Dortmund.. Ausatmen. Ganz langsam ausatmen und dann genießen. Borussia Dortmund steht durch einen 1:0 Sieg bei Greuther Fürth im Endspiel um den DFB-Vereinspokal im Jahr 2012. Und das nach einer Pokalnacht, die kein normales Fußballspiel hervorbrachte, sondern einen 120-minütigen Thriller.
Ausatmen. Ganz langsam ausatmen und dann genießen. Borussia Dortmund steht durch einen 1:0 Sieg bei Greuther Fürth im Endspiel um den DFB-Vereinspokal im Jahr 2012. So viel zu den Fakten einer denkwürdigen Pokalnacht – einer Nacht mit viel Drama und noch mehr Tragik. Einer Nacht, die kein normales Fußballspiel hervorbrachte, sondern einen 120-minütigen Thriller.
„Thriller“ – ja das klingt diesem Halbfinale würdig. Das klingt nach brutalem Nervenkitzel und ewigen Helden. Nach Herzrasen und Adrenalin. Hitchcock, Follett und Brown hätten es nicht schöner, nicht aufregender und auf gewisse Weise auch tragischer schreiben können – einen echten Pokalkrimi, der in allerletzter Sekunde, mit dem letzten Schuss und der letzten Ballberührung ein dramatisches Ende nahm. Für Fürth und doch für Dortmund.
Erinnerungen an denkwürdige Thriller
Was haben wir nicht alles schon gesehen und erlebt? Ein Champions-League Finale kurz vor dem Millennium, in dem Manchester United mit Teddy Sheringham und Ole Gunnar Solskjaer in drei Minuten ein 0:1 erst egalisierte und dann für sich entschied; ein Meisterschaftsfinale, an dem sich unsere Nachbarn aus Gelsenkirchen für vier Minuten schon als Deutscher Meister fühlten; oder ein Weltmeisterschafts-Finale, das fünf Minuten vor dem Ende ausgerechnet durch einen Foulelfmeter seinen Sieger fand.
Seit Dienstagnacht, 22:55 Uhr, ist die Fußball-Welt und insbesondere Borussia Dortmund um eine dieser Geschichten reicher. Eine Geschichte, an deren Ende ein Endspiel, die DFB-Pokaltrophäe, ja sogar das erste Double in der Vereinsgeschichte von Borussia Dortmund stehen könnte. An deren Anfang aber erst einmal etwas ganz anderes steht: der Grund, warum ich diesen Sport so liebe. Denn der liegt heute Nacht irgendwo in Fürth, in der 120. Spielminute begründet. In dem gefühlt einzigen Torschuss des BVB in der Verlängerung, in dem Moment, als eine Traube von elf Spielern und einer Handvoll Ersatzspielern den Torschützen Gündogan unter sich begrub, einem Moment an dem nur noch Freude regierte – so einem wahnsinnigen Moment, für den der Fußball womöglich erfunden wurde.
Spielverlauf nicht wie gewünscht
Diese Stunde des Sieges wird wahrscheinlich über vieles hinwegtäuschen, was an diesem Abend im Spielverlauf des Deutschen Meisters aus Dortmund nicht wie gewünscht verlief. Und das darf es auch, weil uns allen mal wieder bewusst werden sollte, dass dieser einzigartige Moment des gestrigen Abends genau so außergewöhnlich ist, wie die Erfolgsgeschichte, die Borussia Dortmund seit über 24 Monaten schreibt.
Es ist der Lauf der Geschichte, der es wahrscheinlich macht, dass wir in zehn oder zwanzig Jahren noch einmal an heute, an gestern, an inzwischen 20 ungeschlagene Spiele in Serie und an die Meisterschaft im Mai 2011 denken werden und uns zu dem Entschluss kommen lässt, dass dies mit die schönste Zeit war, die wir mit Borussia erleben durften. Ich möchte hoffen, dass die meisten von uns sich an diesem Punkt nicht wünschen werden, es mehr genossen zu haben. Ja, im Jahr 2022 oder 2032 wird sich niemand mehr an ein 0:0 in Augsburg und an die 119 schwerfälligen und zähen Minuten am Fürther Ronhof erinnern, sondern nur noch an die letzte Sekunde, an Ilkay Gündogan, den Pfosten, den Rücken des gegnerischen Torwarts, die Traube von Spielern, die Freunde, den Wahnsinn und an das Pokalfinale in Berlin.
Wie das klingt! Pokalfinale in Berlin. Wahnsinn! Einatmen. Ganz langsam einatmen und dann genießen.
(21.02.12 – Christoff Strukamp – die-kirsche.com)