Essen. Liga-Geschäftsführer Tripcke will das olympische Silber vergolden. Mehr Sponsoren, mehr Talente heißen die Ziele. Freitag startet die Finalserie.

Auch Sportfunktionäre wie Gernot Tripcke, der Geschäftsführer der Deutschen Eishockey Liga (DEL), sind vor Streiks im öffentlichen Dienst nicht gefeit. Weil sein Flug von Köln nach München gestrichen worden war, musste der 50-jährige gelernte Sportrechtsanwalt aus Neuss, der seit 1997 als Ligenleiter und Geschäftsführer die DEL-Geschicke lenkt, auf die Bahn ausweichen. Da fand sich genügend Zeit, um vor der Finalserie zwischen dem EHC Red Bull München und den Eisbären Berlin ab Freitag (19.30 Uhr/Sport1) über die Lage der Liga zu sprechen.

Herr Tripcke, wie kann die Deutsche Eishockey Liga die Silbermedaille bei den Olympischen Spielen vergolden?

Gernot Tripcke: In dem wir erstens die seit langem höchste Aufmerksamkeit für Eishockey in Deutschland bei Sponsorengesprächen ausnutzen und uns zweitens hilfreich beim Nachwuchs einbringen. Das sind zwei wichtige Säulen, um das Profi-Eishockey in Deutschland zu festigen, zu stabilisieren. Es gibt spürbar mehr interessierte Kinder, die an unserem Powerplay-Programm Interesse zeigen. Das muss die Basis sein, um immer wieder neue Talente zu finden und zu fördern. Eine Silbermedaille wie in Pyeongchang hilft uns da sehr.

Das Programm ist ja bis 2026 erst einmal angelegt.

Gernot Tripcke: Dann wollen wir uns in den Top 8 der Welt etabliert haben. Deutschland wird nicht ständig im Olympia-Finale stehen und bei einer WM plötzlich ins Endspiel kommen, so realistisch muss man sein, dafür ist die Konkurrenz wie Russland, Kanada, Schweden, Tschechien, Finnland oder auch die USA mit NHL-Spielern einfach zu stak. Aber das Interesse, gerade beim Nachwuchs, ist durch Olympia spürbar neu entfacht.

Mit Christian Ehrhoff hat einer der bekanntesten DEL-Spieler seinen Rücktritt erklärt. Betrüblich für die Liga, dass wieder ein bundesweit bekannter Typ wie im Vorjahr der Düsseldorfer Daniel Kreutzer geht?

Gernot Tripcke: Natürlich, aber Christian konnte nach dem Gewinn der Silbermedaille keinen besseren Moment erwischen, weil ein Meistertitel in der DEL für ihn mit viel zu vielen Unwägbarkeiten verbunden gewesen wäre. Mit Krefeld hat er es einmal geschafft, nun hat er Olympisches Silber und stand mit Vancouver im NHL-Finale. Mehr geht kaum im Eishockey, wenn man 35 Jahre alt ist.

Wer tritt in seine Fußstapfen?

Gernot Tripcke: Da gibt es einige Jungs, die das Zeug dazu haben. Leo Pföderl beispielsweise, Dominik Kahun oder Jonas Müller. Die Olympia-Jungs haben uns begeistert, da mache ich mir keine großen Sorgen. Und Leon Draisaitl haben wir ja auch noch.

Mit einem 68-Millionen-Dollar-Vertrag bei den Edmonton Oilers ist er der Vorzeigespieler – und dabei vielleicht auch auf dem Weg, der Dirk Nowitzki des Eishockeys zu werden?

Gernot Tripcke: Das ist ein gewagter Vergleich, schließlich zählen im Basketball mehr die Einzelspieler als im Eishockey. Und Dirk hat ja in der NBA seinen Titel geholt. Vom Können her ist Leon allerdings ähnlich spektakulär. Er ist ein Typ, der dem deutschen Eishockey gut zu Gesicht steht.

Und der mit Edmonton ja in Köln im Oktober ein Testspiel bestreitet.

Gernot Tripcke: Es ist eine zusätzliche Wertschätzung auch für die DEL, dass die NHL wieder in Deutschland aktiv wird. Die NHL ist immer noch die beste Eishockeyliga der Welt.

Wo steht die DEL im internationalen Vergleich?

Gernot Tripcke: Mit der NHL und auch der russischen KHL, wo einige Klubs mit mehr als 50 Millionen Euro in der Saison planen, können wir uns nicht messen. Die Schweiz und Schweden können sich besser vermarkten, weil Eishockey dort mindestens einen gleichwertigen, wenn nicht sogar höheren Stellenwert im Vergleich mit Fußball hat. Dann aber kommt die DEL. Wir haben eine spannende, ausgeglichene Liga, mit der Schweiz und Russland die meisten Zuschauer (6000 im Schnitt, d. Red.) und sind medial auch gut aufgestellt.

Hat sich der Olympia-Erfolg auch medial positiv ausgewirkt?

Gernot Tripcke: Auf jeden Fall. Bei Sport1 hatten wir in der Spitze immerhin 600 000 Zuschauer bei bestimmten DEL-Spielen. Das Interesse an der Liga und am deutschen Eishockey ist da, unser Produkt mit der 14er-Liga plus Playoffs stimmt.

Die Abstiegsfrage ist auf die Saison 2019/20 verschoben. Betrübt Sie das?

Gernot Tripcke: Ich bin da völlig emotionslos. In erster Linie muss die DEL die Sicherheit haben, dass ein Aufsteiger nicht aus finanziellen Gründen während der Saison die Segel streicht. Deshalb haben wir im Vertrag mit der 2. Liga festgelegt, dass mindestens sechs Vereine eine Bürgschaft über 800 000 Euro sowie ein DEL-taugliches Stadion nachweisen müssen, damit es einen Aufsteiger in die DEL und einen Absteiger in die DEL2 gibt. Im Fußball kaschiert das Fernsehgeld vieles. In der ersten und zweiten Bundesliga sind Vereine deshalb trotz hoher Schuldenstände spielfähig. Das sieht in der Dritten Liga oder auch in der Regionalliga aber schon ganz anders aus. Da melden sich auch insolvente Klubs ab. Bei uns hängt vieles auch von einzelnen Geldgebern ab, da sind Sicherheiten für die Liga umso wichtiger.

Mit Frankfurt würde ein ehemaliger DEL-Club gern in die Liga zurückkehren. Wären Sie bereit, die Liga auf 15 Teams aufzustocken?

Gernot Tripcke: Die Lösung mit 16 Mannschaften vor einigen Jahren ist ja schon einmal schiefgegangen. Es gab zu viele Spiele. Und die Ligen zu teilen, um weniger Spiele zu kreieren, ist den Fans nur schwer vermittelbar. 14 Teams sind aus meiner Sicht die Idealbesetzung.

Im Januar 2019 gibt es wieder ein Winter Game in der DEL: Haie gegen Düsseldorfer EG in Köln.

Gernot Tripcke: Darauf freue ich mich schon. Es ist allerdings gut, dass wir hier nicht überziehen und einen Zwei-Jahres-Rhythmus in den ungeraden Jahren haben. So halten wir die Aufmerksamkeit für das Winter Game hoch, haben keine Olympia-Konkurrenz und besitzen eine Chance, dass solch ein Spiel auch in Skandinavien oder Nordamerika gezeigt wird. Was wiederum die Liga aufwertet.

Wer wird Meister in diesem Jahr: Titelverteidiger München, der über weiter Strecken der Saison dominiert hat, oder Herausforderer Berlin?

Gernot Tripcke: Ich sehe die Finalserie offen. Ich hoffe, sie dauert lange...