Essen. . wei Jahre nach dem Olympiasieg in London muss mit Julius Brink auch der zweite Gold-Beachvolleyballer aufhören. Ein Gespräch mit dem 32-Jährigen übers Abtrainieren, die schwierige Entscheidung zum Karriereende und den Vergleich mit Boris Becker.

Zehn Millionen Deutsche saßen im August 2012 gebannt vor den Fernsehern: Im Sand von London baggerten und schmetterten sich Julius Brink und Jonas Reckermann zu Olympia-Gold. Der Gipfel – mehr ist im Beachvolleyball nicht zu holen. Knapp zwei Jahre später ist das Gold-Duo endgültig Geschichte. Erst musste Reckermann seine Laufbahn verletzungsbedingt beenden, nun hat auch Julius Brink akzeptieren müssen, dass sein Körper nach mehreren Verletzungen Leistungssport einfach nicht mehr zulässt.

Müssen wir Angst haben, dass die Feldjäger gleich durch die Tür stürmen und den Sportsoldaten Julius Brink abholen, um ihn in die Kaserne zu bringen?

Nein, müssen wir nicht. Wir Sportsoldaten sind zwar in Bundeswehrstrukturen eingebettet, haben unsere Trainingsmittelpunkte aber in verschiedenen Städten. Ich bin derzeit in der Phase des Abtrainierens und ab November für mein Studium des Sportbusiness-Managements freigestellt.

Was genau ist „Abtrainieren“?

Die Belastungen, die man als Leistungssportler hat, systematisch herunterfahren. Das ist ein längerer Prozess. Aus medizinischer Sicht ist es schlau, sich weiterhin sportlich zu betätigen. Wie sehr der Kopf mitmacht, werde ich jetzt sehen.

Zwölf Jahre lang haben Sie Beachvolleyball auf höchstem Niveau gespielt. Was bleibt in so einer langen Zeit auf der Strecke?

Einiges. Ich stand zum Beispiel noch nie auf Skiern. Viele Sommerurlaube, die andere Leute machen, habe ich nicht gemacht. Wir sind zwar im Sommer viel in der Sonne gewesen und ich habe sicher mehr Sonnencreme benutzt als jeder Urlauber, aber das hatte immer einen beruflichen Zweck. Auch viele Freundschaften muss man entbehren, Einladungen an Wochenenden konnte ich oft nicht wahrnehmen.

Wenn Sie jetzt ein Spiel als Zuschauer verfolgen, kribbelt es dann doch noch in den Fingern?

Ich hatte auch ein bisschen Bammel vor der Situation. Aber ich kam ganz gut damit klar. Körperlich hatte ich keine andere Wahl. Rein emotional ist das natürlich schade.

Wie gelangt man zu der Entscheidung, die Karriere zu beenden?

Das sind viele kleine Etappen. Ich hatte lange die Hoffnung, dass ich meine Schmerzen im Oberschenkel durch eine Operation in den Griff bekommen würde. Aber in der Rehaphase danach gab es Belastungstests und die brachten leider sehr negative Ergebnisse. Das war schon sehr frustrierend.

Auch Ihr Partner Jonas Reckermann musste seine Karriere wegen gesundheitlicher Probleme beenden. Wie gesund ist Beachvolleyball?

In Maßen ist ja jeder Sport gesund. Aber in der Art, wie wir unsere Körper täglich Belastungen ausgesetzt haben, kann man natürlich infrage stellen, ob das alles so gesund war. Denn dass da Verschleiß dabei ist, konnte man auf dem ein oder anderen Bild von mir dann doch sehen.

Weltmeister, Europameister, fünfmal Deutscher Meister, der Olympiasieg als Krönung. Warum sind Sie nicht auf dem Höhepunkt abgetreten?

Mit der Goldmedaille ist ein Wunder passiert, wenn man die Probleme sieht, die wir damals im Team hatten. Jonas war verletzt, unsere Position gegenüber anderen Teams im World Ranking war nicht gut, denn wir hatten nur vier Turniere gespielt in der Saison. In vielen Prozessen, die in London dazu führten, dass wir die Goldmedaille gewinnen konnten, war ich noch nicht ausgereift. Ich habe mich als Spieler noch nicht „fertig“ gesehen, wollte noch viele Dinge erreichen und mich auch noch einmal mit einem neuen Partner sehen.

Man hat den jungen Julius Brink einmal mit dem jungen Boris Becker verglichen.

Ich habe großen Respekt vor Boris Beckers Tenniskarriere. Ich habe nie ein Blatt vor den Mund genommen und bin oft über das Ziel hinausgeschossen. Aber auch die, die über das Ziel hinausschießen, kommen im Ziel an.

Sie haben einmal einem Schiedsrichter angedroht, seine Karriere zu zerstören.

Der Schiedsrichter, dem ich das angedroht habe, hat später unser Olympia-Finale gepfiffen. Wir haben uns ausgesprochen und ich habe mich entschuldigt. Ich werde ihn demnächst auch im Urlaub in Portugal treffen. Eigentlich mochte ich ihn immer, aber in der Situation bin ich völlig ausgerastet.

Sie engagieren sich in einer Stiftung, die sich für Bildungsprojekte auf den Philippinen einsetzt.

Das ist eine Lebenseinstellung. Wenn es einem selbst gut geht, dann sollte man helfen.