Essen. . Tibor Pleiß ist Deutschlands größtes Basketball-Talent. Die Rechte an dem 21-Jährigen gehören längst einem NBA-Team.

Für Tibor Pleiß ist der 24. Juni 2010 einer jener Tage, die sich unauslöschlich ins Gedächtnis einbrennen. An diesem Tag sitzt er in New York, im altehrwürdigen Madison Square Garden. Deutschlands größtes Basketball-Talent steht vor dem Sprung in die NBA, in die beste Liga der Welt. Wenn denn an diesem Abend sein Name aufgerufen wird.

„Ich war extrem nervös beim Draft. Jemand hatte mir vorher gesagt, dass 40 Millionen Amerikaner vor den Fernsehern dabei sind“, erzählt der 21-Jährige, der in dieser Woche zum besten deutschen Nachwuchsspieler gewählt wurde. Und dann sei die Klimaanlage im Madison Square Garden auch noch auf Hochtouren gelaufen. Es sei kalt gewesen. „Ich habe die ganze Zeit gesessen und nur gedacht: Hoffentlich fällst Du gleich nicht um, wenn Du aufgerufen wirst“, erinnert sich Pleiß lachend. Doch als sein Name genannt wird, „war alles gar nicht so schlimm. Ich habe in die Kameras gelächelt, das war’s dann auch schon.“ An Nummer 31 wird er von den New Jersey Nets gewählt und gleich nach Atlanta weitergereicht. Die schließlich geben Tibor Pleiß an Oklahoma City ab. Für drei Jahre gehören die Rechte an Pleiß nun dem Team um Superstar Kevin Durant.

Der gebürtige Bergisch-Gladbacher, der in der Bundesliga für die Brose Baskets Bamberg spielt, wandelt damit auf den Spuren von Dirk Nowitzki, der nun schon seit 13 Jahren in den USA sein Geld verdient und mittlerweile zu den ganz Großen in der NBA gehört. Auch Nowitzki war erst 20 Jahre alt, als er in die amerikanische Profiliga wechselte. Allerdings hören da die Gemeinsamkeiten der beiden schon auf. Nowitzki wurde an Position neun gewählt, Pleiß an 31. Nowitzki wechselte sofort aus der zweiten Bundesliga nach Dallas. Pleiß wird noch mindestens ein Jahr in Deutschland spielen. Denn in den USA droht ein Lockout, der Ausfall der Saison, weil sich Teambesitzer und Spielergewerkschaft nicht über neue Regeln für die Gehaltsobergrenze einigen können. „Wenn ich also jetzt schon den Schritt machen würde, bringt das weder mir noch Oklahoma etwas“, weiß Pleiß. „Die wollen ja auch, dass ich mich weiter entwickele. Das kann ich aber nur, wenn ich spiele und trainiere.“

Und das ist nötig. Zwar agiert der 21-jährige Center für sein Alter schon sehr routiniert. Er trifft auf dem Feld gute Entscheidungen und ist seit seinem Bundesliga-Debüt 2007 vielseitiger geworden. Pleiß hat ein gutes Spielverständnis, stellt gute Blocks für seine Mitspieler und verfügt für einen Spieler seiner Größe über einen sehr sicheren Wurf aus der Mitteldistanz. Auch den ein oder anderen Dreier trifft er. Allerdings fehlt ihm noch die Körpermasse und die Kraft, um sich auch direkt unter dem Korb öfter entscheidend durchzusetzen. Bei 2,16 Meter Körpergröße wiegt er „nur“ gut 110 Kilo – zum Vergleich: US-Center-Legende Shaquille O’Neal bringt bei gleicher Größe gut 35 Kilo mehr auf die Waage. Geht es in der Bundesliga gegen physisch starke Gegenspieler, etwa Bonns Jacob Jaacks, tut sich Pleiß schwer.

Ob er sich die fehlende Physis in Deutschland oder im Ausland holen wird, darüber macht sich der 21-Jährige aber noch keine Gedanken. „Jetzt stehen erst einmal die Play-offs an. Wir wollen unseren Titel verteidigen und deshalb gilt meine volle Konzentration den Brose Baskets. Alles andere kommt später.“

Bei aller Konzentration auf die Bundesliga: Im Hinterkopf denkt Tibor Pleiß auch schon an die EM im September in Litauen. Erstmals könnte er da auf die beiden NBA-Stars Dirk Nowitzki und Chris Kaman treffen. „Es wäre schon super, mit den beiden zu trainieren und zu spielen. Vor allem von Chris kann ich eine ganze Menge lernen, schließlich spielt er auf der gleichen Position wie ich.“ Die Chancen dafür stehen allerdings nicht gut. Kaman ist derzeit mal wieder verletzt, die Teilnahme an der EM steht in den Sternen. Und auch Dirk Nowitzki hat noch nicht endgültig zugesagt.