Hannover. Bei Hannover 96 legte die Mannschaft von Jürgen Klopp eine Effizienz an den Tag, die in dieser Saison oft vermisst wurde. Ohne überdurchschnittlichen Kraftaufwand wusste der BVB aus wenig viel zu machen und tankte Selbstvertrauen vor dem wichtigen Revierderby gegen Schalke 04 am Dienstag.
Das 3:0 bei Hannover 96 war Balsam auf die Seele der BVB-Stars, denen eine ereignisreiche Woche in den Köpfen und Beinen steckte: Heimniederlage gegen Mönchengladbach, trotz 1:2 gegen Zenit ein Champions-League-Viertelfinale gegen Real Madrid vor der Brust, eine selbst entfachte Diskussion über Liebesentzug der eigenen Fans, Strafen des DFB nicht nur für Klopps Grimassen und Hochsicherheitsvorkehrungen vor dem wichtigen Revierderby am kommenden Dienstag. Die Erleichterung über einen ganz normalen Bundesliga-Auswärtserfolg stand Marco Reus ins Gesicht geschrieben: „Vor dem Derby war es enorm wichtig, hier zu gewinnen, drei Punkte mitzunehmen und Selbstvertrauen zu tanken, nachdem wir die letzten beiden Spiele nicht gewonnen haben."
Dass der nach seiner mehrwöchigen Verletzungspause erstmals wieder eingewechselte Reus in der Nachspielzeit den drei-Tore-Endstand besorgte, war nach der ersten Hälfte nicht zu erwarten. Das Königsklassen-K.o.-Duell gegen St. Petersburg musste erst aus den Beinen geschüttelt werden, gab Schmelzer-Vertreter Erik Durm zu. Der BVB trat zunächst behäbig gegen die Niedersachsen auf, es fehlte an Spritzigkeit und trotz der Rückkehr von Henrikh Mkhitaryan ins kreative Zentrum auch an Ideen mit Durchsetzungskraft. Hannover war in dem Führungstor in den ersten 42 Minuten näher, nicht nur wegen des Pfostenschusses des Ex-Duisburgers Andre Hoffmann (18.).
Mats Hummels legt den Grundstein für den BVB-Erfolg
Just zu dem Zeitpunkt, als Dortmund die Einfälle nach vorne ausgingen, sorgte eine Standardsituation für Erlösung: Mats Hummels traf nach Kopfballverlängerung von Sokratis und legte zum für 96 psychologisch fatalen Zeitpunkt kurz vor der Pause den Grundstein für den Erfolg der Borussen (43.). „Wir arbeiten im Training immer an vielen Dingen, nicht alles sieht man immer. Darum freut es mich besonders, wenn es mal so ist“, strahlte Jürgen Klopp auf der Pressekonferenz. Dass seine Mannschaft „ohne zu glänzen“ die volle Punktausbeute in der HDI-Arena einfuhr, störte weder ihn, noch den zuletzt kritischen Anhang – im Gegenteil: Zu wenige Auftritte, in denen der BVB effizient und ohne überdurchschnittlichen Kraftaufwand maximalen Ertrag erzielte, gab es in dieser Saison.
Der Elf von Tayfun Korkut wurde zum Verhängnis, in der ersten Spielstunde keinen klassischen Stürmer aufbieten zu können, der es physisch gegen Hummels und Sokratis im Zentrum hätte aufnehmen können und der den nötigen Torinstinkt besaß, um die anfänglichen Räume im BVB-Strafraum zu verwerten. Borussia Dortmund hingegen hat mit Robert Lewandowski hingegen so eine Tormaschine in seinen Reihen, die sogar in der Lage ist, es auf eigene Faust zu machen und zum Abschluss zu kommen, wenn gleich mehrere 96er im Strafraum den Weg versperren. Sein 2:0 kurz nach dem Seitenwechsel war bereits das Eintrittsgeld wert. „Ich habe in der Mitte auch keinen gesehen, den er hätte anspielen können“, gab Jürgen Klopp scherzend zu, dass seine Elf bis dahin nicht so flüssig nach vorne spielte. „Von daher musste er es allein machen. Das ist ein Weltklasse-Tor!“ Diese Qualität wird Dortmund im Viertelfinal-Hinspiel gegen Madrid schmerzlich fehlen.
Reus-Rückkehr in die BVB-Startelf ist noch offen
Doch bereits kurz nach dem Abpfiff war die Hausaufgabe gegen Hannover abgehakt und es drehte sich in Dortmund nur noch alles um das anstehende Revierderby (Dienstag, 20 Uhr, live in unserem Ticker). Gelingt dem BVB ein Erfolg, könnte man sich ein Polster von vier Punkten auf den Erzrivalen und Tabellendritten Schalke zulegen. Ein Derbysieg kann für viele biedere Vorstellungen und Heimniederlagen in dieser Saison entschädigen, das weiß man bei Schwarz-Gelb. Ob Marco Reus am Dienstag bereits in der Startelf stehen wird, ist noch unklar. „ Ich habe nicht so oft mit der Mannschaft trainiert, sehr viel nur individuell gemacht. Deswegen war es wichtig, dass ich heute etwas Spielzeit erhalten habe. Ich bin auf jeden Fall bereit und die Mannschaft ist es auch.“