Gelsenkirchen. Schalkes neue Mannschaft verpasste es beim 1:3 gegen den HSV, sich für ihren Einsatz zu belohnen. Doch es gab auch Dinge, die Hoffnung machen.

Welche Wucht so eine auch nur halbwegs gefüllte Schalke-Arena entfachen kann, beeindruckte sogar den Gegner. „Es war eine unfassbare Stimmung“, schwärmte Hamburgs Trainer Tim Walter: „Meine Mannschaft war am Anfang überrascht, dass es so laut war.“ Die Delegation des Hamburger SV konnte dieses Unterschätzen der Atmosphäre locker eingestehen, sie hatte das hoch emotionale Auftaktspiel der Zweiten Fußball-Bundesliga auf Schalke mit 3:1 gewonnen. Für die Schalker war die Gemengelage schwieriger. Auf der einen Seite stand die Niederlage. Auf der anderen Seite aber auch ein Neuanfang, der Spaß machte und sogar Hoffnungen weckte – trotz der „riesigen Enttäuschung“, von der Stürmer Marius Bülter sprach.

Schalke fehlte der Lohn: Für Fans und Spieler

Der von Union Berlin geholte Angreifer stand noch ganz unter dem Eindruck der einmaligen Atmosphäre, für die 19.770 Zuschauer in der Veltins-Arena gesorgt hatten. Man durfte ja durchaus gespannt sein, wie die Anhänger bei ihrem Comeback nach mehr als 16 Monaten erzwungener Abstinenz reagieren würden. Doch wer mit nachträglichen Unmutsäußerungen auf den Abstieg in der vergangenen Saison gerechnet hatte, der kennt Schalke schlecht. Die Fans standen wie ein Mann hinter der neuen Mannschaft und honorierten deren erkennbaren Einsatz: Auch nach der Niederlage erfüllten noch „Schalke-Schalke“-Rufe die Arena. „Ein geiles Gefühl“ durchfuhr dabei Marius Bülter. Der 28-Jährige sprach mit Bedauern: „Es ist schade, dass wir die Fans nicht belohnen konnten.“

Latzas Verletzung zeigt: Schalke ist dünn besetzt

Aber auch der Mannschaft fehlte der Lohn für das, was sie investiert hatte. Schalke legte los wie die Feuerwehr und ging bereits nach acht Minuten durch Simon Terodde mit 1:0 in Führung: Einen besseren Start in die Saison hätte man sich nicht wünschen können. Doch dieses Tempo konnten die Spieler nicht halten – vielleicht auch, weil mit Danny Latza der Kapitän und Taktgeber bereits nach einer Viertelstunde angeschlagen war und nach 31 Minuten ausgetauscht werden musste. Latza hat sich eine Knieverletzung zugezogen: Wie schwer diese ist, muss noch diagnostiziert werden. Ein längerer Ausfall von Latza würde Schalke hart treffen, denn auf seiner Position ist Schalkes Kader noch zu dünn besetzt.

Gegen Hamburg wurde für ihn Jung-Profi Blendi Idrizi (23) eingewechselt. Später kam im offensiven Mittelfeld mit Bleron Krasniqi (19) sogar noch ein Spieler aus der U23 zu seinem Bundesliga-Debüt, weil der Russe Yaroslav Mikhailov (18) in seiner Heimat noch Passangelegenheiten erledigen musste und nicht zur Verfügung stand. Im Mittelfeld hat Schalke ganz sicher noch Handlungsbedarf – das ließ auch Dimitrios Grammozis durchblicken.

Ein Vorwurf war die Chancenverwertung

Schalkes Trainer machte seiner Mannschaft nur wenig Vorwürfe, einer war die Chancenverwertung: „Wir hatten die Möglichkeit, um mit ganz klaren Chancen selbst drei, vier Tore zu schießen.“ Marius Bülter vergab das mögliche 2:0 (36.), Thomas Ouwejan verpasste das 2:1 (55.), nachdem die Hamburger durch Robert Glatzel zum 1:1-Ausgleich gekommen waren (53.). Und später scheiterten auch Simon Terodde und Marcin Kaminski am Pfosten beziehungsweise am überragenden Hamburger Torhüter Daniel Heuer Fernandes.

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Der HSV war cleverer und effektiver, obgleich Glatzel in der ersten Halbzeit noch mit einem Elfmeter an Schalkes gutem Torwart Michael Langer gescheitert war. „Der Unterschied war, dass der Gegner zur richtigen Zeit die Tore geschossen hat und wir leider nicht“ sagte Grammozis nach den entscheidenden Hamburger Treffern durch Moritz Heyer (86.) und Bakary Jatta (90.). Bei dem offenen Schlagabtausch wäre ein Unentschieden leistungsgerecht gewesen.

„Das Wichtigste ist, dass wir uns nicht aus der Ruhe bringen lassen“

Die Niederlage zeigte, wie schwer der Weg wird, den Schalke zu gehen hat. Die Art und Weise, wie die Mannschaft aufgetreten war, machte aber auch Hoffnung, dass der Weg am Ende zum Erfolg führen kann. „Wir haben Sachen gesehen, die uns gefallen haben und manche, die wir verbessern müssen“, sagte Grammozis: Vor allem im Ballbesitz ist noch viel Luft nach oben, der HSV hatte deutlich mehr Anteile. Dominick Drexler wies bereits darauf hin, dass man in der Zweiten Liga „einen langen Atem“ braucht, um am Ende oben zu stehen: Er hat das mit dem 1. FC Köln schon so erlebt. Und mit Blendi Idrizi sprach einer von den jüngeren Spielern das aus, was nach der Startniederlage tatsächlich elementar ist: „Das Wichtigste ist, dass wir uns nicht aus der Ruhe bringen lassen.“ Am nächsten Sonntag geht’s zu Holstein Kiel, das im Mai beinahe in die Bundesliga aufgestiegen wäre.