Essen. Eine Nation steht unter Schock: Nach dem historischen 1:7-Debakel Brasiliens im WM-Halbfinale gegen Deutschland haben wir den Beitrag einen brasilianischen Kolumnisten vom Portugiesischen ins Deutsche übersetzen lassen. Eine Abrechnung mit der “Seleção“.
Luiz Zanin, Journalist, schreibt ein WM-Tagebuch für die Estadão, Brasiliens ältester Tageszeitung in São Paulo. Wir haben seinen Beitrag zum desaströsen brasilianischen WM-Aus (hier geht es zum Original) übersetzt:
Dass Deutschland ein überragendes Team ist, haben nicht einmal die Fanatischsten unter den brasilianischen Anhängern geleugnet. Aber dass Brasilien von Deutschland derart zertrümmert werden würde, konnten selbst die Pessimistischsten nicht ahnen. Fakt ist, dass die brasilianische Mannschaft einfach nicht gespielt hat. Sie hat Deutschland beim Spielen zugesehen. Nachdem sie sich das erste Tor eingefangen hatten, gerieten sie in eine Todesspirale. Sie brachen zusammen und ließen ein Tor nach dem anderen herein. Es sah aus wie ein Trainingsspiel. Man kann zwar sagen, dass das deutsche Team sehr gut gespielt hat, aber die Wahrheit ist, dass es auf der anderen Seite auch keinerlei Reaktionen gab.
Eine Sache zu verlieren ist schließlich normal, wenn auch schmerzhaft. Aber auf diese Weise zu verlieren, ist völlig inakzeptabel. Ich möchte niemanden kreuzigen, aber diese Spieler haben ein Trikot mit fünf Sternen beschmutzt. Fünf Weltmeistertitel sind auf diesem Trikot, das selbst nach dieser Schande immer noch zu dem größten Weltmeister, der in jedem Turnier gespielt hat, gehört. Mit all diesen Titeln ist diese Nationalmannschaft nun verantwortlich für den Tiefpunkt in der brasilianischen Fußballgeschichte. Dabei bringt es nichts, nach einzelnen Bösewichten wie Fred oder wem auch immer zu suchen. Diese Katastrophe war eine kollektive und muss auch als solche betrachtet werden.
Nach dieser kollektiven Katastrophe wäre der sofortige Rücktritt des gesamten Trainerstabs die einzig anständige Reaktion. Jene Spieler, die die heilige Robe beschmutzt haben und beschämt tragen, sollten nicht zurückkehren. Schade ist dies für die jüngere Generation, die diesen Schiffbruch erleiden musste. Sie haben die glorreichen Momente der Seleção nicht miterlebt und werden das Fiasko für immer in Erinnerung behalten. Die Maracanazo-Generation von 1950 ist dagegen nichts. Wir werden noch oft darüber reden und nachdenken müssen, bis wir diesen Ärger verdaut haben werden. Es ist unvorstellbar, dass Brasilien bereits nach 29 Minuten mit 5:0 verprügelt wurde. So etwas hat es nie gegeben. Erst echt nicht im eigenen Land.
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Wäre man optimistisch, könnte man denken, dass eine Tragödie dieses Ausmaßes Anlass wäre, um den brasilianisches Fußball zu optimieren, angefangen bei der Rolle des CBF. Aber die Entschuldigungen uns Ausreden sind vorprogrammiert. Nichts wird passieren. „Unsere“ Spieler werden in ihre europäischen Häuser zu ihren Millionen-Clubs zurückkehren . Wir werden die selben schwammigen Kommentare hören wie immer. Von Felipão, Parreira, Marin, Del Nero, das Gerede von Pech und das Fußball eben so ist und wir werden uns davon täuschen lassen.
Diese Seleção hat die glorreiche Geschichte des brasilianischen Fußballs in den Dreck gezogen. Ein Fußball, der bekannt war für seinen außergewöhnlichen Stil, seine Kreativität und seine Phantasie. Diese Tradition hat es nicht verdient, beschmutzt zu werden.
Sollen wir nun weinen? Dieses Team hat keine einzige Träne verdient. Wir weinen nur für uns.