Sepang. .

Die Startbahn, auf der Schicksalsflug MH 370 abgehoben hat, verläuft parallel zur Rennstrecke von Sepang. Die Trauer um die 239 Menschen an Bord der im Indischen Ozean verschollenen Boeing lähmt Malaysia. In allen Fernsehprogrammen wird auf dem Bildschirm das Logo von Malaysian Airlines gezeigt und dazu das Wort „Tragedi“, das keine Übersetzung braucht. Nicht gerade der ideale Zeitpunkt, um das zweite Formel-1-Rennen der Saison auszutragen. Doch eine Disziplin, in der Leben und Tod so nah zusammenliegt wie im Motorsport, entwickelt bei allem Macho-Gehabe durchaus ein feines Empfinden für die Umstände bei diesem Großen Preis von Malaysia. „Es ist ein sehr schwieriger Augenblick. Nicht nur für Malaysia, sondern für uns alle“, sagt Williams-Pilot Felipe Massa.

Die ersten Meldungen aus Kuala Lumpur vergangene Woche zeichneten noch ein eher herzloses Bild des Formel-1-Zirkus. Weil das Ferrari-Team auf seine Zimmer bestanden hätte, so die Meldung, müssten die Angehörigen der Opfer umquartiert werden. Dem war so, aber das Hotel wusste schon vorher darum – zum Skandal taugte das Detail nicht wirklich.

Vor dem Start am Sonntag (zehn Uhr deutscher Zeit) wird es eine offizielle Schweigeminute geben. Wie viel Zuschauer dann in dem ansehnlichen Motodrom, mit dem zur Jahrtausendwende die Expansion des Grand-Prix-Sports nach Asien begonnen hatte, unter den Schmetterlingsdächern der Tribüne zuschauen werden?

Vorverkauf eingebrochen

Eine bange Frage für die Veranstalter, die an diesem Wochenende eigentlich die Vertragsverhandlungen über eine Verlängerung bis 2020 aufnehmen wollten. Das Interesse war vor dem Flugzeugabsturz deutlich größer, was auch mit dem Aufschwung des Mercedes-Rennstalls zu tun hat, dessen malayischer Hauptsponsor der staatliche Ölkonzern Petronas ist.

Doch die jüngsten Vorverkaufszahlen aber sind um 50 Prozent gesunken, in den Zeitungen gibt es kaum ein anderes Thema als die Tragödie und ihre Folgen. Malaysia gehört zu den südostasiatischen Ländern, die sich der Modernisierung und dem technischen Fortschritt beinahe bedingungslos verschrieben haben – entsprechend stark ist dieser Glaube jetzt erschüttert. Die Fluglinie und der Mega-Flughafen Klia sind nationale Symbole. „Die Menschen sind wahrscheinlich gerade nicht in der Stimmung für das Rennen“, sagt daher Razlan Razali, der Streckenchef des Sepang International Circuits, und sagt dann berühmt gewordene fünf Worte: „The show must go on.“

Lewis Hamilton und Nico Rosberg werden – wie viele andere Fahrer – mit dem Schriftzug „Tribute to MH 370“ auf den Silberpfeilen ins Rennen gehen. Der Aufkleber wurde modifiziert, beim Showrun Anfang der Woche auf den Straßen der malaysischen Hauptstadt hatte es noch „Pray for MH 370“ geheißen. Aber berechtigte Hoffnung auf Überlebende ist da kaum noch, Malaysia hat sich nach zweieinhalb Wochen Bangen damit abgefunden, dass nach dem mysteriösen Unglück nur Trauer bleibt.

Neustart wie am Computer

Die gedrückte Stimmung außerhalb des Fahrerlagers passt zu dem merkwürdigen Seelenzustand der Formel 1 an sich. Der Start in die Turbo-Ära hat zu einer für diesen sonst so selbstbewussten Sport ungekannten Ungewissheit geführt. Die durcheinander gewirbelte Reihenfolge an der Spitze und die großen Probleme mit der neuen Technik bringen Unruhe mit sich.

Titelverteidiger Sebastian Vettel erklärt sein Stimmungstief, bei dem zum Frustabbau im Hotelzimmer dann schon mal die Red-Bull-Kappe quer durch den Raum fliegt, nach dem jüngsten Softwareproblem sehr eindeutig und plastisch: „Ausschalten. Neustarten. Wie beim Computer.“ Wenn nur alle Probleme in Malaysia sich so leicht lösen ließen.