Ulm. Nichts wie weg! Für Tim Ohlbrecht konnte es vor zwei Jahren nicht weit genug raus gehen aus Deutschland.

Nach einer durchwachsenen Saison bei den Skyliners Frankfurt schien die Karriere des einstmals größten deutschen Basketball-Talents seit Dirk Nowitzki endgültig in einer Sackgasse geendet, in der Bundesliga war der Center nicht mehr vermittelbar. "Deshalb habe ich für mich entschieden, etwas ganz Anderes zu machen und in die USA zu gehen", sagt Ohlbrecht der Nachrichtenagentur dpa. "Ich hatte das Gefühl, alle Leute kennen mich besser als ich mich selbst", meint der 26-Jährige. "Wenn sie einmal einen rausgepickt haben, dann schießen sie aus allen Löchern."

In den USA war Ohlbrecht dagegen ein Niemand. "Man fängt quasi bei Null an, das war anfangs schon sehr angenehm. Neue Fans, neue Gesichter, das hat mir schon sehr gut getan", sagt er. In der Knochenmühle D-League wagte der 2,10-Meter-Riese einen Neuanfang, von der Glitzerwelt NBA war er damit weit entfernt. "Der Unterschied ist echt unglaublich", berichtet Ohlbrecht, "ich sage es salopp mal so: Wenn du in der NBA im Fünf-Sterne-Hotel wohnst und Kaviar serviert bekommst, sitzt du in der D-League im Zwei-Sterne-Hotel und musst mit einer Scheibe Brot mit Butter überleben."

Doch Ohlbrecht nahm die Herausforderung an und wurde im Februar 2013 mit einem Profivertrag bei den Houston Rockets belohnt. "Der Moment, als mein Berater mir davon erzählt hat, dass die Rockets mich haben wollen, war sicher den schönste in den zwei Jahren USA." Dreimal kam er in der besten Basketball-Liga der Welt zum Einsatz, ehe die Rockets den Vertrag wieder auflösten. "Das kann mir trotzdem keiner nehmen, ich habe alles aufgesogen, wie ein Schwamm."

Bei den Philadelphia 76ers unterzeichnete Ohlbrecht danach erneut einen NBA-Kontrakt, doch kurz vor Saisonbeginn wurde auch dieser wieder beendet. Da die meisten Clubs in Europa ihre Planungen zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen hatten, kehrte Ohlbrecht noch einmal in die D-League zurück. Doch eigentlich reifte bereits zu dieser Zeit der Entschluss, die Zelte in den USA abzubrechen.

Für viele kam der Wechsel nach Ulm überraschend. Für Ohlbrecht war die Sache dagegen schnell klar. "Entscheidend war das Gespräch mit Trainer Thorsten Leibenath. Wir haben recht schnell zusammengefunden. Da war es dann wurscht, ob da noch ein Club aus Spanien oder Italien angerufen hätte", sagt der 84-malige Nationalspieler vor der Partie am Sonntag bei seinem Ex-Club Bamberg. "Tim gibt unserem Kader etwas, war wir bislang noch nicht hatten", begründet Leibenath die Verpflichtung.

Nach leichten Anlaufschwierigkeiten findet sich Ohlbrecht nun immer besser zurück, beim Derbysieg gegen Ludwigsburg glänzte er mit 27 Punkten. "Ich bin froh, wieder in Deutschland zu sein", sagt Ohlbrecht. "Ich glaube, es hat sich alles im positiven Sinne entwickelt. Es war der richtige Schritt, etwas Abstand von der Bundesliga zu nehmen, aber ich habe jetzt auch wieder ein gutes Gefühl, in Deutschland zu spielen.". Die zwei Jahre in den USA haben ihn geprägt. "Ich bin erwachsener geworden", sagt er.

Auch das Thema Nationalmannschaft hat er nicht abgehakt, obwohl Interims-Bundestrainer Emir Mutapcic ihn im vergangenen Sommer aus dem Kader strich. "Das ist abgehakt, da will ich nicht nachkarten", sagt der Center. "Natürlich würde ich mich freuen, wieder dabei zu sein. Es ist für jeden eine Ehre, sein Land zu vertreten." Über gute Leistungen in Ulm will er sich empfehlen, er ist überzeugt, dass sich alles zum Guten wendet. "Jetzt kann man sich wieder einen neuen Eindruck machen von Tim Ohlbrecht. Und ich hoffe, dass die Leute das auch tun."