München. .

Sollte es in Nordkorea tatsächlich ein paar Fans des FC Bayern München geben, dann haben sie am gestrigen Fußballabend großes Glück gehabt. Das nordkoreanische Fernsehen hatte sich nämlich geweigert, das Rückspiel im Halbfinale der Champions League zwischen den Bayern und Real Madrid aus München zu übertragen. Nordkorea verpasste damit die größte Heimpleite der Bayern seit Jahren. Nach der 0:1-Niederlage im Hinspiel setzte es eine 0:4 (0:3)-Pleite.

Die Bayern sind raus, Madrid fährt am 24. Mai nach Lissabon zum Finale gegen den Sieger der heutigen Partie zwischen dem FC Chelsea und Atletico Madrid. „Wir waren im letzten Jahr die Champions, jetzt müssen wir uns wie Champions verhalten und gratulieren“, formulierte Münchens Sportvorstand Matthias Sammer.

Dabei hatten die Bayern Real direkt nach dem Hinspiel in Person ihres Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge einen Münchener Abend in der Hölle versprochen. Es war wirklich die Hölle. Allerdings nicht für Real, sondern für die Gastgeber selbst.

Madrid begann mit den drei Top-Stürmern Cristiano Ronaldo, Gareth Bale und Karim Benzema, Offensiv-Power pur. Doch die schnelle Entscheidung in der Partie besorgte ein anderer: Ausgerechnet Innenverteidiger Sergio Ramos. Im normalen Fußballleben ist er ein eisenharter Abräumer. Einer, der wahrscheinlich nicht geboren wurde, sondern aus einem Steinbruch gebrochen wurde. Ganze Stürmergenerationen können von seinen ­Attacken erzählen. An diesem Abend in München ist er ein anderer, er ist ein Torjäger.

Erst wuchtete Sergio Ramos eine Ecke von Luka Modric per Kopf zum 1:0 (16.) ins Netz, dann köpfte er vier Minuten später einen Freistoß zum 2:0 ins Tor. Auf den Tribünen in der ausverkauften Arena war es so still, dass man an dem regnerischen Frühlingsabend die Temperatur fallen hören konnte.

Mit dem Rückstand aus dem Hinspiel war die Sache zu diesem Zeitpunkt eigentlich erledigt. Eigentlich, denn Fußball heißt Hoffnung. Also versuchten es die Bayern noch einmal. Doch Franck Ribery, Arjen Robben, Thomas Müller und Mario Mandzukic kamen mit ihren Bemühungen zwar bis zum Strafraum, doch dort war Feierabend.

In die verzweifelten Angriffsversuche hinein setzte Real dann einen seiner gefürchteten Konter. Bale raste in die Bayern-Hälfte, legte am Strafraum quer auf den mitgelaufenen Ronaldo, der hielt den Fuß hin, Bayern-Torhüter Manuel Neuer flog vergeblich: 3:0 in der 34. Minute. Die letzte Hoffnung der Gastgeber löste sich schneller auf als eine Brausetablette im Wasser, Thema erledigt.

Für die Bayern, nicht für Ronaldo. Der Portugiese streckte die Zunge raus und zeigte mit seinen Fingern an: 15! Schaut her, 15! Erst nachdem er sicher war, dass jede Kamera dieses Bild erwischt hatte, ließ er sich von seinen Kollegen für seinen Rekord feiern. Ronaldo hatte in diesem Moment 15 Tore in der laufenden Königsklassen-Saison erzielt, so viele wie niemand vor ihm.

Trotz der komfortablen Führung hielt Real weiter dagegen. Die Mannschaft kennt ihr Deutschland-Problem. Bisher hatte sie gerade mal zwei Europapokalspiel hierzulande gewonnen, vier endeten Unentschieden, satte 21 gingen verloren. Unvorstellbar, aber wahr.

Damit sich diese Serie auch wirklich nicht fortsetzte, drosch Xabi Alonso im defensiven Mittelfeld ordentlich dazwischen und sah dafür die Gelbe Karte. Eigentlich uninteressant, aber Xabi Alono fehlt damit im Finale, denn er war vorbelastet. Ein schmerzhafter Ausfall für Real.

Ansonsten war es nur schmerzhaft für die Bayern und Trainer Pep Guardiola. Seine Mannschaft mühte sich in der zweiten Halbzeit um einen achtbaren Abgang aus der Königsklasse. Doch spätestens nachdem Ronaldo in der 90. Minute einen 20-Meter-Freistoß unter der schwebenden Münchner Mauer hindurch ins Tor listete, war dieses Vorhaben gründlich misslungen. Sammer fasste es knapp zusammen: „Real war heute einfach die bessere Mannschaft.“

Diskussionen beginnen

Nach dem Aus wird nun die Diskussion beginnen, ob Guardiola mit dem Lockerlassen in der Bundesliga nicht doch einen dicken Fehler begangen hat. Eine Chance zu zeigen, dass dies kein Fehler war, haben die Bayern noch. Am 17. Mai im DFB-Pokalfinale gegen Borussia Dortmund.

Das nordkoreanische Fernsehen wird übrigens wieder nicht übertragen. Ein Omen?