Dortmund. .
Hans-Joachim Watzke sitzt in seinem Büro in der Geschäftsstelle an der Bundesstraße 1. Durch das Fenster blickt der Geschäftsführer auf das Stadion von Borussia Dortmund. Dort steht an diesem Dienstag (20.45 Uhr) das Viertelfinal-Rückspiel der BVB-Fußballer gegen Real Madrid an. Das Hinspiel vor einer Woche ging mit 0:3 verloren. Watzke steckt sich einen Zigarillo an - und redet.
Herr Watzke, steht am Freitag ein Flieger bereit, um Sie zur Halbfinal-Auslosung der Champions League nach Nyon bringen?
Hans-Joachim Watzke: Nein. Aber wir würden schon noch rechtzeitig hinkommen, keine Sorge.
Wie viel Geld würden Sie auf den Halbfinaleinzug des BVB wetten?
Ich wette nicht, habe ich noch nie. Ich bin ein rationaler Mensch. Aber ich kann mit Wahrscheinlichkeiten umgehen und weiß, dass die Wahrscheinlichkeit, dass Real am Freitag zur Auslosung fliegt, größer ist, als die, dass wir in die Maschine steigen. Gleichwohl wollen wir das Spiel gewinnen.
Was haben Sie während des Hinspiels gedacht?
Ich hatte im Hinspiel keine allzu hohe Erwartungshaltung, weil ich wusste, in welcher personellen Ausnahmesituation wir antreten würden. Ohne Robert Lewandowski und all die anderen Nationalspieler hatte ich erwartet, dass es außergewöhnlich sein würde, wenn wir in Spanien ein besonders gutes Ergebnis erzielen würden. Hinterher habe ich mich allerdings geärgert, weil mehr möglich gewesen wäre. Mit einem 1:3 wären unsere Chancen deutlich höher.
Haben Sie noch Hoffnung?
Die Hoffnung stirbt zuletzt – sagt man ja mit Recht. Natürlich wollen wir ein gutes Spiel abliefern – und wenn wir das Gefühl haben, dass Real etwas zulässt, dann werden wir da sein.
Ihr Trainer Jürgen Klopp hat den BVB als das Aschenputtel des Viertelfinals bezeichnet. Teilen Sie seine Ansicht?
(Lacht) Wenn man die anderen sieben Namen in diesem Viertelfinale sieht, dann ist das durchaus ein stimmiges Bild.
Es gibt Kritiker, die Ihnen vorwerfen, Ihr Understatement zu übertreiben.
Mir fehlt in Deutschland ehrlich gesagt ein wenig Respekt vor der Leistung, die Borussia Dortmund auch in diesem Jahr erbracht hat. Dass wir mit unserem Mini-Etat von 70 Millionen Euro – die anderen liegen zwischen 130 und 250 Millionen – zum zweiten Mal in Serie zu den besten acht Klubs Europas gehören, ist außergewöhnlich. Einigen scheint leider das Gefühl dafür abhanden gekommen zu sein, was hier in den vergangenen Jahren bewegt wurde.
Soll denn der BVB auf ewig das Aschenputtel bleiben? Oder gibt es einen Plan, die wirtschaftliche Lücke zu schließen?
Wenn mir irgendjemand sagen kann, wie wir das in ein paar Jahren machen können, dann bin ich gerne bereit, mich mit ihm zu unterhalten. Ich habe aber den Eindruck, dass es diesen Menschen nicht gibt. Bayern hat als deutsche Mannschaft die Lücke zu internationalen Topklubs mehr als geschlossen. Aber die haben dafür 50 Jahre gebraucht. Wir machen das jetzt seit neun Jahren, mit dem Unterschied, dass Bayern immerhin bei Null gestartet ist und wir bei Minus was weiß ich wie vielen Millionen. Wie soll man in drei Jahren die Lücke zum Scheich von Katar schließen?
Erfolge werden schwieriger, weil die Konkurrenz Investoren und strategische Partner mitbringt. Ist irgendetwas davon für den BVB auch denkbar?
Unsere Kultur ist, dass wir keinen Scheich und keinen Oligarchen wollen. Wir wollen es aus eigener Kraft schaffen. Wenn wir uns personell noch einen Tick besser aufstellen und wir von solchen dramatischen Verletzungen verschont bleiben, habe ich jetzt schon das Gefühl, dass wir uns vor niemandem verstecken müssen.
Wie soll denn die Mannschaft im nächsten Jahr aussehen?
Wir werden versuchen, uns auf hohem Niveau noch breiter aufzustellen. Wir werden sicher unser Gehaltsbudget anheben. Wenn wir weiter in der Erfolgsspur bleiben und Geld generieren – vor allem in der Champions League und beim Sponsoring, wo wir in diesem Jahr neue Höhen erklimmen – , gibt es jedes Jahr mehr Möglichkeiten. Wir werden das, was wir an wirtschaftlicher Kraft hinzugewinnen, vor allem in die Mannschaft investieren.
Wie steht es um die Vertragsverlängerung von Ilkay Gündogan?
Ich habe den Eindruck, dass sich alle Beteiligten im Klaren darüber sind, dass in diesem Monat eine Entscheidung fallen muss. Warten wir ab, wie sie ausfallen wird.
Lewandowski müssen Sie auch ersetzen.
Erstmal halte ich fest, dass wir allen Unkenrufen zum Trotz die richtige Entscheidung getroffen haben, ihn zu behalten. Robert hat mit seiner Leistung dazu beigetragen, dass wir ökonomisch deutlich mehr profitiert haben als von einer Ablöse. Ich warne aber davor zu glauben, dass wir ihn eins zu eins ersetzen könnten. Von seiner Klasse gibt es nur zwei oder drei auf der Welt und die sind für uns unerschwinglich.