Die vielen Platzstürme zeigen: Die Fans gieren nach dem Gemeinschaftserlebnis Fußball. Und wissen große Leistungen zu würdigen. Ein Kommentar.

Die Meisterfeier der Bayern: routiniert, gelernt, so prickelnd wie Mineralwasser ohne Kohlensäure. Auch in dieser Saison gab es die ewig beklagte Langeweile an der Spitze, der Titelkampf blieb erneut aus – obwohl die Münchener keine perfekte Saison hingelegt haben. Neben den Bayern zogen Dortmund, Leverkusen und Leipzig in die Champions League ein – auch dies: wie erwartet.

In Stuttgart und Bremen gab es kein Halten mehr

Zu wenige Emotionen also im deutschen Fußball? Zum Glück nicht. Es gab noch genügend Anlässe zum Feiern. Das Stichwort der Stunde heißt Platzsturm. Eine Woche zuvor hatten die Fans schon die Rasenflächen in Frankfurt, in Köln und beim Aufsteiger Schalke geflutet, diesmal gab es kein Halten mehr in Stuttgart, wo der VfB mit einem Treffer in der Nachspielzeit den Klassenerhalt klar machte. Und auch in Bremen, wo der SV Werder dem FC Schalke zurück in die Bundesliga folgte, brachen alle Dämme. Wunderbar zudem die Hochspannung versprechende Relegation: Hertha gegen Hamburg, Felix Magath gegen den Klub seiner größten Spieler-Erfolge – welch eine Story.

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Beeindruckende Verabschiedungen von Völler und Zorc

Nach den Zeiten der Geisterspiele und der beschränkten Zuschauerzahlen gieren die Fans nach dem Gemeinschaftserlebnis Fußball, sie kosten es aus, wo immer es möglich ist. Und mit feinem Gespür wissen sie es zu würdigen, wenn Bedeutendes geleistet wurde – auch von Einzelnen. Beeindruckend verabschiedeten sie in Dortmund den ewigen Borussen Michael Zorc und in Leverkusen den unvergleichlichen Rudi Völler. Sportlich mag es sehr zu bedauern sein, dass nach Erling Haaland auch Robert Lewandows­ki einen Wechsel ins Ausland anstrebt, Ausnahmefußballer wie diese Top-Torjäger tun jeder Liga gut. Aber auf der emotionalen Ebene ist der Verlust der Urgesteine Zorc und Völler noch schmerzhafter.

Rudi Völler verabschiedet sich von den Fans von Bayer Leverkusen.
Rudi Völler verabschiedet sich von den Fans von Bayer Leverkusen. © firo | Unbekannt

Völler und Zorc – das waren Typen mit Ecken und Kanten

Zu Ehren dieser beiden gab es Choreographien, Gesänge, Dauerapplaus – all das eine einzige tiefe Verneigung. „Ich weiß gar nicht, ob ich das verdient habe“, sagte Michael Zorc gerührt, als er vor der Südtribüne stand. Und wie er das verdient hatte.

Zwei Große gehen. Zwei Typen mit Ecken und Kanten. Zwei, die ein klares Wort jeder Plattitüde vorzogen. Sie werden fehlen.