Essen. Die Courage zum Eingeständnis, dass sie von den Argumenten der protestierenden Fans überzeugt worden seien, war wohl zu viel verlangt. Aber mit der fristlosen Kündigung des umstrittenen Vertrages mit der Ticket-Börse Viagogo haben die Schalker Verantwortlichen dennoch zum Vereinsfrieden beigetragen. Ein Kommentar.
Im Fußball ist oft die Rede davon, dass Zuschauer, die geschlossen hinter ihrer Elf stehen, als quasi „zwölfter Mann“ ein Spiel entscheidend beeinflussen können.
Jobst hatte noch vor zwei Wochen den Deal mit Ass und König verteidigt
Diesen „Sieg“ jedoch können sich die Anhänger des FC Schalke 04 ganz allein auf ihre Fahne schreiben: Ausschließlich dank ihrer Beharrlichkeit haben sie – was kaum jemand für möglich gehalten hatte – gegen alle Widerstände der Vereinsführung die fristlose Kündigung des höchst umstrittenen Vertrages mit der Internet-Ticketbörse Viagogo erzwungen.
Noch auf der Jahreshauptversammlung vor knapp zwei Wochen hatte Marketingvorstand Alexander Jobst den auf eine Legalisierung des Schwarzmarktes hinauslaufenden Deal – wie alle anderen Verantwortlichen inklusvie Aufsichtsratschef Clemens Tönnies – mit Ass und König verteidigt. Dass er die abrupte, mit fadenscheinigen Argumenten begründete Kehrtwende jetzt in einen Erfolg für sich umzumünzen versucht – geschenkt. Späte Einsicht ist immer noch besser als gar keine.
Schalke-Fans stemmten sich gegen noch mehr Machtfülle für Magath
Was bleibt, ist vor allem die Erfahrung, dass die Schalker Fans, denen über Jahre immer wieder ein Mangel an Rationalität und ein Übermaß an Emotionalität unterstellt worden ist, zum zweiten Mal innerhalb weniger Jahre mehr Weitsicht als ihr Führungspersonal bewiesen haben. Schon vergessen? Als Felix Magath im Mai 2010 – nach seiner erfolgreichen ersten Saison (Vizemeisterschaft) – per Satzungsänderung auch noch einen Freifahrtschein für unbegrenzte Transferausgaben bekommen wollte, waren es die S04-Mitglieder, die sich erfolgreich gegen noch mehr Machtfülle des Trainers, Managers und Sportvorstandes in einer Person stemmten. Magath hatte seinerzeit die kritischen Mitglieder als widerspenstige „kleine Gruppe“ zu denunzieren versucht.
Wen man so will, hat die „kleine Gruppe“, die sich auch diesmal aus bestimmten Vereinskreisen als renitent und besserwisserisch verunglimpfen lassen musste, also erneut triumphiert. Und, wichtiger noch, mit ihrer Wachsamkeit und ihrem am Ende doch noch belohnten Engagement hoffentlich auch anderen Menschen – über den Fußball hinaus – Mut gemacht, sich nicht einreden zu lassen, ohnmächtig gegenüber „denen da oben“ zu sein.