Ischeland.. Im Augenblick ist er in Kalifornien und bereitet sich auf seine Hochzeit vor. Doch im August wird Larry Gordon nach Hagen zurückkehren, bei Basketball-Bundesligist Phoenix hat er noch Vertrag. Vor seiner Abreise in die Heimat haben wir uns mit dem US-Flügelspieler unterhalten.

Wenige Reihen hinter uns fängt der Heuboden an. Die Eskalationsstufen sozusagen. Im positiven Sinne. Larry Gordon greift mit seinen riesigen Händen an das Geländer, das plötzlich wie ein Mikado-Stäbchen wirkt. So, als wenn er diese Zeit erstmal festhalten wolle. In diesem schnellen Geschäft Profi-Basketball hat der Kalifornier etwas, das so selten ist wie deutsche NBA-Spieler. Er hat einen Zwei-Jahres-Vertrag. Was er sich von den Verantwortlichen jetzt wünscht, warum sich Phoenix Hagen von seinem Slogan „Wir sind das Feuer“ auswärts zuletzt nur selten inspirieren ließ und der nächste wichtige Schritt in seinem Leben. Ein Tribünengespräch vor dem Sommerurlaub mit Larry Gordon.

Auswärts Rhythmus finden

Profi-Sportler können auch ganz anders. Manche schweben mit ihren Blicken vor lauter Arroganz an den Augen des Reporters vorbei oder hauen so viele Plattitüden raus, dass jedes Phrasenschwein sofort zu platzen drohen würde. Gordon ist anders. Höflich im Umgang. Er hält intensiv Blickkontakt. Er fragt im Gespräch nach der Meinung des Reporters. „Du siehst die Spiele doch auch. Was glaubst du, warum wir auswärts oft so schlecht gespielt haben?“, fragt er. Ehrlich gesagt glaube ich, dass diese Mannschaft mit ihrem Spielstil, der dich in viele Läufe, aber auch in quälende Durststrecken bringen kann, in vielen Momenten von der Hitze der Ischelandhalle lebt. „Defintiv gehört das dazu“, sagt Gordon, „wir müssen nächstes Jahr auch auswärts in unseren Rhythmus kommen, sonst kommen wir nicht voran.“

Am 12. Juli wird „LG“ vom Markt sein. Dann heiratet der Mann aus dem Sunshine-State in Palm Springs seine langjährige Freundin Desiree, mit der er schon zusammen aufs College ging. Desiree ist zufrieden über Gordons Entscheidung, von Österreich nach Hagen gewechselt zu sein. Auch wenn Hagen keine mondäne Prunk-Metropole ist. Das Leben hier ist größer. „Wir haben jede große Stadt von hier aus besucht. Außer München“, lobt Gordon die Möglichkeiten in Deutschland. In München stieg er immer nur aus dem Bus, verlor gegen den FC Bayern und kletterte dann wieder in den Bus zurück.

Es ist noch nicht so lange her, als er zum Telefon griff und Steven Wriedt anrief. „Ich habe ihm gesagt, dass ich der Typ bin, den sie hier in Hagen suchen.“ Nach seinem Engagement in Österreich war Gordon auf der Suche nach einer „Möglichkeit“, wie er sagt. Eine Möglichkeit, nach vorne zu kommen. Besser zu werden. Die Jahre zuvor waren für ihn individuell vielleicht sehr gut verlaufen, seine Teams allerdings rissen keine Bäume aus. Als Ingo Freyer damals aus dem Urlaub zurückkam, lud man Gordon zum Tryout ein. Der Rest ist die von Tausenden Basketballfans in dieser Stadt begleitete Entwicklung eines athletischen Kerls mit Stirnband zum Anführer eines Bundesligisten, der die Pünktchen für den Klassenerhalt nicht mehr mühsam zusammenkrampft, sondern bis kurz vor Ende theoretische Playoff-Chancen hat. „I’m proud“, sagt Gordon. Er sei stolz.

Auf der Tribüne saß neulich ein Mann neben mir, der gehört haben wollte, dass Svetislav Pesic sich bereits nach Gordon erkundigt hätte. „Die versilbern den“ hatte der Mann sich wissend gegeben. So wie es mal mit Zygimantas Jonusas gelaufen war. Oder mit Jared Jordan jüngst, der von Bonn nach Bamberg wechselte. „No, no“, sagt Larry Gordon, „macht euch mal keine Sorgen. Nach dem Sommer komme ich natürlich hier hin zurück. Und ich würde mir wünschen, dass wir dann einen Kern von Spielern zusammen haben, der schon ein paar Spiele miteinander gemacht hat.“ Fingerzeig an die Verantwortlichen. Bislang steht Gordon von den Top-Kräften offiziell nur David Bell für ein weiteres Jahr zu Seite. „Es wäre schön, wenn andere auch zurückkommen. Zum Beispiel Keith Ramsey, den brauchen wir und insgesamt mehr Größe“. Das Konzept in Hagen sei genau richtig. Man müsse daran festhalten, findet Gordon.

Lob für die Nachwuchsspieler

Die Wurfübungen von Sören Fritze unten auf dem Feld hallen in unser Gespräch hinein. „Sören hat es“, sagt Gordon, „der kann so einer wie Per Günther werden, der auch hier in Hagen angefangen hat.“ Nur dass sich das in dieser Saison nicht in allzu häufigen Einsätzen widergespiegelt hat. „Time is coming“. Fritzes Zeit kommt. „Die jungen Leute, die hier sind, haben das Zeug, hier zu etablierten Spielern zu werden. Niklas Geske hat das schon bewiesen. Ein smarter Typ mit Übersicht. Er kann hier zum festen deutschen Aufbauspieler werden. Und Fabian Blecks Entwicklung ist Wahnsinn.“

Seine eigene Entwicklung lässt die Hagener Basketballfans aber auch keine schlotterigen Beine bekommen. „Ja, das ist alles besser geworden. Ich schieße konstanter und ich verteidige besser. Ich hatte im letzten Sommer in Ruhe Zeit zu arbeiten, weil mein Vertrag für Hagen ja schon klar war.“ Er ist einer der Leitwölfe geworden im Team. Einer, der viel spielen muss. „Das sind viele Minuten auf dem Feld. Aber Ingo kennt mich. Und es gibt Spiele, da bin ich so im Tunnel, da brauche ich keine Pausen.“ Zuhause gegen Alba war so ein Spiel. „Die haben wir alle zusammen besiegt. Das Team und das Publikum.“ Alba-Killer. Gordon muss grinsen.

Im Profi-Sport wird gerne viel erzählt, wenn die Verträge lang sind. Es gibt Fußballer, die schon so viele Wappen auf Trikots geküsst haben, dass sie die Embleme bei „Wetten dass“ mit geschlossenen Augen und nur mit den Lippen unterscheiden könnten. Und es gibt US-Basketballer, die erzählen „Ich weiß, was ich dieser Stadt und diesem Club zu verdanken habe“ oder „hier zu spielen, ist etwas ganz Besonderes“ oder „dieser Club ist mein erster Ansprechpartner“. Meistens ist das Pustekuchen. Je mehr solcher Sätze fallen, desto näher rücken Abschiede.

Gordon lacht. Er kennt die Gesetze der Branche. Die Schnelllebigkeit. „Ja, andere Clubs schauen nach mir. Das ist ganz normal. Aber erstens: Ich wechsele nicht vorzeitig. Und zweitens: Wenn sich das hier so weiterentwickelt, warum sollte ich nicht noch mal hier unterschreiben?“ Und was ist mit dem nächsten Schritt? Mit besser werden? Mit dem nächsten Level, das Profi-Basketballer gerne bemühen. „Wenn ich das hier erreichen kann, gerne.“ Man würde ihn so gern beim Wort nehmen.

Er weiß seine Rolle zu schätzen

Hier in Hagen, und das blitzt während des Gesprächs immer wieder durch, weiß Gordon, was er hat. Große Spielanteile, eine mehr als tragende Rolle. Er ist der Leader, einer der Leitwölfe. „Ich habe hart dafür gearbeitet“, sagt Gordon, „und ich habe großen Spaß in dieser Halle zu spielen. Es ist sooo laut.“ Wir werden ihn wieder sehen nach dem Sommer. Mister Gordon, entspannen Sie sich.