Berlin.
Nur eine Trophäe fehlte: Völlig entrückt hüpften die Basketballer von ALBA Berlin über das Parkett und feierten ihren Überraschungscoup über NBA-Meister San Antonio Spurs wie einen Titel. Als sich der geschlagene fünfmalige Champion schon wieder auf den Weg zum Teambus gemacht hatte, saßen Coach Sasa Obradovic und Siegschütze Jamel McLean immer noch ungläubig in den Katakomben der Halle. „Es war mit Abstand der beste Wurf meines Lebens, ich hatte noch nie so ein Gefühl. Ich habe ein Gebet losgeschickt und es wurde beantwortet“, schwärmte der US-Profi. „Es bedeutet viel, wenn man sagen kann, dass man den World Champ geschlagen hat.“
Mit der Schlusssirene traf der Neuzugang aus dem Laufen einen wilden Versuch zum 94:93 und machte nach einer couragierten Leistung den ersten Sieg einer deutschen Mannschaft über eine NBA-Mannschaft perfekt. Der sonst keinesfalls zu überbordender Euphorie neigende Obradovic stellte den Erfolg im Duell mit Erfolgscoach Gregg Popovich sogar in eine Reihe mit den Meisterschaften und Pokalgewinnen seiner Karriere. „Ich werde das mit Sicherheit in meinen Lebenslauf aufnehmen“, betonte der stolze Serbe. „Es gibt viele Titel, aber das wird sicher eine Zeile werden. Das ist wahrscheinlich einer der größten Siege einer europäischen Mannschaft überhaupt.“
Flügelspieler Alex King regte in der ersten Euphorie ein NBA-Champion-Besieger-Shirt an - allzu lange konnten die Berliner das Hochgefühl allerdings nicht auskosten. Schon am Donnerstag stand die Reise zur Ligapartie bei den Telekom Baskets Bonn an. „Wir dürfen es genießen, aber nur ein bisschen, uns erwarten schwere Spiele“, betonte Obradovic. Nach dem perfekten Saisonstart in der Liga und dem Sieg im Champions Cup über den FC Bayern gibt es nun in Bonn, gegen Ulm und beim Euroleague-Auftakt gegen ZSKA Moskau eine harte Woche.
Den Spurs bleibt hingegen noch ein halber Monat Zeit zur Vorbereitung auf den Saisonstart gegen die Dallas Mavericks und Dirk Nowitzki, was Popovich jedoch nicht als Argument für ihre erste Pleite gegen ein internationales Team geltenlassen wollte. „Nehmt ALBA nichts weg, wir haben wirklich versucht, zu gewinnen. ALBA hat uns in den Hintern getreten, sie haben einen großartigen Job gemacht“, gratulierte der 65-Jährige.
Dass der überragende Tony Parker (34 Minuten) oder Altstar Tim Duncan (38) länger als in vielen Pflichtspielen auf dem Feld standen, bewies, wie ernst die Texaner das Testduell nahmen. Auch Popovich wütete wild an der Seitenlinie, hatte aber vor dem Weiterflug zum nächsten Werbestopp in Istanbul seine Fassung wiedergefunden. „Danke für einen wundervollen Aufenthalt“, erklärte er - und verwies als guter Gast nach der sportlichen Enttäuschung auf die touristischen Höhepunkte: „Meine Spieler haben eine Menge tolle Sachen gesehen, das Essen und der Wein waren großartig.“