Curitiba.

Wenn Fabio Capello in der Öffentlichkeit auftritt, dann sitzt alles korrekt. Die auffällige Brille, der farblich zum Hemd abgestimmte Schlips und das für einen 68-Jährigen erstaunlichen volle Haar. Der russische Nationaltrainer bleibt eben ein Gentleman. Auf dem Trainingsplatz im Teamquartier in Itu hat der Italiener häufiger schon eine Sonnenbrille aufgesetzt, die er aber auf der Trainerbank im Achtelfinale am Montag gegen Deutschland sicherlich nicht tragen wird.

Geködert haben die Russen ihn mit angeblich acht Millionen Euro Jahresgehalt, schließlich stehen große Ziele an: Das Land darf die nächste WM ausrichten, und Capello soll derjenige sein, der in vier Jahren ein titeltaugliches Ensemble geformt hat. Das ist allen Ernstes die Zielvorgabe. Gemach, gemach, ruft der erfahrene Coach jetzt aus, wenn Russlands Ausscheiden 2014 mit einem Rückschlag für 2018 gleichgesetzt würde. „Es kommt vorher noch die EM 2016. Es ist alles nur ein Schritt.“ Und jetzt sei nach zwei verpassten Turnieren 2006 und 2010 nur „eine Bühne, um sich ein gewisses Niveau zu erarbeiten.“ Der Maestro hat dafür ein Team zusammengestellt, das allein aus Profis der heimischen Premier League besteht. Ein Novum unter den 32 Teilnehmern.

Nur Profis aus der heimischen Liga

Die Öffentlichkeit muss sich erst noch an seine prägenden Kräfte gewöhnen, die Alexander Kokorin (Dinamo Moskau/23 Jahre), Oleg Shatov (Zenit St. Petersburg/23) oder Victor Fayzulin (Zenit/28) heißen. Eher unorthodoxe oder schwer erziehbare Akteure wie Alain Dzagoev (ZSKA Moskau/24) oder Aleksandr Kerzhakov (Zenit/31) bringt der strenge Trainer lieber von der Bank.

Taktische Fortschritte sind erkennbar: Wo die Russen früher in ihre Einzelteile zerfielen, wenn Widerstand zu brechen war, hat Capello einen Kitt fürs Kollektiv gefunden. Der Grundsatz lautet Disziplin. Deshalb ist der frühere Mittelfeldspieler der Roma, von Juve und Milan immer noch hinter allem her und untersagte beispielsweise ausdrücklich, sich in den sozialen Netzwerken zu betätigen. „Tweets können Probleme verursachen, wenn sie nicht eindeutig geschrieben werden“, begründete er das Twitter-Verbot. Selbstverständlich dürfen auch keine Bilder aus der Kabine gepostet werde.

Erstaunlich, dass erst ein Italiener angeheuert werden musste, um rund um die „Sbornaja“ wieder einen eisernen Vorhang zu errichten. Aber offensichtlich finden Capellos Kicker, die teilweise in ihren heimischen Klubs wie Weltstars hofiert werden, die harte Hand gut. Und manches sei ohnehin nur für die Öffentlichkeit gespielt, hat Abwehrspieler Alexej Koslov ausgeplaudert: „Er ist streng mit Journalisten. Aber außerhalb des Fußballs kann er lachen und scherzen. Da ist er ganz anders.“