Leverkusen. . Bayer erlebt in der Champions League auch gegen Paris St. Germain mit Ausnahmestürmer Zlatan Ibrahimovic ein Debakel. Nach der 0:4-Heimniederlage beklagt Trainer Sami Hyypiä die Einstellung seiner Spieler.

Sami Hyypiä ist ein Mann von außergewöhnlicher Bedachtsamkeit, nicht einmal eine entsetzliche Serie von Katastrophen raubt dem Finnen seine imposante innere Ruhe. Fast 25 Minuten lang schnurrte Hyypiäs Stimme nach dem 0:4 von Bayer Leverkusen im Champions-League-Achtelfinale gegen Paris St. Germain auf der Pressekonferenz, ernsthaft und ausführlich beschrieb er den Spielverlauf und die Schlüsselszenen. Er monierte wie vor einer Woche nach dem peinlichen Pokal-Aus gegen den 1. FC Kaiserslautern, dass „die Einstellung, richtig in die Sache rein zu gehen“, gefehlt habe. Und als jemand fragte, wie er denn die Nacht nach solch einem Niederschlag verbringe, erwiderte er: „Ich gehe nach Hause und probiere zu schlafen.“

Völler: „Wir stoßen in einem Achtelfinale an unsere Grenzen“

Das war lustig, denn dieser Satz krönte eine Spielanalyse, die in ihrer konsequenten Nüchternheit kaum zu übertreffen war. Viele Zuhörer hatten ja eher erwartet, dass Hyypiä (wie die meisten seiner Trainerkollegen in solchen Momenten) auf das extreme Versagen mit extremen Worten reagieren würde. Mit Enttäuschung, Strenge oder Wut. Aber seine Gefühle hielt der Trainer konsequent im Verborgenen. Und eine Antwort auf die große Frage nach einer tieferen Ursache für die schlimme Tendenz zur Selbstblamage hatte er auch nicht zu bieten: „Ich habe keine große Erklärung.“

Das war klug, denn alle Versuche, das schwer Fassbare zu verstehen, blieben entweder unvollkommen, oder sie sind gefährlich. So lieferte Rudi Völler die These, dass die besten Teams der Champions League für Bayer eben eine Nummer zu groß seien. „Wir stoßen in so einem Achtelfinale an unsere Grenzen, das ist auch eine Qualitätsfrage, wir können da nicht mithalten“, sagte der Sportdirektor.

Das mag stimmen, tatsächlich spielten die Franzosen großartig, Völlers Worte erklären aber nicht, warum die Werkself sich gegen solche Gegner noch nicht einmal in die Nähe der eigenen Leistungsgrenze begibt. Es gab schließlich auch schon Teams mit der schönen Fähigkeit, in Partien gegen besonders große Gegner über sich hinauszuwachsen.

Die Leverkusener machen genau das Gegenteil: Als seien sie gelähmt von einem seltsamen Respekt, ja einer Angst vor großen Namen, brechen sie in sich zusammen, wenn der Kontrahent aus Manchester, Barcelona oder Paris kommt. Und weil diese Tendenz zur Unterwürfigkeit schon in den ehrfürchtigen Respektsbekundungen vor solchen Spielen hervorschimmert, haben die Spieler ihre Legitimation für ein Versagen immer schon, wenn das Spiel noch gar nicht angepfiffen wurde.

Stefan Reinartz wurde nach dem Spiel gefragt, ob er ebenfalls das Gefühl habe, dass eine Art lähmender Respekt eine Rolle spiele. „Ich habe jetzt irgendwie so ein Deja-Vu-Erlebnis“, erwiderte er, „ich habe die Frage jetzt schon oft gehört, aber ich habe leider keine Antwort darauf.“ Nur Julian Brandt, ein 17-Jähriger Außenstürmer, der im Winter aus Wolfsburg verpflichtet worden war und in der zweiten Hälfte für den desolaten Heung-Min Son spielte, schien nicht paralysiert zu sein. Die Leistung des Außenstürmers war ein Gegenargument zu Rudi Völlers Analyse.

Die Tatsache, dass ein völlig unerfahrener 17-Jähriger die stärkste Kraft in einem Kollektiv vieler erfahrener Nationalspieler war, lässt nämlich nur einen Schluss zu: Brandt war der einzige, der sich von der Champions-League-Atmosphäre und von Fußballgiganten wie Thiago Silva oder Zlatan Ibrahimovic inspirieren ließ.

Trainer Hyypiä kennt das seltsame Wesen dieser Mannschaft mittlerweile. „Ich glaube, ich muss für morgen ganz viele Psychologen hierher einladen“, überlegte er. Das war natürlich ein Scherz. Aber sechs Niederlagen in den jüngsten acht Partien haben tatsächlich Spuren hinterlassen. Und am Samstag muss Bayer in der Bundesliga beim VfL Wolfsburg antreten.