Hagen.. Der Meister eröffnet die Bundesliga-Saison 2011/2012. Am Freitag trifft Borussia Dortmund auf den Hamburger SV. Vor dem Start haben wir mit Trainer Jürgen Klopp und Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke gesprochen.
Am Freitagabend (20.30 Uhr, live im DerWesten-Ticker) eröffnet Borussia Dortmund mit dem Heimspiel gegen den Hamburger SV die neue Saison der Fußball-Bundesliga. Zuvor statteten Trainer Jürgen Klopp und der aus dem Sauerland stammende Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke unserer Redaktion einen Besuch ab. Wie im vergangenen Jahr - und anschließend wurde die Borussia deutscher Meister.
Sie, Herr Klopp, haben gesagt: Bis auf drei Festivitäten, die Sie sonst nicht gehabt hätten, hat die deutsche Meisterschaft nichts verändert. Wir weigern uns, das zu glauben. Was sagen Sie, Herr Watzke?
Hans-Joachim Watzke: Der Trainer hat sich nicht verändert. Ich habe da genau hingeschaut. Wir waren im Trainingslager viel und lange zusammen, er hat sich nicht im Ansatz in irgendeiner Weise verändert. Das hatte ich auch nicht erwartet.
Klopp: Was soll sich auch verändern? Wir sind auf eine außerordentliche Weise deutscher Meister geworden, das ist uns schon auch aufgefallen, aber das hat ganz wenig Relevanz für die aktuelle Saison. Wir arbeiten mit der gleichen Leidenschaft, und das macht Höllenspaß.
Aber jetzt mal ehrlich: Sie haben aus einer Mittelklasse-Mannschaft die jüngste Meister-Elf gemacht. Sie sind der Trainer des Jahres, werden überall gelobt und ausgezeichnet. Wie schwer ist es, sich nicht selber großartig zu finden?
Klopp: Ich habe ja einen an meiner Seite, der als Sauerländer die Bodenständigkeit mit der Muttermilch aufgesogen hat (lacht). Aber möglicherweise sind wir deswegen in dieser erfreulichen Situation und nicht andere. Weil wir nicht dumm genug sind, daraus etwas Übergeordnetes abzuleiten. Wir wissen alle, wie viele glückliche Konstellationen nötig waren, um das möglich zu machen.
Watzke: Wir haben aber nicht nur Glück gehabt, sondern vor allem Mut. Die Kolumnisten schreiben seit zehn Jahren dasselbe: Es geht nicht ohne Erfahrung, es geht nicht ohne klare Hierarchie, und Harmonie schadet der Leistung. Gegen diese Meinung haben wir uns gestemmt. Und jetzt sagen alle, dass es doch geht. Das hat es so noch nicht gegeben.
Was war in dieser Transferperiode mutig?
Klopp: Alles, weil wir es gemacht haben wie immer, unabhängig davon, dass wir jetzt Champions League spielen. Wir waren uns einig, dass wir unsere eigenen Erfahrungen machen wollen. Wir müssen ganz klar sagen: Wenn wir in der Champions League kein Glück haben bei der Auslosung, dann kann’s richtig auf die Ohren geben. Dann kriegst du unter Umständen Barcelona, Arsenal London und Manchester City. Und dann heißt es nachher in der Öffentlichkeit: Was denn, so wird der deutsche Fußball vertreten? Oder ähnlicher Mist.
Watzke: Wir dürfen nicht den Fehler machen, uns zu sehr mit der Champions League zu befassen. Sie ist das Sahnehäubchen, eine wahnsinnige Chance, zu lernen, Erfahrungen zu sammeln, Spaß zu haben. Und das alles ohne jeden Druck. Ohne Druck. Die Weiterentwicklung von Borussia Dortmund geht über die Bundesliga.
Gab es nie den Gedanken, mal mehr Geld in die Hand zu nehmen als gewöhnlich?
Klopp: Doch, einmal kurz. Der Spieler lag in unserer Altersgruppe, aber ein paar Preisregale höher. Von dem haben wir Videos gesehen und gesagt: Huch, der könnte auch mächtig Spaß machen. Und dann sind 15 Millionen aufgerufen worden, und wir haben gesagt: Soviel Spaß kann man kaum haben. Und haben sofort abgewunken.
Watzke: Ich bin auch der Meinung, dass man aufpassen muss. Wenn mal ein Jahr so ein unerwarteter Geldsegen kommt, kann das die Kreativität hemmen. Bei uns sind es im wesentlichen drei Leute, die die Entscheidungen treffen: Jürgen, Michael (Zorc, Sportdirektor; d. Red.) und ich. Und diese drei sind sich sehr sicher, dass sie auch die nächste Saison miteinander planen werden. Und ich glaube, es gibt eher eine Tendenz in Vereinen, in denen das nicht so eng ist, auf Nummer sicher zu gehen und statt eines Chris Löwe vielleicht einen Spieler aus Osteuropa für 2,5 Millionen zu verpflichten. Dann kann dir nie einer vorwerfen, dass du leichtfertig einen jungen Burschen geholt hast. Dieses Denken allerdings hatten wir nie, und dafür sind wir ein bisschen belohnt worden. Irgendwann, wenn es mal nicht so gut läuft, wird es genau diese Diskussion geben: Ach, hättet ihr nicht?
Klopp: Es geht ja gar nicht so sehr darum, ob er nun 18, 19 oder 20 ist. Der kann ja 27 oder 28 sein. Es geht immer nur darum, ob er an einem Punkt in seiner Karriere ist, an dem er bereit ist, mit uns diesen Mehrinvest zu betreiben. Wir machen schon mehr, wir verlangen auch mehr. Es ist nicht so, dass wir sagen: macht mal und die Jungs rennen einfach wie die Verrückten. Wir legen eine Messlatte fest, und da müssen sie drüber. Und wer da nicht drüber kommt, völlig egal wie er heißt und wie gut er aussieht, kann nicht mitspielen. Vor allem ist es unwichtig, was er früher geleistet hat. Ich kann doch nicht sagen: Mensch, 2006, 2002 oder wann auch immer, unfassbar, was du da gespielt hast, könntest du nicht noch mal? Geht ja nun mal nicht.
Was kann nach so einer Saison das Ziel für die darauf folgende sein?
Klopp: Wir haben eine gute Mannschaft, das wissen wir, und alle sind jung genug, um da noch etwas draufzulegen. Für uns ist es wichtig, Stabilität zu erreichen auf diesem Leistungsniveau. Jetzt noch einmal im internationalen Geschäft dabei zu sein, das würde dem Verein gut tun und uns dabei helfen, die Mannschaft zusammenzuhalten. Wer dran bleibt, der hat immer die Möglichkeit, ein zwei Plätze nach oben zu rutschen. Aber das musst du erstmal hinkommen.
Sie haben die Harmonien und die engen Verbindungen angesprochen. Ihnen ist aber schon klar, dass das auf eine harte Probe gestellt würde, wenn die Champions League früh beendet ist, wenn die Mannschaft in der Tabelle im Mittelfeld steht und die Fans pfeifen?
Watzke: Dann passiert nichts. Für mich ist immer entscheidend, als derjenige, der das Ganze dann auch beurteilen muss, dass alle Beteiligten ihr Optimum investiert haben in Arbeit, Leidenschaft und Akribie. Jürgens Vertrag läuft bis 2014, alles andere ist außerhalb jeder Diskussion. Auch wenn wir 18. in der Tabelle sind. Das ist mein Part und…
Klopp: Och, 18., Aki, bitte, das ist ‘ne Quälerei. Das ist kein Spaß.
Watzke: Das ist erst ein Halbsatz. Das ist mein Part. Und dein Part ist es, hier zu bleiben, auch wenn Barcelona anrufen sollte. Wir gehen diesen Weg definitiv gemeinsam.