Miami/Los Angeles. Amerikas Basketball-Fans huldigen dem neuen Helden des Dunkings: Blake Griffin von den Los Angeles Clippers. Der Muskelprotz aus Oklahoma stopft die Bälle wie kein anderer Spieler in der nordamerikanischen Basketballliga NBA.

Charles Barkley hat auf die Frage, was es mit der unmissverständlichsten Macho-Geste im Basketball auf sich hat, einmal gesagt: „Dunking ist Stärke. Du liegst in der Luft und grinst.“ Blake Griffin grinst nie. Wenn der 22 Jahre alte Angriffsstar der Los Angeles Clippers den Ball aus 3,75 Meter Höhe von oben in den Ring stopft, friert sein Mienenspiel nach der Landung unbarmherzig ein.

261 Dunks von Blake Griffin

Griffin ist, seit er 2009 als der begehrteste Nachwuchsspieler von der Universität in Oklahoma nach L.A. vermittelt („gedraftet“) wurde, sehr oft unbarmherzig. 261 Mal, häufig wie kaum ein anderer NBA-Novize, hat Griffin seither „gedunkt“. Seit der Basketballstiefelgröße 50-Träger beim All-Star-Game, dem Stelldichein der besten Korbjäger Amerikas, vor einem Jahr über ein geparktes Auto hüpfte, bevor er den Ball versenkte, wird der Hüne in einem Atemzug mit den schillerndsten Kollegen seines Fach genannt: Michael Jordan, „His Airness“ persönlich. Shawn Kemp, der mit den Windmühlenarmen. Oder Vince Carter, der sich als Zeichen seiner Übermacht gerne mal mit der Armbeuge am 3,05 Meter hohen Ring einhakte. Alles schön. Alles toll. Sorry, aber nichts gegen Griffin.

Blake Griffin bringt die Showtime zurück nach L.A. - allerdings zu den Clippers und nicht zu den Lakers.
Blake Griffin bringt die Showtime zurück nach L.A. - allerdings zu den Clippers und nicht zu den Lakers.

Am Montag hat sich der mit fünf Millionen Dollar pro Jahr vergleichsweise kommod dotierte, 2,08 Meter große und 114 Kilogramm schwere Muskelprotz nach Ansicht von Basketball-Experten selbst übertroffen und einen neuen Goldstandard gesetzt. Im Spiel gegen Oklahoma City Thunder übersprang der mit dem US-Team für Olympia in London nominierte Athlet seinen 2,09 Meter großen Gegenspieler Kendrick Perkins wie einen mickrigen Straßenpoller und hämmerte den Ball so brachial in den Korb, dass wenig später der Hasse-schon-gehört?-Dienst Twitter in die Knie ging. Etliche Übergrößen der NBA, voran Miami Heat-Ausnahme-Könner LeBron James, huldigten dem Moment, als sei ihnen der Basketball-Gott persönlich erschienen. Eine besondere Geste, schließlich hatte James einen Tag zuvor John Lucas von den Chicago Bulls auf ähnlich demütigende Weise als Hürdenstange benutzt und minutenlange Aaaahs und Oooohs auf der Tribüne provoziert.

Blake Griffin ist ein Segen für die NBA

Griffins Akt war eine Spur fantastischer. Alle Fernsehsender bringen die Szene seither täglich dutzendfach in Zeitlupe. Auf Youtube erreicht das Video millionenfache Aufrufe. Biomechaniker haben Absprunggeschwindigkeit und Armwinkel vermessen und millimetergenau mit einer Situation aus dem vergangenen Jahr verglichen. Im Spiel gegen die New York Knicks hatte Griffin seinerzeit fünf grausame Dunks gelandet und dabei den gegnerischen Center Timofey Mozgov (2,16 Meter) als Trittleiter missbraucht; „to mozgov somebody“ ist seither eine neue Redewendung in Basketballkreisen. Für die nach Aussperrung, Streik und Querelen verspätet gestartete NBA, die sportlich allen Statistiken nach zu urteilen bisher insgesamt eher Unterdurchschnitt liefert, ist Griffin ein Glücksfall. Und für Los Angeles ein Segen.

Die einzige Stadt mit zwei Profi-Teams in der Liga beobachtet seither noch genauer, wie der früher ungleiche Zweikampf zwischen den strahlenden Lakers und den einst graumäusigen Clippers im Staples Center diesmal ausgehen wird. Im Moment sind Griffin und die Truppe um seine exzellenten Mitspieler Chris Paul und Chauncey Billups das beste Team der Western Conference/Pacific Division; sogar mit Chancen auf die Play-Offs. Damit die Saison noch möglichst lange dauert, hält Griffin den Ball flach. Artig bedankte er sich im Interview nach seiner Heldentat für den Pass seines Mitspielers Paul. Griffin ist kein exaltierter Lautsprecher.

In der Fernsehwerbung für einen asiatischen Autokonzern wirkt er sympathisch unbeholfen und deplatziert. Seine Eltern, sagte er neulich in einem Interview, sorgen für die nötige Erdung im Show-Biz NBA. Papa Griffin war sein erster Trainer. Blake Griffin weiß, wie schnell das Scheinwerferlicht erlischt. Kurz vor Beginn der Saison 2009/2010 brach er sich die Kniescheibe und fiel komplett aus. Die Reha war mühsam. Aber lohnend. Gegnerische Trainer geben mittlerweile eine einvernehmliche Anweisung an ihre Abwehrreihen aus: „Ihr müsst immer wissen, wo Blake im Angriff steht. Findet ihr ihn nicht rechtzeitig, seid ihr abends im Fernsehen." Als Trittleiter.