jugendmannschaft dort...

Boujellab: Wenn damals einer von den Schalke-Profis gekommen wäre, hätte ich gedacht: Was ist denn da los? (grinst) Von daher weiß ich, was das für ein Gefühl sein muss. So etwas gibt jungen Spielern noch mehr Motivation.

Nachdem Ruhnert Sie geholt hatte, waren Sie zunächst in der U17 und rückten dann zu Norbert Elgert auf…

Boujellab: Als ich im ersten Jahr zu Norbert Elgert kam, habe ich gedacht, dass es schwer wird. Es wurden einige Spieler von anderen Vereinen geholt - und ich kam „nur“ aus der U17. So dachte ich jedenfalls. Doch bei Norbert Elgert gab und gibt es keine Bevorzugung. Er hat allein nach Leistung aufgestellt. Er war für mich sehr prägend - genau wie auch U23-Trainer Torsten Fröhling.

Sie sind bekannt dafür, ein Profi im Playstation-Spiel „Fifa“ zu sein. Sie haben im Jahr 2020 bisher den einzigen Derbysieg gefeiert…

Boujellab: Das war bei der Bundesliga-Home-Challenge in der Corona-Pause. Da habe ich gezeigt, dass ich auch an der Konsole richtig zocken kann. Es war ein 8:0 gegen Achraf Hakimi von Borussia Dortmund.

Haben Sie Ihre Playstation in Österreich dabei?

Boujellab: Klar, sonst ist es zu langweilig (lacht). Ich habe schon immer gerne Fifa gespielt – ob mit meinen Cousins oder meinen Kollegen. Jetzt spiele ich nicht mehr so oft, aber irgendwie bleibt das im Blut. Und ein gewisses Talent ist noch da.

Sind Sie in der Mannschaft der Beste?

Boujellab: Auf jeden Fall.

Finden Sie noch Gegner?

Boujellab: (lacht) Nein. Die trauen sich nicht.

Können Sie von der Playstation etwas auf den Rasen mitnehmen?

Boujellab: Nein, das geht nicht.  Andersherum, also vom Platz auf die die Playstation, kann man aber definitiv etwas mitnehmen.

Viele Top-Stars haben ihren eigenen Jubel. Ist das auch Ihr Traum?

Boujellab: Das wäre schon stark (lacht). Wichtiger ist aber, dass ich gut trainiere und mir möglichst viel Spielzeit verdiene, um mit der Mannschaft erfolgreich zu sein.

Was haben Sie sich denn erst einmal für die kommende Saison vorgenommen?

Boujellab: Mein großes Ziel ist es, Stammspieler zu werden. Ob das klappt, weiß ich natürlich Stand heute nicht. Entscheidend für mich als junger Spieler ist es, mir möglichst viel Einsatzzeit zu verdienen. Für mein Selbstvertrauen wäre das sehr wichtig.

Und langfristig?

Boujellab: Ich denke von Tag zu Tag. Das hat mir Norbert Elgert beigebracht. Man sollte sich darauf fokussieren, sich jeden Tag zu verbessern, um dahin zu kommen, wo man hinmöchte. Und ich habe mir ambitionierte Ziele gesteckt.

Gehört die A-Nationalmannschaft Marokkos dazu?

Boujellab: Ja, bisher habe ich in der U23 gespielt. Aber ich bin, Stand jetzt, für den nächsten Lehrgang der A-Mannschaft eingeladen. Das war aber vor der Corona-Pause schon geplant.

Wollten Sie immer für Marokko spielen?

Boujellab: Ja, obwohl ich auch einen deutschen Pass habe.

Wie ist die Atmosphäre im Trainingslager, nachdem zuletzt zwei Testspiele nicht so gut liefen?

Boujellab: Die Stimmung untereinander ist top, wir haben Spaß miteinander. Dass die Spiele nicht so verlaufen sind, wie wir uns das vorgestellt haben, wissen wir selber. Das müssen und werden wir besser machen. Die Trainingsleistungen sind aber sehr gut, das sieht man auch an den Daten, die wir mitgeteilt bekommen.

Es gibt einige erfahrene Spieler – und viele jüngere. Wie ist das Verhältnis?

Boujellab: Ganz locker. Wir respektieren uns so, als wären wir gleichalt.

Als die Mannschaft in zwei Bussen am Hotel ankam, saßen aber die älteren im ersten und die jüngeren im zweiten…

Boujellab: (lacht) Das sind festgelegte Aufteilungen. Da gibt es keine Bevorzugungen.