Krasnaja Poljana. . Anna Schaffelhuber wurde am Mittwoch als Slalom-Führende von der Jury disqualifiziert, ehe das Internationale Paralympische Komitee (IPC) ihr doch noch eine letzte Mini-Chance auf den dritten Triumph in Sotschi eröffnete: eine Anhörung am Donnerstag.
Die deutschen Paralympioniken konnten sich kaum über ihre Goldmedaillen fünf und sechs bei den Sotschi-Spielen freuen. Zu sehr stand eine sportjuristische Hängepartie im Mittelpunkt. Anna Schaffelhuber wurde am Mittwoch als Slalom-Führende von der Jury disqualifiziert und vergoss bittere Tränen, ehe das Internationale Paralympische Komitee (IPC) ihr doch noch eine letzte Mini-Chance auf den dritten Triumph eröffnete: Bei einer Anhörung am Donnerstag (11 Uhr) soll die finale Entscheidung fallen, ob die Läufe der 21-Jährigen gewertet werden oder nicht.
Ihrer Goldmedaille sicher sein darf sich Andrea Rothfuss in der stehenden Slalom-Klasse. Nur unter Vorbehalt kann dagegen Schaffelhubers sitzende Kollegin Anna-Lena Forster jubeln: Es ist offen, ob sie Platz eins behält, falls Schaffelhubers zunächst inoffizieller zweiter Lauf noch Gültigkeit erhalten sollte. „Es ist wichtig, dass bald Klarheit herrscht“, sagte Schaffelhuber.
Ganz verloren hat Andrea Eskau ihre Bronzemedaille: Die Jury gab einem Protest der Russen statt und setzte die 42-Jährige im Langlauf-Sprint auf Platz sechs zurück. Eskau hatte die viertplatzierte Marta Sainullina kurz vor dem Ziel behindert, sie räumte ihr Fehlverhalten sofort ein. „Ich wollte diese Medaille nicht haben. Man muss ja auch damit leben können“, kommentierte sie.
Ob Schaffelhuber ihr drittes Gold nun doch noch bekommt oder Forster den Spitzenplatz auch nach der Sitzung am Grünen Tisch behält: Vier Tage vor Abschluss der Paralympics stehen sechs Siege fürs deutsche Team. „Das ist eine wunderbare Bilanz“, sagte Verbandspräsident Friedhelm Julius Beucher.
Schaffelhuber, Siegerin in Abfahrt und Super-G, erhielt nach ihrem starken ersten Slalomlauf die unerwartete Nachricht von der Jury. Der Bayerin wurde vorgeworfen, am Start unerlaubterweise zweimal mit den Ski-Stöcken angeschoben zu haben. Die IPC-Regeln erlaubten das streng genommen nicht, argumentierten die Österreicher und protestierten gegen Schaffelhuber und auch gegen Forster. Das IPC nahm die eine daraufhin aus dem Rennen heraus und beließ die spätere Siegerin im Wettbewerb. Nach langen Verhandlungen setzte der Deutsche Behindertensportverband immerhin durch, dass Schaffelhuber unter Vorbehalt noch ein zweites Mal die Piste herunterfahren durfte. „Wir haben die feste Überzeugung, dass sie nicht gegen das Regelwerk verstoßen hat, dass sie sich nicht bewegt hat am Start mit ihren Stockhilfen.
Dazu haben wir einen Videobeweis“, sagte Beucher. Den Protest Österreichs kritisierte er: „Den gilt es aus Gründen der Sportfairness besonders zu bewerten.“ Chef de Mission Karl Quade geißelte das Hin und Her des IPC: „So kann man nicht umgehen mit den Athleten, dass keiner weiß, ob man jetzt noch dabei ist oder nicht. Das muss zügiger gehen, für den Sport ist das Verfahren unglücklich.“
Trost von Trainern und Betreuern
Mit umgedrehtem Leibchen kam Schaffelhuber vor dem regulären zweiten Durchgang als Erste unten an. Verzweifelt suchte sie im Außenbereich Trost bei ihren Trainern und Betreuern. „Das ist eine nervliche Ausnahmesituation. Für mich ist das unverständlich“, klagte die querschnittsgelähmte Alpinspezialistin.
„Das war schon ein Schock, Anna hat uns total leid getan“, umschrieb Forster die Gefühlslage im Team nach der Disqualifikation. Zumindest ihr eigenes Ziel hat sie erreicht: „Ich wollte unbedingt eine Medaille holen. Das habe ich geschafft.“