Dortmund. Neven Subotic von Borussia Dortmund ist der etwas andere Fußballprofi. In seiner Freizeit entspannt er nur selten und guckt auch nicht viel Fußball, sondern arbeitet an seiner Stiftung, mit der er in Afrika für sauberes Wasser und bessere Lebensbedingungen sorgt.
Neven Subotic, der Innenverteidiger von Borussia Dortmund, fällt inzwischen seit einem halben Jahr aufgrund eines Kreuzbandrisses aus. Inzwischen ist er aber guter Dinge, dass er in der Saisonvorbereitung wieder voll angreifen kann. Seine freie Zeit nutzt er vor allem, um seine Stiftungsarbeit voranzutreiben. Seit einigen Jahren ist er der Stiftungspräsident der Neven Subotic Stiftung und steckt jede freie Minute dort hinein. Wir sprachen mit ihm über seine Genesung, sein soziales Engagement und unvergessliche Eindrücke in Afrika.
Herr Subotic, wo erreichen wir Sie gerade?
Neven Subotic: Ich bin bei meiner Familie in Amerika zu Besuch.
Wie geht es Ihnen nach der schweren Verletzung inzwischen?
Subotic: Soweit ist alles gut. Ich kann nicht klagen und hatte keine Rückschläge. Ich absolviere mein Laufprogramm und hoffe, dass ich in ein paar Wochen mit der Mannschaft mit trainieren kann.
Dann sehen wir Sie zur Vorbereitung wieder?
Subotic: Das ist das Ziel. Ich hoffe nicht, dass mich ein Rückschlag daran hindert. Für mich ist das dann ein großer Schritt, wenn ich wieder da bin. Ich muss aber auch gucken, wie der Körper auf das Training reagiert und mich eventuell etwas rausnehmen.
Ihr Vertreter Sokratis hat starke Leistungen abgeliefert. Schmerzt da die Verletzung noch mehr, weil es so schwieriger wird, wieder in die Mannschaft zu kommen?
Subotic: Nein, ich wäre sauer, wenn er nicht gut gespielt hätte, weil wir dann weniger Punkte gehabt hätten. Das ist meine Mannschaft, ich bin einer der größten Fans. Ich mache mir erst einmal gar keine Gedanken, will mit der Mannschaft trainieren. Wenn es so weit ist, werde ich alles geben. Zum Schluss entscheidet der Trainer. Für eine Kampfansage bin ich nicht der Typ und es ist auch zu früh. Ich lasse Taten sprechen. Ich werde mich nie in eine Mannschaft rein reden.
Während Ihrer Verletzungspause haben Sie sich Ihrer eigene Stiftung gewidmet, mit der Sie auch vor wenigen Wochen noch in Afrika waren. Woher kommt das soziale Engagement?
Subotic: Ich engagiere mich schon seit 2006 für soziale Projekte, nachdem ich nach Mainz gezogen bin. Mit meinem ersten Profivertrag wurde ich für junge Fußballer zum Vorbild und dann übernahm ich eine Patenschaft bei einem Waisenhaus. Ich bin dann jede Woche für ein, zwei Stunden zum Spielen hingegangen. Die Kinder haben sich immer gefreut und sich bevorzugt gefühlt. Mir hat das eine Menge Spaß gemacht. Auch in Dortmund habe ich direkt einen Verein gesucht und bin auf „Kinderlachen“ gestoßen. Mit denen hatte ich ebenfalls viel Spaß und sie leisten wundervolle Arbeit. Aber ich wollte immer mehr tun und mich mehr einbringen. Da wurde mir nahegelegt eine Stiftung zu gründen, um mich um das zu kümmern, was mir wichtig ist. Darauf hatte ich viel Lust.
Und warum dann das Engagement in Afrika?
Subotic: Ich bin jemand, der nicht unterscheidet zwischen „meinen Leuten“ – damit meine ich die Menschen in meiner Umgebung – und den anderen. Ich sehe die Welt als eins. Da habe ich beschlossen, dass ich etwas für die ärmsten Menschen unserer Welt tun will. Die Leute sollen Hilfe bekommen, die es am nötigsten haben. Da bin ich schnell auf Afrika gekommen und habe sofort nach Partnerorganisationen gesucht, habe mich informiert. Dann nahm es eine Eigendynamik auf.
Sie und ihre Stiftung stehen dafür, dass das gesamte Geld auch in die Projekte fließt. Wie funktioniert das?
Subotic: Als ich die Stiftung gegründet habe, habe ich nach Partnern gesucht, die jeden Cent in das Projekt stecken. Bei meiner Stiftung trage ich persönlich alle Verwaltungskosten. Das fängt wirklich bei Cent-Beträgen wie Porto, Druckerpatronen und anderen Dingen an und endet bei den Reisekosten. Meine Partnerorganisationen arbeiten genauso. Wenn es das nicht geben würde, würde ich auch nicht mit denen zusammenarbeiten. Jede Spende, die rein kommt, wird ausschließlich für das Projekt verwendet. Mir ist wichtig, dem Spender in die Augen schauen zu können und zu sagen: „Dein Geld kommt wirklich den Menschen zugute.“
Wie man heraushört, stecken Sie wirklich viel Arbeit in Ihre Stiftung. Haben Sie manchmal das Gefühl, dass eigentlich noch viel mehr getan werden müsste?
Subotic: Ja, das beschreibt es eigentlich ganz gut. Ich stecke viel Zeit in die Arbeit und kann mir eigentlich nicht vorstellen, noch mehr Zeit zu investieren. Dann ist man aber vor Ort und man weiß zwar nicht, was man noch mehr tun kann, viel ist es aber. Man sieht, dass die Hilfe notwendig ist.
Worin sehen Sie ihr Hauptanliegen bei der Hilfe in Afrika?
Subotic: Das Wichtigste ist, dass die Menschen Wasser haben. Die haben es einfach nicht. Das ist total krass: Wir in Europa machen den Wasserhahn auf und trinken einfach was. Dann fliegt man sieben Stunden dorthin und fährt ein bisschen mit dem Auto abseits der Städte in die Dörfer und die Menschen haben einfach kein Wasser. Die meisten Menschen dort müssen es aus dem Fluss schöpfen, wo ein paar Meter weiter die Leute sich waschen, Tiere ihr Geschäft verrichten oder Leute ihre Autos waschen. Das ist eine Katastrophe, weil die Menschen sauberes Wasser für ihre Gesundheit brauchen. Gesundheit ist das Wichtigste, das weiß ich spätestens seit meiner Verletzung, damit man an seinen Träumen feilen kann. Deshalb bin ich davon überzeugt und motiviert etwas zu tun.
Also wollen Sie den Menschen Mut und Hoffnung machen?
Subotic: Ich will helfen, den Menschen ihren Traum zu erfüllen. Sie arbeiten hart, sie sind nicht zu faul für irgendetwas. Es ist ein Menschenrecht, sauberes Wasser zu haben, was leider noch nicht überall auf der Welt umgesetzt wurde.
Wie müssen wir uns Ihren Tag vor wenigen Wochen in Äthiopien vorstellen?
Subotic: Wir sind morgens zwischen vier und fünf Uhr los gefahren und sind in den ländlichen Regionen gewesen. Dort haben wir den Tag verbracht. Uns war es wichtig zu sehen, wem die fertigen Projekte zugute kommen. Wir wollten die Menschen, ihre Geschichten und ihre Träume kennenlernen. Wir wollten aber auch den Spendern zeigen, für wen sie uns ihr Geld anvertraut haben. Ich glaube, das unterscheidet uns von vielen anderen Organisationen. So erfährt man was über die Menschen dort. Die sind total lieb, lachen gerne und sind kaum anders als wir, haben aber ein hartes Leben. Sie haben auch eine faire Chance auf ein gutes Leben verdient.
Können Sie eine Geschichte herausheben, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Subotic: Es fällt mir schwer einen Moment herauszupicken, aber ich habe tatsächlich ein großes Vorbild kennengelernt. Wir haben an einem der Brunnen das zehnjährige Mädchen Roman kennengelernt und sie auch nach Hause begleitet. Dort haben wir mit ihrer Oma Tsega-Muruz gesprochen und sie hat uns erzählt, wie sich das Leben mit dem frischen Wasser verändert hat. Als wir sie gefragt haben, was ihr einziger Wunsch für die Zukunft ist, sagte sie, sie wolle sehen, wie ihre Enkelkinder ihren Schulabschluss machen. Sie hat nicht das Wissen und die Möglichkeit noch etwas zu verändern. Aber sie setzt das um, was sie während einer Schulung gelernt hat, um wenigstens das saubere Wasser zu nutzen. Sie setzt alles gut um und tut alles, was möglich ist. So ist sie ein Vorbild für uns alle.
Sie kommen ja richtig ins Schwärmen, wenn Sie von Ihrer Arbeit und den Begegnungen erzählen …
Subotic: Ja, das stimmt. Ich habe schon oft Geschichten erzählt und ich könnte tagelang darüber sprechen. Wenn man etwas erzählt, fällt einem direkt wieder etwas ein. Ich arbeite auch gerade an dem Filmmaterial, da wird man immer wieder an interessante Begegnungen erinnert. Solche Momente sind für mich einfach besonders.
Was nehmen Sie von diesen Erlebnissen für sich persönlich mit?
Subotic: Ich nehme mit, dass sich die viele Arbeit lohnt und der Effekt spürbar ist. Es ist gut zu sehen, dass es das Leben der Menschen positiv beeinflusst und mein Ziel ist es, noch mehr Leben zu verändern, solange und so gut es möglich ist. Ich will Menschen ein bisschen etwas weitergeben, von dem Glück, welches ich im Leben habe.
Sie sagten gerade, sie stecken viele Stunden in ihre Arbeit. Wie funktioniert das neben dem Leben des Profi-Fußballers Neven Subotic?
Subotic: Ich kann meine Arbeitsstunden nicht beziffern. Nebenbei lerne ich noch, was man mit der Stiftungsarbeit verbinden kann. Das Gute ist, dass es für mich ein Hobby ist. Die Termine, die mit dem Fußball verbunden sind, nehme ich gerne wahr, aber in meiner Freizeit bin ich hauptsächlich mit meiner Stiftung beschäftigt. Deshalb stelle ich auch nicht die Uhr danach.
Was steht als nächstes auf Ihrer Agenda?
Subotic: Ich bin gerade dabei, die vielen E-Mails zu beantworten. Zudem haben wir viel Material auf Foto und Video. Das gilt es jetzt anzuschauen und meine Aufgabe ist es, zu zeigen, worum es geht, was das Problem ist und wie wir helfen. Natürlich könnte ich jetzt versuchen, jedem zu erzählen, was ich dort erlebt habe. Das ist aber schwer. Ein Bild und ein Video sagen mehr als 1000 Worte. Deshalb geht es darum, das Material zu schneiden und damit die Eindrücke zu vermitteln. Zudem arbeiten wir weiter an dem Projekt „100% Hygiene“, damit die Menschen dort sauberes Wasser bekommen. Damit verbunden sind auch die Schulen – in denen die Lehrer übrigens sehr engagiert und mit Spaß arbeiten. Dort bauen wir Toiletten, die Sauberkeit und Privatsphäre bringen. Wir haben jetzt zwei Schulen besucht, vier wollen wir noch. Ich hoffe aber, dass noch mehr hinzukommen.
Herr Subotic, wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen Ihnen sowohl mit der Stiftung als auch in der kommenden Saison viel Erfolg.