Bonn/Essen. Basketball-Nationalspieler Dennis Schröder trägt in diesen Monaten erstmals das deutsche Trikot. Der NBA-Profi von den Atlanta Hawks ist Schlüsselspieler beim DBB. Und er ist erfolgshungrig. Im Interview spricht der Aufbauspieler über die Pleite gegen Polen, Dirk Nowitzki und seine Pläne für seine zweite Saison in den USA.

Dennis Schröder war enttäuscht. Sehr enttäuscht nach der so deutlichen, wie bitteren Niederlage gegen Polen im EM-Qualifikationsspiel am Mittwoch in Bonn. So enttäuscht, dass er sogar den Interview-Termin am Telefon nicht gleich wahrnehmen konnte. Einen Tag später ist der Frust zwar nicht gewichen, aber die Zuversicht, Österreich am Sonntag zu schlagen, ist groß. In Hagen treffen die deutschen Korbjäger auf unseren Nachbarn und wollen mit einem sicheren Sieg die Chancen auf die Europameisterschaft 2015 steigern - vielleicht, weil es ja sogar eine Heim-EM wird.

Herr Schröder, in der EM-Qualifikation kommt es zu einem Endspiel in Hagen. Wie wichtig ist es, dass Hagen eine Basketball-Hochburg ist?

Dennis Schröder: Es ist immer wichtig, dass wir Fans im Rücken zu haben. Ein Heimspiel mit voller Halle bedeutet uns sehr viel und das wird uns beim Finale gegen Österreich helfen.

Sie kennen die Halle aus Ihrer Zeit in Braunschweig.

Schröder: Ich habe einmal dort gespielt, als ich noch in der Basketball-Bundesliga war. Wir haben die Partie damals mit 20 oder sogar 30 Punkten Unterschied verloren – sicherlich auch, weil die Halle so laut war. Die Fans haben ihr Team richtig nach vorne gepeitscht und wenn das so am Sonntag auch bei uns läuft, wäre es perfekt für uns.

Dass es zu diesem Finale kommen wird, ist allerdings mehr als ärgerlich.

Schröder: Das war ein Schlag ins Gesicht von uns. Wir haben beim Essen viel geredet und versucht, die Niederlage gegen Polen aufzuarbeiten und zu analysieren, was da schief gelaufen ist.

Eigentlich sollte die deutsche Basketball-Nationalmannschaft mindestens auf Augenhöhe mit den Polen sein.

Schröder: Das Problem war, dass wir im ersten und dritten Viertel nicht so stark rauskamen. Es hatte weniger damit zu tun, dass wir den Ball nicht gepasst haben. Wir habe einfach keine Lösungen gefunden, für das Pick’n’Roll, das Polen gespielt hat. Es war einfach schwer für uns. Das Spacing war der Schlüssel, deshalb haben wir das Spiel verloren.

Sie waren am Mittwoch sehr niedergeschlagen nach der Pleite. Ist die Nationalmannschaft eine Ehrensache für Sie trotz vollem Terminplan in der NBA?

Schröder: Es ist ein Abenteuer für mich. Aber auch eine große Ehre. Der Coach vertraut mir und will mich als Leader hier haben. Zusammen mit Heiko Schaffartzik versuche ich, das auf dem Court umzusetzen.

Dabei profitieren Sie von Ihrer NBA-Erfahrung. Wo haben Sie bei sich am meisten Fortschritte nach einem Jahr in den Staaten festgestellt?

Schröder: Ich glaube, ich habe mich in allen Dingen Fortschritte gemacht. Ich denke professioneller, gebe mich auf dem Feld auch professioneller. Ich weiß um die Verantwortung meiner Position, des Point Guards, und versuche, das Team zu führen. Spielerisch versuche ich, meinem Team zu helfen und die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Auf was hoffen Sie denn in ihrem zweiten Jahr bei den Atlanta Hawks?

Schröder: Ich möchte mehr Spielanteile bekommen und möglichst jede Partie spielen. Ziel ist es, bei den Hawks Backup-Point Guard zu werden. Mit Atlanta möchte ich natürlich wieder eine erfolgreiche Saison spielen und in den Playoffs die zweite Runde erreichen.

Die NBA hat in der Free Agency ein bisschen verrückt gespielt. Viele begehrte Spieler haben die Teams gewechselt, es wurde viel diskutiert und geschrieben…

Schröder: Das hat für mich so eine große Rolle gespielt, weil ich mich auch voll und ganz auf die Nationalmannschaft konzentriert habe und vorher bei der Summer League war. Es gibt immer so viele Gerüchte in der NBA, da muss man immer abwarten, was wirklich passiert. Ich hatte da insgesamt nicht viel mit am Hut.

Haben Sie den Rückflug nach Atlanta schon gebucht?

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Schröder: Am 27. August haben wir das letzte Spiel mit der Nationalmannschaft und ich hoffe, wir schaffen das. Danach werde ich mir ein, zwei Wochen mit der Familie frei nehmen und dann geht es irgendwann wieder in die USA. Einen Flug habe ich noch nicht gebucht, aber ich freue mich jetzt schon sehr auf meine zweite Saison in der NBA.

Werden die Cleveland Cavaliers mit LeBron James in der kommenden Saison direkt Meister?

Schröder: Bei den Cavs kommt es sehr darauf an, wie schnell sich das Team findet. Sie haben sehr starke individuelle Spieler in ihren Reihen, aber das galt damals auch für die Miami Heat, die ein Jahr brauchten, um als Mannschaft zu funktionieren. Gelingt das Cleveland schneller, können die auf jeden Fall Meister werden. Es gibt so viele andere gute Teams.

Zum Beispiel die neuformierten Dallas Mavericks mit Dirk Nowitzki.

Schröder: Für Dirk hoffe ich es, dass die Mavs sehr weit kommen. Seine Karriere geht langsam auf ein Ende zu und deshalb wäre es für ihn eine gute Sache, noch mal die Playoffs zu erreichen und dort weit zu kommen.

Und wo landen die Hawks?

Schröder: Wir sind auch nicht so schlecht, das haben wir in der vergangenen Saison gezeigt und wollen das natürlich bestätigen. Al Horford ist jetzt wieder fit und es wird auf jeden Fall ein spannendes Jahr.