Mönchengladbach. Nach 16 Jahren kehrt die Gladbacher Borussia auf die internationale Bühne zurück. Doch auch in der Bundesliga will das Team von Trainer Lucien Favre die starken Leistungen der vergangenen Saison bestätigen. Wo stehen die Fohlen drei Wochen vor dem Saisonstart? Eine Bestandsaufnahme.

Borussia Mönchengladbach steht vor einer großen Herausforderung. Nach 16 Jahren dürfen sich die Fohlen wieder auf internationalem Parkett präsentieren, aber auch in der Bundesliga will die Mannschaft von Trainer Lucien Favre die starken Leistungen der vergangenen Saison bestätigen. Dafür legten die Fohlen eine Woche lang die Grundlagen am bayrischen Tegernsee. Drei Wochen vor dem ersten Pflichtspiel Mitte August in der ersten DFB-Pokalrunde bei Alemannia Aachen (18.08.2012, 15:30 Uhr/Live im DerWesten-Ticker), ist es Zeit, ein Fazit der Saisonvorbereitung zu ziehen. Eine Bestandsaufnahme der Gladbacher Borussia.

Das Trainingslager

Am Tegernsee, dort, wo andere Menschen Urlaub machen, bat Trainer Favre seine Mannschaft meist zweimal täglich auf den Trainingsplatz des FC Rottach-Egern. Es wurde viel geschwitzt und sowohl konditionell als auch taktisch die Grundlagen für die Saison gelegt. „Wir haben intensiv gearbeitet und ich bin zufrieden“, sagte der Schweizer zum Abschluss der Trainingswoche in Bayern. Der Feinschliff in allen Bereichen erfolgt auf dem heimischen Fußballplatz am Niederrhein. 

Der Trainer

Lucien Favre ist ein akribischer Arbeiter, er überlässt nichts dem Zufall und pflegt die Details“, lobte Favres ehemaliger Chef beim FC Zürich, Fredy Bickel, gegenüber einer Schweizer Tageszeitung und ergänzte, Favre fordere stets die schnelle Balleroberung. „Der Ballbesitz war ihm eminent wichtig. Die Spieler mussten deshalb stets den kurzen und sicheren Pass spielen.“ Und auch aus dem eigenen Stall spricht man in höchsten Tönen vom Fußballlehrer. „Ich spiele schon seit einigen Jahren Fußball. Aber so etwas habe ich noch bei keinem anderen Trainer erlebt“, sagte Abwehrspieler Martin Stranzl über seinen Coach. Umso wichtiger war es, dass Lucien Favre vor Beginn der Saisonvorbereitung ein Zeichen setzte und seinen Kontrakt bei Borussia Mönchengladbach bis 2015 verlängerte. Der Schweizer, der nationale wie internationale Begehrlichkeiten geweckt hatte, freute sich „über die Vertragsverlängerung und die vor uns liegenden reizvollen Aufgaben“, so der 54-Jährige, der allerdings auch immer wieder betont, dass Gladbach sich nicht verstärkt habe, sondern nur versucht habe, die Abgänge zu kompensieren. „Diese Qualität zu ersetzen, ist nicht sehr einfach", erklärte der Erfolgscoach, der die Borussia von einem Abstiegsplatz in die Königsklasse geführt hat. In der vergangenen Saison sei man mit 14 bis 15 Stammspielern „sehr eingespielt“ gewesen und „das war unsere Stärke.“ Der Trainer muss nun aus seinem neuen Kader eine ähnlich homogene Truppe machen, die der Doppel- und Dreifachbelastung mit Bundesliga, Europa- und DFB-Pokal standhält.

Tor

„Nur noch nach vorne gucken“ will Gladbachs Torhüter Marc-André ter Stegen. Der Schlussmann der Borussia ist im Verein die unangefochtene Nummer eins, hatte allerdings ein bisschen am missglückten Länderspiel-Debüt gegen die Schweiz und der Nicht-Nominierung für die Europameisterschaft zu knabbern. Aber der 20-Jährige blickt auf „eine vernünftige Saison“ zurück und will sich über die Leistungen in Gladbach, wo er Führungsspieler und Identifikationsfigur ist, wieder für die Nationalmannschaft empfehlen. Die internationalen Spiele seien für ihn extrem wichtig. Dort gehe alles noch schneller als in der Bundesliga. „Je höher das Niveau, desto besser“, ist der Anspruch des Keepers. Christofer Heimeroth und Jannis Blaswich sind die Schnapper hinter der Nummer eins.

Gladbach wartete sehnsüchtig auf Alvaro Dominguez

Abwehr

Die Innenverteidigung ist im Abwehrbereich die größte Baustelle von Borussia Mönchengladbach. Dante, Gladbachs Führungspersönlichkeit in der Defensive, wechselte vor der Saison zum deutschen Rekordmeister Bayern München. Ihn ersetzen soll der Acht-Millionen-Euro-Neuzugang Alvaro Dominguez aus Spanien. Er soll „die neue Identifikationsfigur der Fohlen“ werden (Borussias Sportdirektor Max Eberl). Der Nationalspieler weilt allerdings noch mit seinem Land bei den Olympischen Spielen in London – auch wenn die Spanier bereits überraschend in der Vorrunde ausgeschieden sind. Trotzdem konnte Dominguez bislang nur ein paar Einheiten bei seinem neuen Verein absolvieren. Zu wenig, um sich einzuspielen, findet auch Innenverteidiger Roel Brouwers: „Das ist schade, denn wir hätten die Zeit gut gebrauchen können, um uns mehr aneinander zu gewöhnen und uns abzustimmen.“ Der Niederländer laboriert allerdings auch an einer Adduktorenverletzung und fällt ebenfalls eine Woche aus. Bleiben Martin Stranzl und die Aushilfsinnenverteidiger Håvard Nordtveit und Tony Jantschke, die ihr Spiel eigentlich eher auf der Sechs (Nordtveit) oder auf der Außenposition (Jantschke) sehen. Innenverteidiger-Nachwuchs Niklas Dams kam in Testspielen auch zum Einsatz, ist allerdings nur der absolute Notnagel.

Das Außenverteidigerpärchen ist eigentlich gesetzt – auf links ist Borussia Kapitän Filip Daems nicht wegzudenken, auf der anderen Seite klopfte Tony Jantschke durch konstante Leistung an der Tür der deutschen Nationalmannschaft. Während Oscar Wendt auf links noch ein guter Ersatzmann für Daems ist, fehlt ein adäquater Ersatzmann auf der rechten Abwehrseite. Talent Matthias Zimmermann ist U20-Nationalspieler und wird in dieser Saison reinschnuppern und Erfahrungen sammeln dürfen.

Das Mittelfeld ist Gladbachs Prunkstück

Mittelfeld

Im defensiven Mittelfeld liegen alle Augen auf Neuzugang Granit Xhaka. Der Acht-Millionen-Euro-Mann vom FC Basel soll Dreh- und Angelpunkt in Gladbachs Umschaltspiel werden. Der erst 19-Jährige Schweizer überzeugte in den Testspielen durch schnelles Kurzpassspiel und gute Übersicht, wird sich allerdings erst noch an das Tempo der Bundesliga gewöhnen müssen. Der Norweger Nordtveit und Newcomer Tolga Cigerci kämpfen um die Position neben Xhaka. Vor allem der Youngster Cigerci hinterließ immer wieder einen guten Eindruck und holte sich ein ums andere Mal Sonderlob von seinem Trainer ab. Nordtveit, wenn er nicht in der Innenverteidigung gebraucht wird, hat noch den Bonus aus der vergangenen Saison. Ersatzmann für die Sechs ist Routinier Thorben Marx.

An Juan Arango führt auf der Halbposition kein Weg vorbei. Der Venezuelaner begeistert bislang in der Vorbereitung durch gewohnt überragende Technik und tolle Pässe, die auch Neuzugang Xhaka zum Schwärmen bringen. Gegen den VfL Bochum trug sich „Aran-gol“ sogar dreimal in die Torschützenliste ein. Auf dem Papier dürfte auch kein Weg an Patrick Herrmann vorbeiführen. Ihm traute man schon in der vergangenen Saison die Rolle von Marco Reus zu, wenn der Nationalspieler verletzt ausfiel. Herrmann allerdings arbeitet sich nach einem Muskelfaserriss im Oberschenkel erst noch zurück und muss noch konditionell noch einiges nachholen. Ebenfalls verletzt war der Finne Alexander Ring, der offensiv auch auf den Durchbruch wartet. Der könnte dem Youngster Amin Younes gelingen. Favre hält große Stücke auf den kleinen Dribbelkünstler, der zu einer Überraschung im Kader der Borussia werden könnte. Lukas Rupp, Julian Korb und Alexander Bieler durften sich alle auch in Testspielen zeigen und hinterließen ordentliche Eindrücke. Offensiv hat der Schweizer Coach eine große Auswahl, qualitativ guter Spieler. Olympiafahrer Yuki Otsu könnte sich nach den Spielen noch einem anderen Verein anschließen.

Gladbachs Hrgota an der Seite von de Jong?

Angriff

Wenn man von einem Gewinner vom Trainingslager und der Vorbereitung bislang sprechen kann, muss man das schwedische Talent Branimir Hrgota nennen. Der Angreifer machte von allen Offensivkräften den frischesten Eindruck, war immer ein Aktivposten in den Testspielen und in den Einheiten unheimlich motiviert. Vielleicht wird der Schwede zum kongenialen Partner von Luuk de Jong, für 15 Millionen Euro der teuerste Transfer der Gladbacher Vereinsgeschichte. Der Niederländer dürfte gesetzt sein, auch wenn er sich im Trainingslager noch mühte, das für ihn neue System zu verinnerlichen.

Gladbach am Tegernsee

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. © imago sportfotodienst | imago sportfotodienst
Am Tegernsee bereitet sich Borussia Mönchengladbach auf die Saison 2012/2013 vor.
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Am Tegernsee bereitet sich Borussia Mönchengladbach auf die Saison 2012/2013 vor.
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Aber auch Borussias Stürmer Igor de Camargo machte zuletzt deutlich auf sich aufmerksam um könnte neben de Jong auflaufen. Der Brasilianer mit belgischem Pass erzielte gegen den TSV 1860 München zwei Treffer, die auch für sein Selbstvertrauen wichtig waren. Der ehemalige deutsche Nationalstürmer Mike Hanke will seinen Stammplatz aus der vergangenen Saison allerdings auch nicht kampflos abgeben und fürchtet keine Konkurrenz, die ihm unter anderem auch Neuzugang Peniel Mlapa machen könnte. Doch der baumlange U21-Nationalspieler verletzte sich im Test gegen den VfL Bochum und muss sich nach ordentlichem Trainingslager erst wieder in den Kader kämpfen.

Gladbachs Startelf zeichnet sich langsam ab

Testspiele

Betrachtet man die Ergebnisse von Borussia Mönchengladbach in den Testspielen, kann man auf dem Papier ein positives Fazit ziehen. Vier Siege, ein Unentschieden und keine Niederlage – und das bei Gegnern, die man sicherlich nicht als Fallobst bezeichnen kann. Allerdings hat Trainer Lucien Favre in allen Testspielen viel ausprobiert und experimentiert. Ob Nordtveit und Jantschke in der Innenverteidigung oder Xhaka auf der Zehn, der Schweizer will sich immer noch einen Überblick verschaffen, über die Flexibilität seines Kaders.

  • SSVg Velbert – Borussia Mönchengladbach 0:6
  • Preußen Münster - Borussia Mönchengladbach  0:3
  • Birmingham City - Borussia Mönchengladbach 2:2
  • Borussia Mönchengladbach - 1860 München 4:2
  • VfL Bochum - Borussia Mönchengladbach 1:4
  • Testspiel gegen den FC Sevilla (4.8.)
  • Testspiel bei Norwich City (11.08.)

Fazit

Vor der Auslosung der Champions-League-Playoffs (10.08.2012 12:00 Uhr/l ive im DerWesten-Ticker) kristallisiert sich eine Tendenz in Gladbachs Kader heraus. Trainer Favre sammelte Eindrücke, wie er die Spieler in seinem lauffreudigen System ideal einsetzen kann und legt dabei noch wert auf klares, schnelles Passspiel. Die Variationsmöglichkeiten in der Fohlen-Elf sind enorm. Es sind noch knapp drei Wochen und zwei Testspiele bis zum ersten Pflichtspiel – in Norwich und auch beim DFB-Pokalspiel in Aachen wird sich zeigen, welchen Spielern der Schweizer sein Vertrauen schenkt.

Die DerWesten-Aufstellung:

Ter Stegen – Jantschke, Stranzl, Dominguez, Daems – Hgrota, Nordtveit, Xhaka, Arango – de Camargo, de Jong