Gelsenkirchen. Das Knie des Mittelfeld-Strategen der Königsblauen braucht bei jeder Partie sorgfältige Vor- und Nachbehandlung, betont Schalker-Manager Horst Heldt. Gegen Borussia Dortmund wird es wohl keine Wiederholung für Kevin-Prince Boateng als „falsche Neun“ geben.
Normalerweise reichen zwei Tage nicht, um dieses 0:3 gegen den FC Chelsea in der Champions League zu verdauen. Aber die Spieler des FC Schalke 04 werden heilfroh sein, dass schon am Donnerstag die Schweinwerfer in der Arena ganz auf das bevorstehende 143. Pflichtspielderby mit dem BVB (Samstag, 15.30 Uhr, live in unserem Ticker) ausgerichtet wurden. Besonders die Akteure aus der Standard-Tiefschlafabteilung, die in der fünften Minute diesen chronischen Schlummeranfall hatten, der zum 0:1 durch Fernando Torres führte.
Auch zwei Tage danach ist die Ohnmacht eines Trainers in diesem ärgerlichen Fall noch zu spüren: „Man kann nur immer wieder darauf hinweisen, immer wieder an die Konzentration jedes Spielers appellieren. Dieses Pflichtbewusstsein muss man ihnen ständig vermitteln“, meinte ein ratloser Jens Keller.
Man könnte aber auch resümieren: Links ins Ohr rein, rechts wieder raus, der Lerneffekt bleibt aus. Aber das sind nicht die einzigen Sorgen, die Schalkes Verantwortliche vor dem Prestigeduell unter Dauer-Beunruhigung halten. Wichtigste Erkenntnis aus dem Tag danach: Das Knie von Kevin-Prince Boateng hat gehalten, ist nicht wieder angeschwollen, und auch sonst verspürte der ghanaische Nationalspieler keinerlei Beschwerden. Aber es muss festgehalten werden: Sein Einsatz als falsche Sturmspitze gegen Chelsea sollte keine Wiederholung gegen Dortmund erfahren. Von einem unnützen Versuch wollte Manager Horst Heldt in der Nachbetrachtung aber nichts wissen: „Wir haben uns im Vorfeld ganz klare Gedanken gemacht im Hinblick auf die beiden Spiele und seinen Einsatz als falsche Neun als wichtig angesehen.“ Zum Ertrag wollte sich der Manager nicht explizit äußern, kommt aber auch zu dem Schluss: „Vielleicht wird er Samstag wieder eine andere Position bekleiden.“
Galleria in Mailand gegen Bahnhofscenter in Gelsenkirchen eingetauscht
Wie sehr Wohl oder Wehe im weiteren Saisonverlauf vom Reizknie ihres Mittelfeld-Anführers abhängig sind, darüber wollen Manager wie Trainer lieber nicht spekulieren. „Keine Ahnung, was in ein, zwei oder sechs Monaten ist“, übt sich Horst Heldt in Gelassenheit.
Dennoch werden im Nachhinein Gedanken laut, die man sich bei seiner überraschenden Verpflichtung insgeheim gemacht hatte: Warum tauscht jemand als gestandener Spieler der Serie A freiwillig die mondäne Galleria Vittorio Emanuele in Mailand gegen das, nun ja, Bahnhofscenter in Gelsenkirchen ein? Um alle in der Bundesliga, wie Boateng behauptet, von seiner geläuterten Entwicklung zu überzeugen? Ist dies nur die eine Seite der Medaille? Oder trauten ihm die feinen Signori beim AC Milan die ständigen Doppel-und Dreifachbelastungen nicht mehr zu, die Lombarden und einstigen Berlusconi-Schützlinge dürsten nach eher mageren Jahren mal wieder nach einem Ausrufezeichen in der europäischen Eliteliga.
Für neue Sporteinlagen gibt es keine blau-weißen Schuhe
Die wahren Gründe mögen im Nebulösen bleiben, fest steht dagegen, dass Kevin-Prince Boateng auch nach seiner zweiwöchigen Spezialbehandlung in München weiter an sich wird arbeiten müssen, um die Schwachstelle seines Körpers konstant in den Griff zu bekommen. „Nur spielen – und wieder weg, das wird nicht funktionieren, die Vor- und Nachbereitung wird für ihn genauso wichtig werden“, mahnt Heldt. Dass es für Boatengs neue Sporteinlagen, die seine Statik nachhaltig verändern sollen, keine blau-weißen Fußballschuhe gibt, sollte dabei noch das kleinste Übel sein.