Gelsenkirchen/Köln. .

Dichter gelber Rauch, Böllerschüsse, Leuchtraketen. Die Szenen vor dem Anpfiff des 143. Revierderbys zwischen dem FC Schalke 04 und Borussia Dortmund im Oktober 2013 hatten mit Fußball nichts mehr zu tun. Vielmehr waren sie das Werk von Chaoten, die die große Bühne der Bundesliga für ihre Zwecke missbrauchten.

Jetzt hat der FC Schalke 04 reagiert und gegen 498 Anhänger von Borussia Dortmund Haus- und Geländeverbote für die Arena und das umliegende Vereinsgelände verhängt, die bis zum 30. Juni 2019 gültig sind. Außerdem nutzte Schalke seine Möglichkeit als gastgebender Verein und sprach 31 bundesweit gültige Stadionverbote gegen zweifelsfrei ermittelte Randalierer aus, die im Gästeblock der Arena Plexiglasscheiben aus der Verankerung gerissen und Pyrotechnik gezündet hatten. Im Falle einer Zuwiderhandlung droht den Ausgesperrten eine Anzeige wegen Haus- und Landfriedensbruchs.

Eingriff in den Schienenverkehr

Als Grund für die außergewöhnliche Maßnahme gegen diese große Masse gab der Verein an, dass diese Gruppe schon auf der Anreise zum Stadion am Bahnhof Essen West für Zwischenfälle sorgte und sich über Anweisungen der Polizei hinwegsetzte. Dort betätigten die BVB-Anhänger grundlos die Notbremse eines Zuges und liefen über die Schienen.

Am Montag verschickte der FC Schalke 498 Einschreiben mit Rückschein, um die Maßnahme mitzuteilen. Den Verein Borussia Dortmund indes hatten die Gelsenkirchener schon eher in Kenntnis gesetzt. „Über die grundsätzliche Reaktions-Stoßrichtung des FC Schalke wussten wir seit Ende des Jahres Bescheid, konkret sind wir am Donnerstag informiert worden. Es gibt einen Derby-Arbeitskreis mit Mitgliedern aus beiden Vereinen, der regelmäßig tagt und durch den beide Klubs in einem professionellen Austausch mitein-ander stehen“, erklärt BVB-Pressesprecher Sascha Fligge.

Fanforscher haben nicht erst seit den Krawallen im Derby eine „neue Dimension der Gewalt“ erkannt, sie bekamen am Samstag in Köln neue Beispiele für ihre Thesen. Ein Freundschaftsspiel wollten der 1. FC Köln und der FC Schalke 04 austragen. Doch der Fußball wurde zur Nebensache.

Die Innenstadt als Bühne

Denn mehr als 100 Hooligans fingen mitten in der Innenstadt eine wilde Massenschlägerei an, die ein 40-jähriger Beteiligter beinahe mit dem Leben bezahlt hätte. Entgegen sonstiger Hooligan-Gepflogenheiten hatten sich die Anhänger der Klubs aus Köln, Gelsenkirchen und Dortmund nicht in einem abgelegenen Waldstück, sondern in der belebten City zu ihrer Gewaltorgie verabredet. „Wir beobachten, dass das Handeln zunehmend enthemmter wird“, sagt Sportsoziologe Gunter A. Pilz. Diese Gewaltbereitschaft hat für Pilz viel mit der „neu zu beobachtenden Vermischung von Alt-Hooligans, Neonazis und kleineren Ultra-Fan-Gruppen“ zu tun: „Da gibt es eine gefährliche Entwicklung hin zu einer Symbiose. Diese Gruppen sind von Gewalt fasziniert und kämpfen auch um die Meinungshoheit in den Fankurven.“