Essen. Gute Schiedsrichter sind die, die man im Spiel nicht bemerkt. Sollte Tobias Stieler wegen einer Reizfigur doch im Mittelpunkt stehen, kann er anders als Kollegen zuletzt viel richtig machen.

Dass Recht und Gerechtigkeit zwei unterschiedliche Paar Schuhe sind, ist hinlänglich bekannt. Für beides sollte Tobias Stieler allerdings einen Sinn haben. Der 35 Jahre alte Hamburger ist Rechtsreferendar von Beruf. Auf Regeln und deren Einhaltung muss Stiegler auch achten, wenn er als Schiedsrichter in der Fußballbundesliga unterwegs ist. Am Samstag wird ihm die große Ehre zuteil, das Gipfeltreffen zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern München (Anstoß: 18.30 Uhr, live in unserem Ticker) zu leiten. Unter Umständen bekommt er die Gelegenheit, genau das richtig zu machen, was seinen Kollegen in jüngster Vergangenheit oftmals als schweres Versäumnis ausgelegt wurde.

Ob Frank Ribéry am Samstagabend im wohl meist beachteten Spiel der gesamten Bundesliga-Hinrunde zum Einsatz kommt, ist noch ungeklärt. Sollte der Franzose aber nach überstandener Verletzungspause auf dem Rasen stehen, ob von Beginn an oder wahrscheinlicher erst nach einer Einwechslung, werden mehr als 80.000 Zuschauer im Signal-Iduna-Park genau hinschauen, dass Tobias Stieler bei Ribéry nicht wegschaut. Zu häufig hat sich der Wirbelwind in Diensten des FC Bayern in der Vergangenheit gegen den BVB daneben benommen, als dass er in einem besonders brisanten Spiel wie diesem nicht unter besonderer Beobachtung stehen dürfte. Der Augenpiekser gegen Gonzalo Castro im letzten DFB-Pokal-Finale und der Ellenbogenschlag gegen Felix Passlack im vergangenen Supercup sind unrühmliche Kapitel der Geschichte zweier Rivalen und haben zuletzt das Verhältnis zwischen der Borussia und dem FC Bayern belastet.

Hitzkopf, Rüpel, Unverbesserlicher - Ribéry hat für die letzten Aussetzer, bei denen er zumindest im Duell mit dem BVB immer straffrei ausgegangen und nicht wie berechtigt des Platzes verwiesen worden ist, zu recht viel Kritik eingesteckt. Gleichwohl darf Stieler das Vergangene nicht mit in die Bewertung einbeziehen, sollten sich ähnliche Szenen am Samstag wiederholen. Unvoreingenommen müsste der Unparteiische dabei genauso sein wie sicher und konsequent in der Auslegung seiner Entscheidungen.

Stieler kann seiner Schiedsrichtergilde einen Gefallen tun

Nun ist im Sinne eines packenden Bundesligagipfels zu hoffen, dass sich Ribéry derlei Unbeherrschtheiten erspart. Sollten mit ihm aber wieder die Gäule durchgehen und Stieler freien Blick auf eine mögliche Entgleisung haben, kann er sich und seiner gesamten Schiedsrichtergilde mit der korrekten Bewertung und Bestrafung einen großen Gefallen tun: Indem er dem Eindruck der Zuschauer entgegentritt, dass Starspieler doch keinen Sonderbonus haben und sich auf dem Rasen nicht alles erlauben können, wonach ihnen der Sinn steht.