Leipzig. .
Eine Direktverbindung zwischen Salzburg und Leipzig, sagt Ralf Rangnick, würde ihm den Alltag ziemlich erleichtern. Red Bull vermag vielleicht Flügel verleihen, aber eine Fluglinie zwischen diesen beiden Städte hat das Brause-Imperium noch nicht ins Leben gerufen. Der für diese beiden Fußball-Projekte zuständige Direktor mit familiären Wurzeln in Backnang besitzt bereits eine zweite Bleibe in der Mozartstadt Salzburg, ein drittes Domizil in Leipzig soll bald hinzukommen, weil dessen Rasenballer mit dem sich abzeichnenden Durchmarsch in die zweite Bundesliga an Bedeutung gewinnen.
„Der nächste Aufstieg wäre großartig“, sagt der 55-Jährige, „dass wir langfristig in die Bundesliga wollen, ist ja klar.“ Danach lechzt der lange darbende Standort: Das 2009 als Ableger des Getränkeproduzenten entstandene Leipziger Gebilde vermeldete jüngst beim Drittliga-Spitzenspiel gegen Heidenheim in der WM-Arena immerhin 25 312 Zuschauer. Das werde bald die Regel statt die Ausnahme sein, versichert Rangnick: „Sollten wir aufsteigen, wage ich die Prognose, dass der Schnitt auf 25 000 ansteigen wird. Und wenn wir in der Bundesliga spielen, ist jedes Spiel restlos ausverkauft.“
Sehr spezielles Red Bull-Konstrukt
Ob die Leipziger indes demnächst zum erlauchten Zirkel des deutschen Lizenzfußballs gehören, wird nicht allein auf dem grünen Rasen entschieden. Sondern auch am grünen Tisch. Genauer in der Lizenzierungsabteilung der Deutschen Fußball-Liga (DFL), wo die eingereichten Unterlagen gerade geprüft werden. Ein sehr sensibler Fall.
Beim diesem bislang eher regional als überregional akzeptierten Red-Bull-Konstrukt spüren sie, dass ihr Projekt an einem entscheidenden Punkt steht. Der für den Spielbetrieb zuständige DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig lässt gerne feine Spitzen fallen. Erst kürzlich wieder, als Rettig bei einer öffentlichen Befragung klarstellte: „Der Geist der Mitwirkung der Mitgliedschaft in einem Verein muss gewährleistet sein.“ Es werde nicht zugelassen, dass ein fremdbestimmter Klub Mitglieder aussperre und Mitbestimmung unterbinde. Zur Erinnerung: RB Leipzig hat überhaupt nur neun Mitglieder, die jährlich je 800 Euro berappen.
Der aus seiner Manager-Praxis zu den Traditionalisten zählende Rettig scheint nicht gewillt, diese Strukturen bedenkenlos durchzuwinken. Andere schon eher: Dem Vernehmen nach vertritt der DFL-Vorsitzende Christian Seifert den Standpunkt, dass der Bundesliga ein Verein in dieser Region grundsätzlich gut tue. Einerseits. Andererseits weiß der Liga-Verband um erbitterten Widerstand aus eigenen Reihen.
„Der liebe Gott möge es verhindern, dass bald noch Rasenschach Leipzig dazu kommt“, lästerte der Vorstandsvorsitzende von Borussia Dortmund, Hans-Joachim Watzke, einmal. Auf Verballhornung reagiert Rangnick längst mit Ironie. „Um Rasenschach zu spielen, braucht man Verstand und ein Konzept“, lautet seine Replik. Dortmund sei doch an der Börse, Bayern veräußere Anteile. Mit Populismus beschäftige er sich nicht: „Wir gehen unseren Weg, der nicht allen gefallen muss.“ Wohl wahr: Vereine wie der SC Freiburg, 1. FC Nürnberg oder Eintracht Frankfurt fürchten, von den alimentierten Ablegern an den Rand gedrängt zu werden.
Der Retortenklub hat auf Vorhaltungen von institutioneller Seite oft genug mit Drohgebärden wie der Klage gegen die „50+1“-Regel geantwortet. In den DFL-Statuten gebe es doch für Vereinsbeitrag und Mitgliederzahl keine Vorschriften. Aktuell gilt gerade ein Schweigegelübde. „Unter Verweis auf das derzeit laufende Verfahren können wir keine Einschätzungen zum Stand geben“, teilt Geschäftsführer Ulrich Wolter lediglich mit. Der ehemalige Gesamtkoordinator der Frauen-WM 2011, der hinter Frontfrau Steffi Jones die Fäden zog, ist mit den Mandatsträgern bei DFB und DFL bestens vernetzt.
Hinterzimmer-Diplomatie
Gut möglich, dass in feiner Hinterzimmer-Diplomatie ein für beide Seiten tragfähiger Kompromiss präsentiert wird, wenn spätestens am 19. April die DFL-Geschäftsführung die Ergebnisse der Lizenzierung verkündet. Weder die DFL-Bosse noch Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz wollen, dass die Causa in eine gerichtliche Auseinandersetzung mündet – zumal die juristischen Hintergründe reichlich schwammig wirken.
Insider vermuten: RB Leipzig wird die Lizenz zum Stichtag 31. Mai unter Auflagen und Bedingungen bekommen. Ralf Rangnick hat jedenfalls volles Vertrauen, dass der beabsichtigte Aufstieg mit RB Leipzig nicht an Formalien scheitert: „Ich mache mir da überhaupt keine Sorgen.“