Gelsenkirchen.. Vor 20 Jahren begann gegen Roda Kerkrade der Siegeszug der Schalker Eurofighter. Olaf Thon erinnert sich auch an Jörg Berger - den Mann, der danach vom Knurrer aus Kerkrade abgelöst wurde.

Olaf Thon lächelt glücklich und zufrieden, als wir ihm heute noch einmal die Bilder von damals zeigen: Wie er am 21. Mai 1997 den 15 Kilo schweren Uefa-Pokal allein mit dem rechten Arm in die Höhe gestemmt hat – „das”, sagt er stolz, „hat danach kein anderer mehr geschafft.” Unglaublich jugendlich sieht der heute 50-Jährige auf diesen Bildern aus – fast 20 Jahre ist es her.

Damals haben die Eurofighter für Schalke Geschichte geschrieben, und für die WAZ erzählt Olaf Thon diese Geschichte in den kommenden Monaten noch einmal nach. In der neuen Serie auf der Schalke-Seite der WAZ erinnern wir an den Siegeszug der Eurofighter, der vor fast genau 20 Jahren seinen Anfang nahm. Am 10. und 24. September 1996 fanden die Spiele gegen Roda Kerkrade statt. Damit ging’s los: „Wir schlugen Roda…”

Der Gegner

Schalke war zum ersten Mal nach 19 Jahren wieder im Europapokal dabei, freute sich auf große Reisen, und dann gab’s in der ersten Runde eine Kaffeefahrt nach Holland. Die Fans wussten nicht, wie der Gegner einzuschätzen war, aber die Mannschaft hatte keine Bedenken. „Wir haben Roda als relativ leichtes Los empfunden”, erzählt Olaf Thon: „Wir wussten natürlich nicht, wie stark wir sind, aber durch den dritten Platz in der Bundesliga hatten wir Euphorie und Selbstsicherheit.” Flanke Scherr, Kopfball Müller: So hatte Schalke im Mai 1996 durch ein 2:1 im letzten Heimspiel gegen Bayern Platz drei in der Bundesliga erreicht.

Das Hinspiel

„Das war ein Selbstläufer” erinnert sich Olaf Thon an das 3:0 im Parkstadion am 10. September 1996 durch die Tore von Marc Wilmots (8.), Youri Mulder (14.) und Ingo Anderbrügge (73.). Prägend war die Grätsche von Youri Mulder, der schon nach wenigen Sekunden einem Gegenspieler resolut in die Parade fuhr und damit seinen Landsleuten zeigte, wer auf Schalke der Herr im Hause war. Schalke war wie aufgedreht – Thon: „Wir haben versucht, internationale Härte zu zeigen. Jörg Berger hat uns in der Kabine kurz vor dem Spiel gesagt: Wir müssen an die Grenze gehen.” Der im Jahr 2010 viel zu früh verstorbene Berger war Schalkes Trainer in der ersten Runde – bei Kerkrade saß ein gewisser Huub Stevens auf der Bank. „Damals wussten wir noch nicht”, sagt Thon, „warum Rudi Assauer so einen Narren an dem gefressen hatte…”

Das Rückspiel

Im deutschen Fernsehen musste am 24. September 1996 das Kinderprogramm ausfallen, weil Schalkes Auftritt im Stadion Op Kaalheide schon für 14 Uhr angesetzt war. Für Olaf Thon begann der Tag noch früher: „Ich war angeschlagen, hatte eine Verletzung an den Adduktoren und habe vormittags im Hotel Aufwärmübungen mit Steigerungsläufen gemacht, um zu sehen, ob ich spielen kann.” Es ging gut – 74 Minuten hielt der Kapitän durch, dann ging er raus, weil nach dem Hinspielsieg und den Auswärts-Toren von David Wagner und Marc Wilmots eh alles gelaufen war. Das 2:2 am Ende war Formsache. Thon grinst noch heute, wenn er daran denkt: „Jörg Berger hat gesagt: ,Olaf, du musst notfalls auch mit dem Kopf unter dem Arm spielen.’ Der Trainer hatte immer noch Angst, obwohl wir das Hinspiel 3:0 gewonnen hatten.”

Die Erinnerung

„Mit unserem Weiterkommen fingen die Prämienverhandlungen an”, erinnert sich Thon, „und Rudi Assauer war clever – wir wussten vorher nie, was es gibt.” Im Mannschaftsrat saßen auch noch Yves Eigenrauch, Jens Lehmann, Ingo Anderbrügge und Andreas Müller, aber Olaf Thon war der Verhandlungsführer. Er musste für die Mannschaft herausholen, was Assauer nicht freiwillig geben wollte. „Ich hatte am Anfang noch keine Ahnung davon, wir waren ja das erste Mal dabei. Nicht, dass er mich über den Tisch zieht…” Doch am Ende ließ sich Assi nicht lumpen.

Der Held der Runde

Für Olaf Thon war Jörg Berger der Schalker Held der ersten Runde, „denn er hat das Ganze eingeleitet”. Dabei hatte es der Trainer nicht einfach. Berger war im dritten Jahr auf Schalke, es gab Abnutzungserscheinungen. „Man hat das gespürt, mit den etablierten Spielern gab es Spannungen”, sagt Olaf Thon. Es ging nicht nur um Spieler wie den nicht immer ganz einfachen Jens Lehmann, auch andere wie Thomas Linke hatten ihre eigene Meinung. „Und bei mir”, erzählt Thon, „musste Jörg Berger die Kröte schlucken, dass ich so eine Art Libero spielen wollte. Hinter mir stand mit Jens Lehmann einer der besten Torhüter der Welt, da habe ich mich sicher gefühlt und konnte als Libero vorne attackieren.”

Berger hingegen war ein Sicherheitsfanatiker. Rudi Assauer blieben die Spannungen nicht verborgen – „es kam der Punkt, an dem Assi gesagt hat: ,Wir brauchen einen Wechsel und neue Reizpunkte.’ Dass er das gespürt hat, zeigt seine Klasse”, sagt Thon.

Deswegen musste Berger gehen, nur eine Woche nach dem Weiterkommen gegen Kerkrade. Und es kam einer, der in der ersten Runde eigentlich schon ausgeschieden war. „Wir schlugen Roda...“