Mulhouse. .

Tony Martin hat das Stillhalteabkommen der Tour-Favoriten für einen fulminanten Überraschungscoup genutzt. Der dreimalige Zeitfahr-Weltmeister startete auf der zweiten Vogesen-Etappe von Gérardmer nach Mulhouse eine denkwürdige Attacke, die er unweit der Heimat nach 170 Kilometern als umjubelter Solosieger abschloss. Er war der große Alleinunterhalter der neunten Etappe der 101. Tour de France und 155 Kilometer allein unterwegs.

Damit schraubte der 29 Jahre alte Wahlschweizer die Zahl der Erfolge deutscher Radprofis bei der Frankreich-Rundfahrt auf fünf Tagessiege.

Vor ihm hatten bereits die Sprinter Marcel Kittel (drei), der am zweiten Tag auch das Gelbe Trikot getragen hatte, und André Greipel Etappensiege herausgefahren. Als schöne Beigabe konnte sich Martin am Sonntag zum ersten Mal in seiner Karriere auch das Bergtrikot überstreifen.

Zuletzt hatte Martin, der seinen insgesamt dritten Tour-Etappensieg feierte, bei der Tour de Suisse unerwartet starke Kletter-Qualitäten gezeigt. Am Sonntag waren sechs Anstiege der ersten bis dritten Kategorie zu meistern. Allerdings war die Anfahrt zum Ziel eben.

Eine solche Alleinfahrt war Martin bisher nicht geglückt. Seinen italienischen Begleiter Alessandro de Marchi, mit dem er die Attacke 15 Kilometer nach Gérardmer gestartet hatte, schüttelte er 59 Kilometer vor dem Ziel ab.

Am Samstag hatte Belil Kadri vor Alberto Contador und Vincenzo Nibali für den ersten diesjährigen Tagessieg eines Franzosen gesorgt. Im Kampf um den Gesamtsieg hatte Nibali die ersten Attacken seines Herausforderers Contador am Wochenende bei ansteigendem Streckenprofil pariert. Der Italiener verlor sein Gelbes Trikot aber an den Franzosen Tony Gallopin. Der Verlust der Gesamtführung schmerzte Nibali zu diesem frühen Tour-Zeitpunkt nicht sehr, denn sein Hauptkonkurrent heißt Contador.

Magere drei Sekunden hatte sich der Spanier bei seiner Aufholjagd bei der Tour gegen den „Hai von Messina“ gutschreiben können. Am Sonntag bei der Fahrt durchs Elsass taten sich die beiden Anwärter auf die Nachfolge des bereits ausgestiegenen Vorjahressiegers Chris Froome nicht weh. Sie erreichten das Ziel 40 Kilometer nach der letzten Steigung zusammen im Hauptfeld.

Schwere Berg-Etappe am Montag

Am Vortag in Gérardmer hatte sich der zweimalige Toursieger Contador bei strömendem Regen den Mini-Vorsprung herausgefahren. Drei Sekunden waren vielleicht gut für das Selbstvertrauen, im Klassement hatten sie kaum Wirkung. Der Kapitän der von Olympiasieger Alexander Winokurow geführten Astana-Mannschaft liegt vor der schwersten der drei Vogesen-Etappen am Montag mit 2:34 Minuten vor Contador. „Der muss jetzt laufend attackieren“, lautete der Rat des fünffachen Toursiegers Bernard Hinault an Contador.

Contador rechnet sich für die Etappe am französischen Nationalfeiertag mehr aus. Der superschwere Vogesen-Abschnitt hat sechs Bergwertungen im Programm und endet nach einer 20-prozentigen Steigung.