Istanbul. . Beim 84:81 über Frankreich glänzen die deutschen Basketballer als Mannschaft. Der Lohn: das erste EM-Viertelfinale seit zehn Jahren. Gegner ist dort Spanien.
Es gab eine Szene aus dem Abschlusstraining vor dem Achtelfinale gegen Frankreich, die die Rollenverteilung bei den deutschen Basketballern deutlich demonstrierte. Dennis Schröder saß in der Kabine, Journalisten befragten den Star aus der nordamerikanischen Profiliga NBA. Lucca Staiger, ein weiterer Nationalspieler, stand etwas abseits und fragte schelmisch grinsend: „Wollt ihr auch noch einen Kommentar von mir?“ Nein, den wollte keiner, während der Anführer sprach. Schröder ist eben der Star.
Beim überraschenden 84:81 (34:40)-Sieg im Achtelfinale gegen Frankreich offenbarte sich am Samstag jedoch einmal mehr, dass der 23 Jahre alte NBA-Star zwar die schillerndste Figur abseits des Feldes und der wichtigste Akteur auf dem Platz sein mag, dass aber auch er allein keine Spiele gewinnen kann. Diesmal sorgten auch andere dafür, dass Deutschland nach zehn Jahren wieder im Viertelfinale der Europameisterschaft steht und dort am Dienstag auf Spanien treffen wird.
Grund für den Erfolg waren auch die Ersatzspieler
Grund für diesen Erfolg waren auch die Ersatzspieler, die bisher nur wenig, enttäuschend oder zu inkonstant spielten. Spieler wie Lucca Staiger. „Ich bin wirklich stolz auf die Art und Weise, wie die Jungs spielen. Sie glauben immer an sich. Das ist unsere große Stärke”, sagte Bundestrainer Chris Fleming nach der Partie, in der sich wie selten zuvor im Turnier gezeigt hatte, dass seine Teamzusammensetzung gut durchdacht ist.
Dennis Schröder war anfangs fast unsichtbar. Thomas Heurtel, Antoine Diot und Nando de Colo ließen den deutschen Star nicht zur Entfaltung kommen. Und selbst wenn er sich einmal losreißen konnte, wollten die Würfe einfach nicht fallen. Bis zur 18. Minute blieb Schröder, in der Vorrunde zweitbester Punktesammler des Turniers, ohne Zähler.
Es hätte ein Debakel geben können, wenn nicht jene nach vorne getreten wären, die sonst im Schatten der Leistungsträger Schröder, Daniel Theis und Johannes Voigt-mann stehen. Staiger vom Deutschen Meister Brose Bamberg, in den fünf Vorrundenspielen mit nur fünf Punkten und vielen Fehlversuchen aufgefallen, versenkte diesmal seine Drei-Punkte-Würfe und kam am Ende auf zehn Zähler. Danilo Barthel, als Leistungsträger des FC Bayern München bisher bei der EM nicht immer überzeugend, sorgte mit einem krachenden Dunking für ein Ausrufezeichen. Und auch der oft unscheinbare Johannes Thiemann von den Riesen Ludwigsburg sammelte in der kritischen Phase Rebounds und sechs Zähler. Schadensbegrenzung zur Halbzeitpause. Und die Grundlage, um das Spiel zu wenden.
Zuerst den Mitspieler suchen
Genau darin liegt die Stärke dieses deutschen Teams: Während die Franzosen eine Auswahl von tollen Einzelakteuren stellten, spielten die individuell limitierten Deutschen wesentlich teamorientierter. Selbst Schröder, bei der EM 2015 noch für seine eigensinnige Spielweise kritisiert, sucht stets zuerst seine Mitspielern. Und einer sticht immer hervor. In der Vorrunde war es Kapitän Robin Benzing gegen die Ukraine, Center Johannes Voigtmann gegen Italien. Oder Jungspund Isaiah Hartenstein (19) gegen Georgien. „Dennis punktet viel. Das ist unser Konzept, dass er viel kreiert“, erläuterte Voigtmann. „Und dann kommt derjenige, der einen guten Tag hat.”
Theis spielt sich in einen Rausch
Gegen Frankreich war das Daniel Theis. Der künftige Spieler des NBA-Klubs Boston Celtics hatte bisher eine solide, aber keineswegs überragende EM erlebt. Doch in der zweiten Halbzeit spielte sich der 25-Jährige in einen Rausch. Er versenkte Drei-Punkte-Würfe und Dunkings. 22 Punkte bedeuteten einen Bestwert im Nationaldress. Schröder kam auf 21 Zähler und war zufrieden: „Weil ich der Anführer bin, schauen alle auf mich. Aber das war eine Teamleistung. Und das macht mich auch als Anführer stolz.“ Ein weiterer Spieler soll nicht unerwähnt bleiben: „Keiner hätte gedacht, dass wir Frankreich besiegen. In so einem Turnier geht alles.” Sagte: Lucca Staiger.