Mönchengladbach. Borussia Mönchengladbach trägt das Heimspiel gegen ManCity wegen der Einreise-Regeln in Budapest aus. Fan-Vertreter finden dazu klare Worte.

Borussia Mönchengladbach spielt in der Champions League gegen Manchester City - in Budapest. Eine Ansetzung, die in gewöhnlichen Zeiten eigentlich nur im Endspiel möglich ist. Aber was ist derzeit denn normal?

Ziemlich wenig, und deshalb wird die Borussia ihr Achtelfinal-Heimspiel gegen die englische Star-Auswahl von Pep Guardiola in Ungarn austragen, damit der Manchester-Tross nicht in Deutschland in Quarantäne muss. Die wäre nötig, um die Verbreitung der Virus-Mutation zu verhindern.

Die Klubs verstoßen zwar so nicht gegen die Regeln zur Pandemie-Bekämpfung - sie umgehen sie einfach. Doch: Auch in Budapest hätten Gladbachs Profis und Betreuer Kontakt zur City-Delegation und könnten theoretisch die Virus-Mutation nach Deutschland bringen.

"Der Ball muss rollen, auf Biegen und Brechen"

Die Spielverlegung kommt nicht überall gut an, zeigt sie wieder, dass der Profifußball alles in Bewegung setzt, um den Spielbetrieb nicht zu gefährden. Vielen Fans, vom Ultra bis hin zum gewöhnlichen Fan, ist das in den vergangenen knapp zwölf Monaten Pandemie sauer aufgestoßen. Der Fußball habe es verpasst, sich neu aufzustellen und im Dialog mit Fans Reformen anzustoßen, sagt Dirk Kramer. Er ist Sprecher des Gladbacher Supporters Club, der Dachorganisation für alle Fans der Borussia.

 Doch: „Nichts dergleichen ist geschehen. Die Verbände versuchen stattdessen alles, um die bestehenden Strukturen beizubehalten: Der Ball muss Rollen, auf Biegen und Brechen“, sagt Kramer im Gespräch mit dieser Redaktion. Der Profifußball nehme sich im Vergleich zu anderen Branchen „schon etwas heraus“.

Verlegung des Spielorts als notwendiges Übel

Und deshalb kamen die Planungen der Europäischen Fußball-Union (Uefa) im Gladbacher Fan-Umfeld überhaupt nicht gut an, wohlwissend, dass die Borussia in einem Dilemma steckt. „Die Vereine stehen mit dem Rücken zur Wand: Spielen sie nicht mit, gehen sie unter, die wirtschaftlich schwächsten zuerst“, sagt Fan-Vertreter Kramer. „Von daher ist es verständlich, wenn auch Borussia bemüht ist, unter den Gegebenheiten bestmöglich durch die Pandemie zu kommen und die Teilnahme an der lukrativen Champions League mit allen Mitteln zu ermöglichen. In dem Zusammenhang ist die Spielortverlegung das notwendige Übel für Borussia, wenn sie nicht Gefahr laufen will, dass das Spiel bei einem Ausfall mit 0:3 gewertet wird.“

Kramers Kritik gilt daher vor allem der Uefa: „Die Uefa ist Ausrichter der Champions League und wälzt alle organisatorischen Widrigkeiten an die Vereine ab, die sich aus den unterschiedlichen nationalen Bestimmungen zur Pandemiebekämpfung ergeben. Das ist ein Witz!“

Fans könnten dem Fußball die kalte Schulter zeigen

Kramer sorgt sich um das Verhältnis zwischen Anhängern und den Vertretern von Klubs und Verbänden. Die Verlegung zeige, dass „der Fußball auf das nackte Geschäft reduziert“ werde. „Immer klarer wird, dass all das, was Fußball darüber hinaus erst für Fans ausmacht, dabei verloren geht.

Auch interessant

"Die nationalen und internationalen Wettbewerbe", so Kramer, "leben beispielsweise vom regionalen Bezug des jeweiligen Lieblingsvereins und der Tradition von Heim- und Auswärtsspielen. Vor allem eingefleischte Alles- und Vielfahrer freuen sich auf die individuellen Begebenheiten an der Spielstätte des Gegners. Durch die Verlegung an einen neutralen Ort wird auch das beliebig, austauschbar“, sagt der Fan-Vertreter. „Tatsächlich besteht die Gefahr, dass sich einige Fans abwenden und nicht mehr in die Stadien zurückkehren, wenn es wieder möglich sein wird.“

Kritik an Gastgeber Ungarn und die Uefa

Dabei kommt auch die Wahl auf Budapest nicht überraschend. Im September des vergangenen Jahres fand dort bereits der Europäische Supercup statt - vor Fans. „Ein Prestigegewinn“ für Ungarn sei der erneute Zuschlag für Budapest bei einer Uefa-Veranstaltung. „Sowohl für eine Regierung, die Rechtsstaatlichkeit mit Füßen tritt und für die ausgerechnet der Gesundheitsschutz einen geringeren Stellenwert genießt als in Deutschland, als auch für den Teil des ungarischen Sports, in dem Vetternwirtschaft gerade besondere Blüten treibt“, sagt Kramer. 

Der Supporters Club ist nicht nur wegen dieser Entscheidung mit Borussia im Austausch. Man pflegt ein enges Verhältnis. Bei der im vergangenen Jahr diskutierten Frage, wann wieder Zuschauer ins Stadion dürfen, arbeitete man gut zusammen. Gladbachs Verantwortliche kennen daher die Position der Fan-Vertreter in grundsätzlichen Sachen ohnehin. Kramer: „Wir verstehen Borussias Bemühen um die Austragung der Partie, den expliziten Dank an die Uefa, die Borussia zur Spielortverlegung nötigt, indes nicht.“

Rückspiel auch an einem neutralen Ort?

Dann bliebe noch die Frage, wie man mit dem Rückspiel umgehen soll. „Im Sinne der Chancengleichheit könnte man das Rückspiel ebenfalls an einem neutralen Ort mit niedriger Inzidenz austragen“, sagt Fan-Vertreter Kramer. „Oder man macht am besten gleich aus Hin- und Rückspiel ein einziges Entscheidungsspiel. Aber nein, dann gingen ja die Hälfte der TV-Gelder verloren…“