Dortmund. Borussia Dortmund trauert um Wolfgang „Teddy“ de Beer. Der Torwart wurde zum Publikumsliebling und begeisterte auch den Autor. Ein Nachruf.
Wolfgang de Beer legte den Kopf leicht schief und kniff die Augen zusammen, wie man es schon sehr oft von ihm gesehen hatte. „Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich dir darauf eine Antwort gebe“, brummte er dann in gespielter Entrüstung, aber mit einem Lächeln auf den Lippen. Nein, der damalige Torwarttrainer von Borussia Dortmund, den alle nur „Teddy“ riefen, wollte im Smalltalk mit einem Journalisten natürlich nicht verraten, welchen seiner Torhüter er aktuell als formstärker einstufe. „Sind natürlich beide gut“, brummelte er hinterher, drehte sich um und stapfte mit seinen unverwechselbaren O-Beinen über den Trainingsplatz in Brackel davon.
Freundlich und loyal
Ein typischer Teddy de Beer: freundlich im Ton, klar in der Sache. Vor allem aber: stets loyal gegenüber den Menschen, mit denen er zusammenarbeitete, und natürlich gegenüber seinem Klub, dem BVB, dem er in guten und schlechten Zeiten die Treue hielt, für den er gut 37 Jahre als Spieler, Torwarttrainer und bis zuletzt in der Fanbetreuung aktiv war. Nun ist de Beer am 30. Dezember plötzlich und unerwartet im Alter von 60 Jahren gestorben.
„Teddy“ war einer der Guten“, würdigte ihn der BVB. „Auf dem Platz, aber vor allem auch abseits des grünen Rasens. Ein Mann zum Anfassen. Zutiefst geerdet. Mit seinem Puls, seinem Herzen und seiner vollen Aufmerksamkeit immer ganz nah an den Menschen, ein guter, positiver Zuhörer. Jemand, den man immer um sich haben wollte.“
Und einer, der viele der großen Erfolge von Borussia Dortmund miterlebte, der als erster oder zweiter Torhüter sowie später als Torwarttrainer neun Titel mit dem BVB feiern konnte – von insgesamt 16, die der Klub bislang gewann.
Begonnen hatte die Karriere des gebürtigen Dinslakeners beim MSV Duisburg, der ihn 1978 vom TV Jahn Hiesfeld in seine B-Jugend holte. Loyal sollte de Beer auch in diesem Fall bleiben: Bis zum Schluss war er Vorsitzender des Fördervereins des TV und unterstützte die Fußball-Junioren- und Senioren-Abteilung nach Kräften. Der Wechsel nach Duisburg aber sollte sich bezahlt machen, noch als A-Jugendlicher gab de Beer 1982 sein Profidebüt für die Zebras. Der ganz große sportliche Erfolg aber blieb aus und so wechselte der Torhüter im Sommer 1986 für eine Ablösesumme von 70.000 Mark zum Bundesligisten Borussia Dortmund.
Und traf dort auf Nobby Dickel, der damals vom 1. FC Köln kam, der zunächst de Beers Mitspieler, dann langjähriger Wegbegleiter und Freund werden sollte – und sich nun im Gespräch mit dieser Redaktion tief betroffen zeigte. „Ich bin unfassbar traurig“, sagte Dickel. „Teddy war ein Mensch, den man einfach gernhaben musste, wegen seiner unfassbar positiven Einstellung und seines Witzes, er war einfach immer gut drauf.“
De Beer blieb aus Dankbarkeit beim BVB
Auch und gerade dann, wenn es sportlich nicht so lief wie gewünscht. Als Nummer zwei gekommen, erkämpfte sich de Beer zwar schnell einen Stammplatz, stand beim DFB-Pokalsieg 1989 zwischen den Pfosten und wurde wegen seiner starken Leistungen, mehr noch aber wegen seiner nahbaren, sympathischen Art zum Publikumsliebling. In den Folgejahren aber verdränge ihn der Juniorennationalspieler Stefan Klos aus dem Tor. De Beer hätte anderswo die Nummer eins werden können, Angebote gab es immer wieder. Doch er blieb aus Dankbarkeit dem BVB gegenüber – der ihn nicht fallengelassen, sondern sogar den Vertrag verlängert hatte, als der Torhüter wegen eines Schien- und Wadenbeinbruchs neun Monate lang ausfiel.
Das sollte de Beer nie vergessen, auch nicht, als er nach einer schweren Knieverletzung 2001 endgültig die Karriere beendete – aber den Klub nicht verließ. Er wurde Torwarttrainer, leitete unter anderem Jens Lehmann und Roman Weidenfeller, der 2014 sogar Teil des Weltmeisterkaders war, an.
Dass de Beer 2018 diesen Posten räumen musste, traf ihn hart. Anders als seinerzeit verkündet, war es kein freiwilliger Rückzug, die Klubbosse wollten einen jüngeren Trainer mit modernerer Methodik. De Beer nahm es ohne öffentliches Klagen hin und fügte sich in die neue Rolle als Teil der Fanbetreuung: Er besuchte Fanklubs, gab Autogrammstunden und war einfach Teddy – immer nahbar, immer bodenständig. Im November würdigte ihn der BVB mit einem Graffiti am Stadion, wo die großen Legenden des Klubs dargestellt werden. Eine Ehre, über die sich de Beer sehr freute. Einige Tage später reiste er mit der BVB-Legendenmannschaft nach Brasilien, war dort der gewohnt lebenslustige, fröhliche Teddy. Umso größer der Schock über die Todesnachricht – drei Tage vor seinem 61. Geburtstag.