Oberhof. .

Es ist die Geschichte von Freud und Leid in Oberhof. Oder auch: die von Miriam Gössner und Ole Einar Björndalen.

Der zweite Satz, den Miriam Gössner ins Mikrofon schluchzte, sagte alles. Im ersten hatte die Skijägerin aus Garmisch mit bebender Stimme ihr Olympia-Aus für Sotschi verkündet. Ehe sie im zweiten mitteilte, sie wolle nun erst einmal versuchen, wieder gesund zu werden. Wohlgemerkt: versuchen!

Der Traum von den Spielen am Rande des Kaukasus war bei der 23-Jährigen so stark, dass sie auf dem Weg dorthin fast Unmögliches vollbrachte: Ein halbes Jahr nach ihrem schweren Fahrradunfall in Norwegen war Gössner beim Weltcupstart schon wieder mit von der Partie. Ein kleines Wunder, staunten ihre Trainer. Und die aparte Biathletin, vor zwölf Monaten zur Nachfolgerin von Magdalena Neuner hochgejubelt, zeigte sich zuversichtlich, im Januar wieder in Form zu sein.

Björndalen will es noch mal wissen

Jetzt ist Januar – und Gössner hat dem Dauerschmerz in ihrem Rücken Tribut gezollt. Eine Deckplattenfraktur in drei Wirbelkörpern hatte sich die frühere Langläuferin beim Sturz vom Mountainbike zugezogen. In den ersten Stunden nach dem Unfall, als sie ihre Beine nicht bewegen konnte, wurde sie von Ängsten geplagt, nie mehr laufen zu können. Vor diesem Hintergrund schrumpft Gössners – wenn auch tränenreicher – Abschied vom Sotschi-Traum zu einem sehr erträglichen Opfer. Zumal sie erkennen musste, dass die Spitzenplätze für sie in Sotschi in unerreichbarer Ferne geblieben wären.

Bei Ole Einar Björndalen ist dagegen alles ein bisschen anders – meteorologische Vorlieben inklusive. „Ich mag dieses Wetter hier. Ich mag den Regen und mag den Nebel“, schwärmt der drahtige Skandinavier, dessen spezieller Geschmack in Oberhof auch in diesem Jahr wieder gut bedient wurde. Auch zum Abschluss des Drei-Tage-Weltcups wurden die Massenstarter mit Ski und Gewehr von oben zunächst ausgiebig begossen, am Ende des Rennens war es dann allerdings trocken. Womöglich zu trocken für den Altmeister der Skijäger, der nach zwei bemerkenswerten zweiten Plätzen in Sprint und Verfolgung beim sportlichen Abwasch im Thüringer Wald sein schwächstes Resultat hinlegte. Am Ende der 15 Kilometer lag der Norweger auf Rang 21.

Doch hätte er nicht als einziger im Feld gleich sechs seiner 20 Patronen neben die schwarzen Scheiben gesetzt, wäre er auch im Massenstart wieder ganz weit vorne gelandet. Denn läuferisch hält der sechsmalige Olympiasieger, der in drei Wochen 40 wird, mit den Besten der Welt problemlos mit. „Ich hatte zwei, drei schwere Winter. Aber dieses Jahr genieße ich, denn ich kann wieder angreifen“, sagt Björndalen, wegen seiner Gier nach Siegen in seiner Branche einst mit dem Ehrentitel „der Kannibale“ bedacht.

Jetzt beißt der aktuell Vierte des Gesamtweltcups wieder. Und allen, die dem Braten, den er da pünktlich zu seiner sechsten Olympiateilnahme zusammengebrutzelt hat, nicht trauen, versichert er: „Ich fühle mich nicht alt.“ Und während sich Deutschlands Skijäger in Oberhof schon darüber freuten, wenn es einer oder eine von ihnen zumindest mal in den Dunstkreis des Siegerpodests schaffte, pflegt der Mann aus dem südostnorwegischen Drammen noch immer sein ultimatives Gewinner-Gen.

Auch wenn Landsmann Emil Hegle Svendsen triumphierte: Der Perfektionist aus dem eigenen Team ist ihm in diesem Winter wieder schwer auf die Pelle gerückt. Die Konkurrenz wird deshalb aufatmen: Es werden, das steht bereits fest, Björndalens letzte Olympische Spiele sein.