Gelsenkirchen. . Seit Mitte 2020 hat Schalke 04 wieder eine Frauenfußballabteilung. Die erste komplette Spielzeit endete mit einem Erfolgserlebnis für S04.
20 Spiele, 18 Siege – mit dieser Fabel-Bilanz hat der FC Schalke 04 in der zurückliegenden Saison den Aufstieg geschafft. Die Gegner der Königsblauen hießen dabei allerdings weder Werder Bremen noch Hamburger SV oder FC St. Pauli. Gespielt wurde stattdessen gegen den ASC Leone, SG Castrop-Rauxel oder Eintracht Erle – denn die Rede ist von der Kreisliga A der Frauen.
In der ersten vollständigen Saison seit Neugründung der Frauenfußballabteilung (die Spielzeit 2020/21 wurde coronabedingt abgebrochen) konnte die erste Mannschaft von Schalke 04 direkt den Aufstieg in die Bezirksliga perfekt machen. Erst am letzten Spieltag schob sich „Team Blau“ an der Konkurrenz vorbei an die Tabellenspitze. Die Leidtragenden waren allerdings ebenfalls Schalker: das „Team Weiß“, Schalke 04 II.
Schalke 04 will andere Vereine aus dem Kreis nicht schwächen
Beide Mannschaften von S04 dominierten die Kreisliga Herne/Gelsenkirchen nach Belieben. Zweistellige Siege waren gegen die Konkurrenz in der untersten Spielklasse keine Seltenheit. Ganz bewusst waren die Schalker mit ihren Frauenmannschaften in den Tiefen des Amateurfußballs gestartet. Für die Vereinsführung der Königsblauen kam es nicht infrage, möglicherweise eine Lizenz von einem höherklassigen Klub aus der Region zu übernehmen – wie es etwa 2020 Eintracht Frankfurt durch die Fusion mit dem 1. FFC Frankfurt gemacht hatte.
„Wir wollen ausbilden und in der Region etwas bewirken“, sagt Schalkes Abteilungsleiter Boris Liebing, der gleichzeitig auch als Trainer von „Team Blau“ tätig ist, im Gespräch mit der WAZ. „Schalke 04 ist in Gelsenkirchen ein Leuchtturm – und wir wollen die anderen Vereine mitziehen, auch wieder mehr auf Frauen- und Mädchenfußball zu schauen. Aktuell besteht da noch großer Aufholbedarf.“ Das zeigt schon ein Blick auf die anderen Teams der Stadt. Nach dem Rückzug der SSV Buer und dem Abstieg von Teutonia Schalke sind die S04-Frauen künftig als Bezirksligist die einzige überkreislich spielende Mannschaft der 260.000-Einwohner-Stadt.
Dass die anderen Frauenteams in Gelsenkirchen Probleme haben, liegt allerdings nicht an Schalke 04, wie Abteilungsleiter Liebing betont. „Wir haben keine Spielerinnen aus unserem Kreis aktiv angesprochen, um die anderen Mannschaften aus Gelsenkirchen nicht zu schwächen“, betont er. Die Schalker wollen Teil der Lösung in der Stadt sein, nicht Teil des Problems.
Interesse an Schalkes Frauenteam ist groß - Bewerbung aus Brasilien
Großen Zulauf aus der Nachbarschaft gab es seit der Gründung der Frauenabteilung im Sommer 2020 trotzdem. Auch in der Kreisliga ist Schalke 04 eben Schalke 04. In königsblauen Trikots mit dem S04-Logo zu spielen – womöglich sogar für den Herzensklub – und auf dem Vereinsgelände direkt neben der Arena zu trainieren, ist für viele Fußballerinnen reizvoll. Rund 300 Spielerinnen aus ganz Deutschland hatten sich für Sichtungstrainings auf Schalke beworben. Letztlich haben sich die beiden Teams aus regionalen Spielerinnen zusammengesetzt. Einige davon haben in der Vergangenheit auch schon höherklassig, bis hin zur Regionalliga gespielt, für andere ist Schalke 04 die erste Station im Vereinsfußball.
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„Uns ist es wichtig, dass wir Spielerinnen aus Gelsenkirchen und dem Ruhrgebiet die Chance geben, bei Schalke 04 zu spielen“, sagt Liebing. Bewerbungen aus dem Ausland wurden daher kategorisch ausgeschlossen. „Die entfernteste Anfrage kam aus Brasilien. Auch eine Erstligaspielerin aus Frankreich hat ihr Glück versucht“, erinnert er sich. Das allerdings machte für Schalke keinen Sinn, wie Liebing klarstellt, hauptberuflich für die vereinseigene Stiftung „Schalke hilft!“ tätig ist und sich im Ehrenamt um die Frauenabteilung kümmert. Geld bekommt er für dafür nicht – genau wie alle anderen Spielerinnen und Trainerinnen in der Frauenfußballabteilung von Schalke 04. „Wir machen das alle aus Liebe zu, Frauenfußball. Uns war von Anfang an klar, dass wir keiner Spielerin etwas bezahlen werden.“
Auf Schalke wird im Frauenbereich kein Geld gezahlt
Mit Blick auf diese finanziellen Grundsätze der Schalker ist es wenig verwunderlich, dass es nicht zu den kurzfristigen Zielen des Vereins gehört, die erste Mannschaft so schnell wie möglich in Richtung Bundesliga zu führen. Viel wichtiger ist für Boris Liebing der Ausbau der Jugendabteilung. Ein U17-Team gibt es bereits, eine U21 geht zur kommenden Saison in der Kreisliga an den Start. „In den kommenden Jahren wollen wir noch mehr Juniorinnen-Mannschaft anbieten und jedem Mädchen die Möglichkeit geben, schon im Kindesalter in einer reinen Mädchenmannschaft Fußball zu spielen“, so Liebing.
Unterstützung bekommt die Abteilung dabei auch vom Schalker Vorstand. Peter Knäbel etwa sei einer der ersten gewesen, die bei den Sichtungstrainings mit auf dem Feld standen, erklärt Liebing. „Auch Christina Rühl-Hamers ist eine echte Expertin“, schwärmt er. Die Finanzvorständin der Schalker spielte einst selbst erfolgreich Fußball und schaffte 1995 mit dem Recklinghäuser Verein SG DJK Rot-Weiß Hillen den Aufstieg in die Bundesliga.