Mönchengladbach. Nach der Niederlage in Gladbach rutscht der BVB in der Bundesliga gefährlich weit nach unten. Den Dortmunder droht ein Albtraum-Szenario.

Die Automatismen griffen wie gewohnt bei Borussia Dortmund: Als der Schlusspfiff ertönt war, klatschten sich Spieler, Trainer und Verantwortliche ab. Dann traten sie vor die Kameras und Mikrofone und schimpften über den eigenen Auftritt – oder offenbarten ihre Ratlosigkeit, warum sie schon wieder verloren hatten, dieses Mal mit 2:4 bei Borussia Mönchengladbach.

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„Wenn du in so einem Spiel gegen eine so gute Mannschaft drei Tore durch Standardsituationen bekommst und in diesen Situationen nicht da bist, brauchst du dir über das Ergebnis keine Gedanken machen“, schimpfte Sportdirektor Michael Zorc. „Das ist relativ einfach erzählt.“

BVB-Kapitän Reus hadert: "Immer die gleichen Fehler"

„Wenn wir die Dinger nicht abstellen, wird es schwierig", haderte ein sichtlich angefressener Dortmunder Kapitän Marco Reus. „Es sind immer die gleichen Fehler, die wir machen. Das stinkt gewaltig!“

Die Automatismen griffen, aber sie griffen erst dann vollständig, als das Spiel beendet war. Davor, während der 90 Minuten auf dem Platz, hatte sich mal wieder gezeigt, dass die wankelmütige Dortmunder Mannschaft derzeit nicht in der Lage ist, ihr Potenzial über 90 Minuten abzurufen – während Gladbach über weite Strecken eine konzentrierte Leistung zeigte und mit dem Sieg am BVB vorbeizog.

Dank sieben Punkten aus neun Spielen der Englischen Woche ist die Elf vom Niederrhein wieder mittendrin im Rennen um die Champions-League-Plätze. Und in Dortmund herrscht nach nur einem Punkt im selben Zeitraum Krisenstimmung. Der Traum von der Meisterschaft ist endgültig geplatzt und das Minimalziel, die Champions-League-Qualifikation, in ernster Gefahr. Vorerst ist der BVB herausgerutscht aus den ersten vier Rängen. „Ein Punkt ist natürlich zu wenig. Bei den Ansprüchen und der Qualität sind wir damit nicht zufrieden“, fasste Trainer Edin Terzic die Gemütslage zusammen.

Taktischer Kniff von Rose nahm BVB-Torjäger Haaland aus dem Spiel

Schon früh hatte sich in Gladbach abgezeichnet, dass es ein rasantes und für den BVB problematische Spiel werden würde. Schon in der ersten Spielminute hatten die Gastgeber das erste Tor erzielt, doch nach Intervention des Videoassistenten wurde der Treffer des bärenstarken Florian Neuhaus zurückgenommen. Dann aber machte sich erstmals die Dortmunder Standardschwäche bemerkbar, Jonas Hofmanns Freistoßflanke köpfte Nico Elvedi überraschend unbedrängt ins Tor (11.).

Es war die zu diesem Zeitpunkt verdiente Führung für schnell und direkt spielende Gladbacher – aber sie stachelte den BVB offenbar an, der nun seine beste Phase erlebte und die Partie durch zwei Treffer von Erling Haaland (22./28.) drehte – jeweils sehenswert vorbereitet durch Jadon Sancho.

Auch diese Führung war verdient, auch diese Führung sollte aber nicht lange Bestand haben. Denn wieder kam eine Gladbacher Standardsituation, wieder kam ein Dortmunder Patzer: Diesmal ließ Torhüter Roman Bürki einen Freistoß nach vorne abklatschen und Elvedi schob erneut ein (32.).

Gladbachs Trainer Marco Rose hatte da schon nachgewiesen, warum er derzeit ein überaus begehrter Mann ist, auch beim BVB. Er hatte umgestellt von Dreier- auf Viererkette, Dennis Zakaria ins Mittelfeld vorgezogen und so dafür gesorgt, dass Dortmunds Torjäger Haaland fortan vom Nachschub abgeklemmt war. Der BVB hatte kaum noch Chancen – und machte es den Gladbachern wiederholt zu einfach. „Wir mussten erheblich mehr Aufwand für unsere Tore betreiben als der Gegner“, klagte Trainer Edin Terzic.

Auch unter Edin Terzic: BVB hat seine Launenhaftigkeit nicht abgestellt

Kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit kam Gladbachs Rami Bensebaini auf der linken Seite an den Ball, zog allzu leicht an Julian Brandt vorbei und schlenzte ins lange Eck (50.). „Das war komplett unnötig, da darf niemals ein Tor passieren“, schimpfte Reus. Passierte aber, und es passierte noch ein weiteres: Wieder flog ein Standard in den Dortmunder Strafraum, diesmal ein Eckball. Und wieder orientierte sich nur ein Gladbacher zum Ball. Marcus Thuram, nach fünf Spielen Sperre als Einwechselspieler dabei, schraubte sich hoch und köpfte ein (79.).

Zur Begeisterung der Gladbacher, bei denen der Corona-Wirbel um Breel Embolo wenigstens für den Moment beiseite gewischt war. Und zur Ernüchterung der Dortmunder. Auch unter Terzic, der mit großen Hoffnungen als Nachfolger des geschassten Lucien Favre installiert worden war, hat die Mannschaft ihre Launenhaftigkeit nicht abgelegt. Seine Bilanz lautet nun: drei Siege, ein Unentschieden, drei Niederlagen. Das ist weit weg von der Ausbeute eines Champions-League-Teilnehmers, entsprechend alarmiert ist man beim BVB. Denn ein Verpassen der Königsklasse kann man sich in Corona-Krisenzeiten nicht leisten. Zumindest nicht, ohne die Kosten zu senken – also teure Stars zu verkaufen.