Ljubljana. Nach sechsjähriger Dominanz von Spanien wollen die europäischen Basketball-Mächte die Regentschaft der Iberer mit aller Macht beenden.

Trotz zahlreicher Absagen von Topstars geht der zweimalige Europameister nicht nur für den früheren Basketball- Bundestrainer Dirk Bauermann aber dennoch als «Titelfavorit Nummer Eins» in die EM in Slowenien.

Für das Team des neuen Coaches Juan Antonio Orenga zählt nur der dritte EM-Coup nacheinander - diese Serie gelang zuletzt Jugoslawien (1973 - 1977). «Wir werden gewinnen», betonte Spaniens Aufbau-Wirbelwind Ricky Rubio, obwohl neben Kapitän Juan Carlos Navarro in Pau Gasol, Serge Ibaka und Felipe Reyes gleich ein Trio unter dem Korb fehlt. «Keiner sagt, dass es uns nicht um die Goldmedaille geht. Das Nationalteam hat immer noch ein großartiges Niveau.»

Das bewies der Olympia-Zweite von 2012 auch in der Vorbereitung - als einziges Team blieben die Spanier in acht Partien ungeschlagen. Dabei gelang auch ein Last-Minute-Erfolg gegen Frankreich, das bereits vor zwei Jahren im Finale unterlegen gewesen war. «Es ist keine psychologische Sache», beschwor Frankreichs NBA-Star Nicolas Batum. «Sie könnten einen leichten Vorteil haben, aber sie wissen, dass wir trotzdem immer näher und näher kommen.»

Doch nicht nur die Franzosen machen sich Hoffnungen auf Medaillen in Slowenien - «es wird unheimlich eng und spannend», prophezeit Bauermann.

Eine Analyse der Top-Nationen Europas mit Einschätzungen des Erfolgscoaches, der mit Polen selbst bei der EM am Start ist:

SPANIEN: Trotz der prominenten Ausfälle hat kein Land der Welt außer den USA auf den Guard-Positionen eine derartige Qualität zu bieten. Der frühere Nachwuchstrainer Orenga bestreitet sein erstes großes Turnier als Chefcoach. Bauermann: «Sie haben eine unglaubliche Kreativität und Variabilität im Spiel, die kein anderer hat. Sie sind in der Defense nicht mehr so stark wie in der Vergangenheit, aber Titelfavorit Nummer Eins.»

FRANKREICH: Der EM-Silbermedaillengewinner von Litauen 2011 hat in Tony Parker von den San Antonio Spurs den aktuell besten europäischen Aufbauspieler im Team, muss aber ähnlich wie Spanien einige Absagen auf den großen Positionen verkraften. Bauermann: «Aufgrund ihrer Athletik und aggressiven Spielweise ganz unangenehm und sicher ein Medaillenanwärter.»

GRIECHENLAND: Der zweimalige Europameister will nach der verpassten Olympia-Qualifikation 2012 den Negativtrend stoppen. Bieten in Point Guard Vasilis Spanoulis den aktuell besten in Europa beschäftigten Profi auf. Bauermann: «Nicht mehr so verteidigungsstark wie sie es klassisch sind. Sehr, sehr abhängig von Spanoulis, stärker als in der Vergangenheit. Trotzdem noch ein Medaillenanwärter, keine Frage.»

TÜRKEI: Der WM-Zweite von 2010 stand sich bei der Titeljagd meist selbst im Weg. In Center Ömer Asik und den Flügelspielern Ersan Ilyasova und Hedo Türkoglu führt ein NBA-Trio das Team an. Bauermann: «Sie sind eine brutal physische Mannschaft, haben zwar etwas Probleme auf der Aufbauposition, aber alles andere ist vom Allerfeinsten. Man weiß nie so genau, ob sie in der Lage sind, die vielen unterschiedlichen Egos unter einen Hut zu bringen.»

LITAUEN: Das Viertelfinal-Aus bei der Heim-EM saß tief, die NBA-Talente Jonas Valančiūnas und Donatas Motiejunas haben zuletzt aber einen deutlichen Sprung nach vorne gemacht. Bauermann: «Sie sind im Aufbau zwar nicht so stark, aber was sie auf den großen Positionen haben, ist unglaublich. Sie sind auch Medaillenanwärter, das ist eine brutal-starke Truppe.»

SLOWENIEN: Wollen mit dem eigenen Publikum im Rücken die erste EM-Medaille, müssen aber auf Barcelonas Erazem Lorbek verzichten. Seit Deutschland vor 20 Jahren konnte kein Gastgeber mehr den Euro-Titel holen - dabei dürfte es bleiben. Bauermann: «Sie haben viele Absagen, sind aber trotzdem eine sehr gute Mannschaft. Man muss sehen, ob der Heimvorteil mehr Druck oder Motivation und Schub ist.»

SERBIEN: Wenige Tage vor EM-Start kam für den dominanten und eigenwilligen Aufbauspieler Milos Teodosic das Verletzungsaus, Trainerfuchs Dusan Ivkovic dürfte aber ein Plan B einfallen. Bauermann: «Sie spielen richtig als Team zusammen, mit ihnen ist auch zu rechnen. Auch ohne Teodosic, oder vielleicht gerade deshalb.»