Dortmund. .

Der Ort war gut gewählt. Ein ehemaliges Heizwerk, das Berlin einst mit Wärme versorgte, diente Borussia Dortmund als Kulisse für die letzte Veranstaltung dieser Saison. Der Gewinn des DFB-Pokals hätte inmitten dieser Industrie-Romantik gefeiert werden sollen. Doch als die Mannschaft im Anschluss an die 0:2-Niederlage nach Verlängerung gegen den FC Bayern München um 1.40 Uhr auf die Bühne der Turbinenhalle trat, da dürstete sie ebenso wie das Publikum nach einer anderen Art von Wärme: nach Worten, die Energie spenden.

Jürgen Klopp spürte das. Der Trainer nahm das Mikrofon nicht, er riss es förmlich an sich und begann eine Rede zu halten, die wie eine Predigt in dunkler Stunde wirkte.

Die Stimmung sackt in den Keller

„Das Leben ist eine Ansammlung von Versuchen“, philosophierte er, „wenn man immer nur das machen würde, was mit Sicherheit auch funktioniert, wäre das Leben langweilig. Ich weiß, dass es den Jungs schwer fällt zu feiern, aber wie doof wären wir denn, wenn wir zehn Monate lang alles investiert hätten und wegen eines Spiels, das wir noch nicht einmal allein verbockt haben, alles über den Haufen werfen?“

Vielleicht war es aber genau das, was die Stimmung zwischen den Betonwänden zunächst so tief in den Keller trieb. Die Gewissheit, selbst zwar bei weitem nicht alles richtig gemacht zu haben und dennoch nah dran gewesen zu sein am Sieg. Wenn dieses Tor von Mats Hummels seine Anerkennung gefunden hätte, das der Abwehrchef mit einem Kopfball erzielt hatte, als der BVB das Spiel gerade in den Griff bekommen hatte. Doch Münchens Dante hatte den Ball von jenseits der Torlinie zurück ins Spiel gedroschen und somit bei Schiedsrichter Florian Meyer und seinem Linienrichter-Kollegen Zweifel geweckt, ob der Ball wirklich im Tor war.

War er. Und nun ist die erhitzte Frage, mit welchen Maßnahmen sich dieses Drama hätte verhindern lassen. Doch die Diskussion über die Torlinien-Technik verdeckt eine Debatte, die gar nicht erst stattfand: Hummels war bei seinem Kopfball stark abseitsverdächtig. Hätte Meyer demnach die Situation abpfeifen müssen?

Für Klopp nicht, er fand: „Wenn in Sibirien irgendwo gespielt wird, dann stehen da zwei Torrichter und gucken sich das 90 Minuten an. Aber wenn bei einem der bedeutendsten Verbände im Pokalfinale Dortmund gegen Bayern spielt, bleiben die zu Hause.“ Klub- und Liga-Präsident Reinhard Rauball klagt: „Dass sich der Welt- und der Europaverband nicht auf eine einheitliche Handhabung dieser Thematik einigen können und die nationalen Verbände mit dieser Frage allein lassen, ist bedauerlich.“

Die Uefa schreibt in ihren Wettbewerben wie Champions League und Europa League Torlinienrichter vor, die Fifa wird bei der WM in Brasilien das Tor technisch überwachen lassen. Dieses Vorgehen stand zuletzt auch in Deutschland vor der Einführung, doch nur neun von 36 Profiklubs votierten dafür. Darunter: Dortmund und München. „Die, die dagegen gestimmt haben“, sagt Linksverteidiger Marcel Schmelzer, „wissen nicht, wie es sich anfühlt, ein Finale wegen einer Fehlentscheidung zu verlieren.“

Robben und Müller treffen

Arjen Robben und Thomas Müller besorgten mit ihren Treffern in der Verlängerung eine kurzzeitige Dortmunder Depression. „Dies ist der allergrößte Titel, den wir in unserer derzeitigen Phase gewinnen können“, sagt Klopp. Die aus München weggekauften Mario Götze und Robert Lewandowski haben und werden sportliche Lücken hinterlassen, die vielen, vielen Langzeitverletzten besorgten den Rest einer schwierigen Saison. Der Trainer weiß, dass es Zeit brauchen wird, alles wieder so aufzubauen.

Klopps Nachtrede soll der Anfang gewesen sein. „Wir kommen definitv wieder“, sprach er, „egal, wer uns weggenommen wird, wir holen Neue.“ Applaus. „Alles wird gut.“ Mehr Applaus. „Macht euch keine Gedanken.“ Jubel in Berlin.