Krasnaja Poljana. Nach dem Doping-Schock am Freitag haben die deutschen Biathleten um Erik Lesser, Daniel Böhm, Arnd Peiffer und Simon Schempp mit der Staffel die Silbermedaille hinter Russland gewonnen. Dritter wurde Österreich. Die Norweger mit Ole Einar Björndalen gingen währenddessen leer aus.

Hand in Hand hüpften sie glücklich und erleichtert auf das Podest. Als Erik Lesser, Daniel Böhm, Arnd Peiffer und Simon Schempp wenig später ihr Staffel-Silber voller Stolz präsentierten, war die Welt bei den deutschen Biathleten für einen Moment wieder in Ordnung. Einen Tag nach der Doping-Affäre um Evi Sachenbacher-Stehle sorgte die Männer-Staffel für einen versöhnlichen Schlusspunkt völlig verkorkster Winterspiele.

"Es war ein Schock für uns. Wir sind aus allen Wolken gefallen. Die Stimmung war wie auf einer Beerdigung. Aber wir konnten eine Nacht drüber schlafen und uns sortieren. Und beim Rennen die ganze Problematik ausblenden", sagte Peiffer. Im Hexenkessel der Laura-Arena war der ehemalige Sprint-Weltmeister genau wie seine drei Kollegen ein sensationelles Rennen gelaufen. Und weil es so schön war, wird sich Peiffer genau wie Lesser am Sonntag als Langläufer noch über die 50 Kilometer versuchen. Ein Feier-Bier wollte sich die Siegerstaffel trotzdem genehmigen.

Erleichterung bei Bundestrainer Kirchner

Auch wenn Schempp den Schlussspurt gegen den Russen Anton Schipulin verlor, der erleichterte Bundestrainer Mark Kirchner war den Tränen nahe. "Das haben die Jungs bravourös gemacht. Nach der ganzen Vorgeschichte war es nicht einfach", sagte er. "Die Männer sind wieder ein Stück gereift. Sie haben etwas geschafft, was viele ihnen nicht mehr zugetraut hätten." Für die deutschen Biathleten glänzte das zweite Silber in Sotschi nach den vielen vorangegangenen Pleiten im Kaukasus fast wie Gold.

Erst auf der Zielgerade konnte Schempp am Samstag dem Antritt von Schipulin nicht mehr folgen, der das erste russische Biathlon-Gold in Sotschi perfekt machte. Bronze ging an das Quartett aus Österreich mit dem deutschen Trainer Remo Krug. "Auf der Schlussrunde habe ich die Initiative ergriffen, damit die Österreicher nicht mehr herankamen. Dafür habe ich im Zielspurt gebüßt. Da konnte ich nicht mehr dagegen halten", gab der völlig ausgepumpte Schempp zu.

Konsterniert war Emil Hegle Svendsen. Der Olympiasieger im Massenstart verschoss das mögliche Gold der Norweger und verpatzte damit den glänzenden Abschluss von Ole Einar Björndalen. Der 40-Jährige, Sieger im Sprint und mit der Mixed-Staffel, hätte in Sotschi sein neuntes Olympia-Gold gewinnen können.

In einem Staffel-Krimi fiel die Entscheidung beim allerletzten Schießen. Während der Norweger Svendsen in die Strafrunde musste, kamen Schempp, der Österreicher Simon Landertinger und der Russe Schipulin fehlerfrei durch. Im Zielsprint setzte sich dann Schipulin mit 3,5 Sekunden Vorsprung durch. Die Deutschen benötigten nur zwei Nachlader. Die Russen acht, die Österreicher sieben Reservepatronen.

Peiffer blieb ohne Fehler am Schießstand

Faust gegen Faust - mit der gewohnten Geste verabschiedeten sich die Bundestrainer Kirchner und Fritz Fischer vor dem Start am Schießstand. Beim ersten von vier Olympiasiegen einer deutschen Staffel vor 22 Jahren stand das Duo zusammen im Team. Seit der Medaillen-Nullnummer vor vier Jahren in Kanada sind der Thüringer und der Bayer für die Männer verantwortlich und haben die Skijäger wieder auf Vordermann gebracht.


An der Strecke feuerte Fischer seine Jungs gewohnt lautstark an. Lesser lief von Beginn an in der Spitzengruppe mit. Der Silbermedaillen-Gewinner im Einzel über 20 Kilometer kam genau wie viele seiner Konkurrenten ohne Nachlader aus. "Ich war schon sehr aufgeregt, aufgeregter als sonst. Ich musste öfter mal die Unterwäsche wechseln", sagte Lesser.

Mit einem Rückstand von 10,3 Sekunden hinter dem Norweger Tarjei Bö schickte Lesser den zweiten Deutschen auf die Reise. Böhm lag am Ende 20,1 Sekunden hinter Johannes Thingnes Bö, dem jüngeren Bruder des siebenmaligen Weltmeisters. Peiffer blieb genau wie der große Björndalen ohne Fehler am Schießstand. Auf der Strecke kämpfte er sich bis auf zwei Sekunden an den achtmaligen Olympiasieger heran. "Er hat ein ganz starkes Rennen gemacht", lobte Kirchner den ehemaligen Sprint-Weltmeister. (dpa)