Madrid. .

90 Minuten vor dem Anpfiff stiegen die Fußballer des FC Bayern München in Madrid in ihren Bus und fuhren zum Bernabeau-Stadion. Die Straßen waren hoffnungslos verstopft, 80 000 Zuschauer wollten zum Halbfinale der Champions League zwischen Real Madrid und Bayern. Doch eine Blaulicht-Eskorte der Polizei verschaffte dem Bus der Münchener freie Fahrt. Es war das letzte Mal an diesem Mittwochabend, auf dem Rasen blieb der Deutsche Meister stecken, kam nicht in Schwung und verlor das Hinspiel 0:1 (0:1).

Dabei hatten die Gastgeber ihren walisischen Hochgeschwindigkeits-Fußballer Gareth Bale zunächst nur auf der Bank. Der 100-Millionen-Mann ist erkältet, und Trainer Carlo Ancelotti sagte: „Das Halbfinale wird sowieso nicht in Madrid entschieden, sondern nächste Woche im Rückspiel.” Also schonte er Bale.

Brotlose Kunst

Trotzdem gab es Express-Fußball gegen Tiki-Taka zu sehen. Die Bayern, die mit Mario Mandzukic einen kantigen Mittelstürmer gegen die so oft leichtsinnige Real-Innenverteidigung stellten, dominierten zunächst mit Ballbesitz. Aber was nach Dominanz aussah, verwandelte sich bald in brotlose Kunst. Toni Kroos zu Bastian Schweinsteiger, Schweinsteiger zu Philipp Lahm, Lahm zu Arjen Robben, Robben zurück zu Kroos. Und wieder von vorne.

Aus Tiki-Taka-Wirbel wurde Quergeschiebe im Mittelfeld, und Real drosch mit der Axt dazwischen. Nach seinem ersten Antritt auf der linken Seite legte Cristiano Ronaldo den Ball genial zu Fabio Coentrao. Verteidiger Rafinha ist schnell, aber dafür war er nicht schnell genug. Zack, rollte der Ball auch schon durch den Strafraum, und der Franzose Karim Benzema musste fünf Meter vor der Linie nur noch den Fuß hinhalten: 1:0 für Madrid in der 19. Minute. Manuel Neuer, der nach seiner Wadenverletzung wieder im Tor stand, hatte keine Chance.

Franck Ribery, der Franzose im Bayern-Trikot, blieb im Vergleich mit seinem Nationalmannschafts-Kollegen Benzema blass. Seitdem Ribery bei der Wahl zum Weltfußballer im Januar eine Niederlage einstecken musste und nur Dritter wurde, läuft er seiner Form hinterher. Vor der Winterpause: Neun Vorlagen und sechs Tore. Nach der Winterpause: Drei Vorlagen und zwei Tore.

Früher war die linke Angriffsseite Francks Reich, in Madrid lag sie brach. Weil sich Arjen Robben auf der rechten Seite zwar mühte, aber keinen Zug zum Tor bekam, war die in der Bundesliga so gefürchtete Flügelzange der Bayern außer Betrieb. Mandzukic wartete vergeblich auf Flanken, und den Mittelfeldspielern fehlten die Anspielstationen nach vorne.

Real zeigte einen völlig anderen Fußball-Stil. Die Gastgeber warteten ab, bis sich die Bayern festgerannt hatten, dann ging es sofort steil und schnell nach vorne. Kein Fackeln, kein Geschiebe, Madrid suchte sofort den Abschluss. Ein Ronaldo-Kopfball landete in den Armen von Neuer (20.), ein Schuss von Ronaldo aus zehn Metern rauschte über die Querlatte (26.), Angel di Maria donnerte den Ball aus spitzem Winkel am Lattenkreuz vorbei auf die Tribüne (41.).

Nach einer Stunde drehte sich Bayern-Trainer Pep Guardiola vom Spielfeld weg und blickte nach oben in die steilen Ränge der ausverkauften Tribüne. Sein Gesicht sprach, ohne zu reden. Es sagte Wörter, die Gentleman Guardiola nie aussprechen würde.

Guardiola schaut aber nicht nur, er handelt auch. Er holte Rafinha, Ribery und Schweinsteiger vom Rasen und brachte Javi Martinez, Mario Götze und Thomas Müller. Real-Trainer Ancelotti handelte ebenfalls und wechselte Bale für Ronaldo ein.

Neues Personal, neues Spiel? Nicht wirklich. Bayern mühte sich, aber es war nicht der Abend des deutschen Meisters, und er wurde es auch nicht mehr. Andererseits: Das Hinspiel ist zwar mit 0:1 verloren, aber entschieden ist nichts. Es kommt auf das Rückspiel am kommenden Dienstag an. Reals Trainer Ancelotti wusste es von Anfang an.