London.

Dreimal findet sich Boris Becker unter all den schillernden Persönlichkeiten der Wimbledon-Sieger, gleich siebenmal Steffi Graf. An all die Jahre erinnert unter den Zuschauerrängen des Centre Courts eine Ahnengalerie. Einmal hängen dort die Bilder von Graf und Becker direkt nebeneinander: Becker, wie er die Henkeltrophäe in beiden Händen trägt, Graf mit der Schale und einem bunten Blumenstrauß.

Diese Stelle in der langen Galerie bildet einen der größten Momente im deutschen Sport ab, den 9. Juli 1989. Damals gewannen zwei der noch immer bekanntesten deutschen Sportler die Tennis-Titel sowohl in der Damen- als auch der Herren-Konkurrenz.

Becker musste vor wenigen Tagen erst einmal nachdenken, bevor er sich die Szenen von damals vor Augen führen konnte. „Wenn man als Spieler da mittendrin ist, bekommt man die Bedeutung für Deutschland oder das deutsche Tennis gar nicht richtig mit“, erklärte der 46-Jährige. „Man kämpft, strengt sich an und bemüht sich nach bestem Wissen und Gewissen. Man schaut erstmal auf sich und darauf, dass man gewinnt.“

25 Jahre später ist Becker wieder an einem Wimbledon-Sieg beteiligt. In der Players’ Box litt er am Sonntag als Trainer mit, als der Serbe Novak Djokovic sich zum Champion auf dem „heiligen Rasen“ krönte. Becker ist zurück in der Tennis-Welt.

Graf verfolgte aus der Ferne die Matches, beglückwünschte die Damen-Siegerin Petra Kvitova über Facebook und postete einen Rückblick auf ihr erstes Date mit Andre Agassi in Wimbledon. Mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern lebt sie zurückgezogen und abseits des Trubels in der Nähe von Las Vegas. Tennis spielt sie kaum noch. Ihr Privatleben schottet sie ab. Sie hat aber das Image, eine perfekte Ehe zu führen.

Ihre Leben führen Becker und Graf heute so unterschiedlich, ihre Siege lagen an jenem Sonntag in London vor 25 Jahren nur drei Stunden auseinander. Der in Wimbledon so typische Regen hatte das Damen-Endspiel am Samstag verhindert. So besiegte Steffi Graf erst einen Tag später Martina Navratilova, anschließend brach sie in Tränen aus. Becker feierte seinen Erfolg gegen den Schweden Stefan Edberg, der sich als Coach von Roger Federer ebenfalls in den vergangenen zwei Wochen in Wimbledon tummelte. „Das bekommt man erst im Nachhinein mit, wie unglaublich dieser Tag war“, befand Becker. „In dem Moment glaubt man, es passiert nur alle paar Jahre.“

Inzwischen wirken die Erfolge von damals wie aus einer fernen Epoche. Von den deutschen Damen spielte Sabine Lisicki im vergangenen Jahr als erste Deutsche seit Steffi Graf 1999 wieder einmal ein Wimbledon-Endspiel. In diesem Jahr flog sie im Viertelfinale raus, ebenso wie Angelique Kerber. Viel düsterer das Bild bei den Herren: Schon nach der zweiten Runde fand sich kein Deutscher mehr im Tableau wieder.

„Aktuell ist da sicher keiner in Sicht, der einen Grand Slam gewinnen kann von den deutschen Herren“, urteilte Michael Stich. „Aber er ist sicher da draußen. Wir müssen ihn nur finden und ausbilden.“ Auch Stich gewann gemeinsam mit Graf im gleichen Jahr in Wimbledon. Das war 1991.