Dortmund. . Mit frischem Geld könnten die Dortmunder die Finanzlücke zum Ligaprimus FC Bayern München verkleinern und einen neuen, nachhaltigen Angriff auf den Rekordmeister starten. Zur Diskussion steht offenbar eine Kapitalerhöhung beim börsennotierten BVB.

Wo Hans-Joachim Watzke ist, ist oben. In der fünften Etage der Dortmunder Geschäftsstelle befindet sich sein Büro. Durch die Glasfront schaut man herüber auf das Stadion der Borussia. Von seinem Schreibtisch aus wird die Zukunft des Fußball-Vizemeisters gestaltet: erfolgreich und in diesen Tagen auch spektakulär. Denn offenbar plant die Borussia den Angriff auf die Vormachtstellung des FC Bayern München.

Wie das Wirtschaftsmagazin „Bilanz“ am Donnerstag vorab berichtet, erwägt die Deutsche Bank, das größte Kreditinstitut des Landes, einen Einstieg beim BVB. Die Rede ist von einer Beteiligung von zehn Prozent an dem als Aktiengesellschaft geführten Klub. Das würde das Unternehmen aus Frankfurt bei einem derzeitigen Dortmunder Börsenwert von 263 Millionen Euro 26,3 Millionen Euro kosten – eine Summe, die in der Vergangenheit so mancher Investmentbanker als Jahresbonus kassiert hat.

BVB-Aktie legt zu

Innerhalb weniger Stunden verzeichnete die BVB-Aktie gestern massive Zuwächse: 4,29 Euro war das Papier am Nachmittag wert. Der Aktie steht der Aufstieg in die dritthöchste Wertpapierliga (S-Dax) bevor, aus der die Fluglinie Air Berlin jäh abstürzte. Lange Zeit als Fan-Artikel verspottet, sorgt die BVB-Aktie bei ihren Besitzern derzeit für gute Laune. Auch eine Folge des kolportierten Deals, der selbst Aufsichtsratsmitglieder des BVB am Donnerstag überraschte.

„Wir beteiligen uns generell nicht an Spekulationen. Das ist auch in diesem Fall so“, verschanzt sich Watzke. Auch die Deutsche Bank ist zugeknöpft: „Kein Kommentar.“

Zu sensibel ist die Angelegenheit. Am Freitag soll der Vorstand der Deutschen Bank über die neue Liebe zum Fußball befinden, schon am Wochenende könnte nach Informationen dieser Zeitung der Weg frei sein für ein Geschäft, nach dem der BVB in der jüngeren Vergangenheit trachtete.

Watzke bezeichnete es jüngst als „interessantes Denkmodell, mit strategischen Partnern zu kooperieren“. Vorbild: Der mit seinem Geld Fußball-Deutschland dominierende FC Bayern München, gegen den der BVB in den vergangenen zwei Jahren empfindliche Niederlagen einstecken musste. Der Branchenriese weiß mit Adidas, Audi und Allianz drei mächtige strategische Partner an seiner Seite. Hunderte Millionen generiert der Klub durch die jeweils 8,3-Prozent-Beteiligungen dieser Firmen an der Kapitalgesellschaft.

Ausbau des VIP-Bereichs

Ein Konstrukt, das auch Watzke vorschweben würde, wenn nicht seine Vorgänger einst den Weg an die Börse gewählt hätten. Derzeit gibt es mehr als 61 Millionen Aktien, größter Einzelaktionär ist der Unternehmer Bernd Geske (11,87 Prozent), dahinter folgen der BVB selbst (7,2) und der anglo-amerikanische Fonds Odey Asset Management (5,06). Die Großteil der Borussen-Papiere befindet sich im Streubesitz (75,83).

Das Mittel der Kapitalerhöhung gilt beim BVB als das geeignete, um einen strategischen Partner ins schwarz-gelbe Boot zu holen. Ein Vorratsbeschluss räumt dem Verein das Recht ein, bis zum nächsten Jahr 30 Millionen weitere Aktien auf dem Markt zu platzieren. Auf diese Weise fließt deutlich mehr Geld ins Unternehmen. Geld, um die Bayern anzugreifen und den Kader hochzurüsten. Schon in diesem Sommer greift der Klub tief in die Tasche: Ciro Immobile, Adrian Ramos, Dong-Won Ji und Nuri Sahin sind schon mit Arbeitspapieren ausgestattet, der Freiburger Matthias Ginter soll noch kommen. Kostenpunkt für alle zusammen: rund 50 Millionen Euro.

Vielleicht vollzieht sich der Angriff auf den Süden nicht sofort, aber mittelfristig, mit weiteren starken Partnern an der Seite. Platz im Stadion wäre für die Neuankömmlinge. Der BVB baut gerade seinen VIP-Bereich auf der Westtribüne aus. Hans-Joachim Watzke hat einen guten Blick darauf.