Dortmund. Ist es in Ordnung, einen Spieler, der fast sein ganzes Fußballer-Leben beim BVB verbracht hat, bei seiner Rückkehr gnadenlos auszupfeifen und zu bepöbeln? Ja — und nein. Kopf und Bauch sind da unterschiedlicher Ansicht, meint Kolumnist Jens Matheuszik.

Der vergangene Spieltag wird – wenn man denen, die den biblischen Hiob und seine Botschaft gerne zitieren glauben möchte – am Ende der laufenden Saison der Spieltag sein, an dem sich die Meisterschaft des FC Bayern München entschieden haben wird. Aber bekanntlich hat die Saison 34 Spieltage und Was-Wäre-Wenn-Spiele sind verfrüht.

Für die Fans von Borussia Dortmund war es das Spiel, in dem ihr einstiges Idol Mario Götze erstmalig in der rot-weißen Kluft des FC Bayern München im heimischen Westfalenstadion auflief. Auf der Süd wurde sein Wechsel vom BVB noch einmal in deutlichsten Worten kommentiert:

BVB o. FCB; Echte Liebe o. Mia san Mia

Für Dich war's längst klar

Fick Dich, Götz€!

Götze saß zu Beginn auf der Bank

Doch erst einmal blieb Mario Götze auf der Bank sitzen und durfte sich lange Zeit ein Spiel ansehen, in dem zwar sein neuer Verein die dominantere Mannschaft war, aber seine alten Mitspieler die besseren Torchancen hatten.

Als dann die Einwechslung von Götze auf dem Plan des Pep stand, musste sich Götze im Spielertunnel aufwärmen – vor der Südtribüne wollte er das nicht und man kann sich ausrechnen, wie die Reaktion dort gewesen wäre.

Sobald er – nach seiner Einwechslung – im Spiel am Ball war erhob sich ein gellendes Pfeifkonzert durch das ganze Stadion und dennoch ließ er sich nicht davon beeindrucken und zog sein Ding durch. Das ging (leider!) so weit, dass er einen Ball von Thomas Müller mit links annahm und dann mit rechts im Tor von Roman Weidenfeller versenkte.

Bei aller Kritik an ihm kann man ihm hoch anrechnen, dass er nach dem Führungstreffer den Jubel seiner neuen Mitspieler abwehrte und damit die hässliche Situation, wo man sich über den Treffer gegen den alten Verein freut, erstmal verhinderte.

Ist der Umgang mit Götze fair?

Es stellt sich spätestens nach diesem Spiel die Frage, ob die Fans von Borussia Dortmund mit Mario Götze fair umgehen. Klar, sein Wechsel zum FC Bayern München war für viele BVB-Anhänger ein Stich ins Herz: Anfang des Jahres konnte er es sich noch vorstellen eventuell sein Leben lang beim BVB zu bleiben und schon wenige Monate später war die Einigung mit den Bayern perfekt.

Vom emotionalen Standpunkt her ist das Ganze ein Verrat gewesen. Juristisch lief jedoch seitens Mario Götzes alles korrekt, wie der BVB damals auch erklärte. Der vorzeitige Wechsel Götzes von Borussia Dortmund zum FC Bayern München hin ist – leider – ein ganz normales Geschäft gewesen, welches in dieser Form auch von den BVB-Offiziellen so erwartet werden musste, schließlich kannte man dort die Ausstiegsklausel, da man sie ja selber unterzeichnet haben muss.

Hass auf Götze wirkt teilweise amüsant, aber auch arg übertrieben

Dennoch schlägt Mario Götze ein Hass entgegen, der zwar teilweise sogar recht amüsant wirkt (wenn auf dem BVB-Trikot mit der Nummer 10 sein Name durchgestrichen wurde) aber andererseits vielleicht doch etwas arg übertrieben ist. Diesen letzten Satz schreibt übrigens gerade ein Mensch, der nach dem Führungstreffer der Bayern das A-Wort, welches sich auf noch reimt, in Bezug auf Mario Götze zitiert hat.

Nach dem Spiel wechselte Mario Götze übrigens kein Wort mit den Journalisten in der Mixed Zone (am nächsten Tag stand er aber dem vereinseigenen Fernsehen zur Verfügung), war jedoch in der Kabine des BVB und schien sich dort mit seinen ehemaligen Mitspielern zu unterhalten. Vielleicht sollten wir Fans versuchen, ebenso so gelassen werden, wie es die BVB-Spieler es anscheinend trotz des Vereinswechsels sind...

Aber schlussendlich hat eins dieses Spiel auch trotz der Niederlage gezeigt: Die Fans des BVB können auf ihre Mannschaft stolz sein und die Verbundenheit zwischen der Mannschaft und den Fans zeigte sich gerade nach dem Abpfiff sehr eindrücklich. Solche Momente zeigen doch, warum man Fan des BVB ist. Da sind dann Personalien wie die eines einzelnen Spielers irrelevant. Denn eines ist klar: Spieler kommen und gehen, aber eins, aber eins, das bleibt bestehn', Borussia Dortmund wird nie untergehen!

Jens Matheuszik, www.gibmich-diekirsche.de, 25.11.2013