Dortmund. .
Für Neuankömmlinge bei Borussia Dortmund muss es ein unglaubliches Erlebnis sein, wenn sie erstmals vor der Südtribüne stehen und von der Gelben Wand stürmisch gefeiert werden. Shinji Kagawa hat dies in den beiden Meisterjahren oft erlebt, dennoch wirkte der Japaner am Samstag nach dem 3:1-Sieg des Fußball-Bundesligisten über den SC Freiburg wie ein kleines Kind, das erstmals den geschmückten Weihnachtsbaum erblickt, als er in Badelatschen genau an jenem Ort vor den Fans stand. Während diese seinen Namen sangen, verneigte sich der 25-Jährige vor den Treuesten der BVB-Treuen, sichtlich ergriffen von der emotionalen Energie. Die Botschaft dieser Momentaufnahme: Hier ist ein kurzzeitig Verirrter nach Hause gekommen, und niemand ist glücklicher darüber als er selbst.
Zentral in der Dreierkette
Eine halbe Stunde später verlieh Kagawa dieser Geste auch Worte, als er samt Dolmetscher in den Bereich des Stadions kam, in dem Reporter speziell nach seinen Sätzen gierten. Zwar erwähnten auch alle anderen BVB-Akteure, wie froh sie Shinjis Rückkehr stimmte, aber wichtig schien nur zu erfahren, wie der Mann des Tages seine Rückkehr erlebte. Überglücklich sei er, „wieder in diesem Stadion spielen zu können. Als die Südtribüne meinen Namen gerufen hat, war das ein unbeschreibliches Gefühl.“ Das auch länger anhielt als die 64 Minuten, ehe er krampfgeplagt vom Platz ging: Schon beim Warmspielen auf dem Dortmunder Grün wurde er begeistert begrüßt. „Heute hatte ich ständig Gänsehaut“, gestand der Heimkehrer.
So mag es auch seinem Trainer Jürgen Klopp ergangen sein. Er hatte für den späten Transfer-Coup das Spielsystem auf eine Dreierkette hinter einer Spitze umgestellt, damit sich Kagawa auf seiner geliebten Spielmacherposition so normal wie möglich fühlen konnte. Tatsächlich wirkte es von Beginn an so, als wäre Kagawa nie weg gewesen. Als hätte er nicht zwei Jahre lang vergeblich versucht, sich in der Premier League durchzusetzen. Und bei Manchester United vermutlich deshalb gescheitert ist, weil er dort nie das Vertrauen spürte, das ihm Klopp entgegenbringt, weil er wenn dann auf Positionen spielte, auf denen er seine Fähigkeiten nicht voll entfalten kann.
Krämpfe nach 8,4 Kilometern
Anders in Dortmund: Mit einem „herausragend guten Pass“ (Klopp) in die Tiefe auf Kevin Großkreutz bereitete er das 1:0 durch Adrian Ramos (34.) vor, dann machte Kagawa mit seinem Tor zum 2:0 (41.) den Tag vollkommen. Pierre-Emerick Aubameyang (78.) legte das 3:0 nach, Oliver Sorg traf in der 90. Minute zum Endstand Dass Kagawa nach 8,4 Kilometern in gut einer Stunde dann erschöpft vom Platz musste, bescherte ihm den verdienten Zusatzapplaus der Fans. Aber diesmal sei er „noch nicht ganz so weit gewesen“, über die volle Spielzeit zu gehen.
Dass man all dies nicht überbewerten darf gegen schwache Freiburger, weiß auch Jürgen Klopp. Kagawa muss körperlich noch zulegen, eine bessere Abstimmung mit seinen Nebenleuten finden. Mit dem Japaner verfügt die Borussia nun aber über ein zusätzliches spielerisches Element – trotz hochveranlagter Individualisten wie Henrikh Mkhitaryan oder Marco Reus. Die blitzartigen Konter nach Ballgewinnen bleiben Borussias stärkste Waffe, doch auch gegen tief stehende Gegner wie diese überforderten Breisgauer ist Kagawa als verlässliche Anspielstation und Ballverteiler eine Verstärkung.
Im Champions-League-Spiel am kommenden Dienstagabend gegen den FC Arsenal hat Shinji Kagawa die Möglichkeit, solche fußballerisch imposanten Bilder von sich mit einem schönen Gruß zurück auf die Insel zu schicken. „Die zwei Jahre in England waren nicht umsonst, ich habe daraus gelernt. Wo ich jetzt zurück bin, möchte ich aber einen neuen Kagawa zeigen.“ Wenn wieder alle Spieler beim BVB gesund sind und richtig eingespielt sind, findet er, „sind wir eine Macht.“ So etwas sagt kein herkömmlicher Neuling.