Gelsenkirchen. .
Am Dienstag stand Jens Keller wie gewöhnlich auf dem Trainingsplatz. Der Alltag hatte den Coach von Schalke 04 wieder, und es zeichnete sich immer deutlicher ab, was diese Zeitung bereits am Dienstag angekündigt hatte: Die aktuelle Woche wird nicht die letzte Arbeitswoche von Jens Keller bei dem Gelsenkirchener Fußball-Bundesligisten sein. Schalke will mit dem 43-Jährigen, über dessen Entlassung zur Winterpause zuletzt heftig spekuliert worden war, auch in die Rückrunde gehen – unabhängig vom Ausgang des letzten Hinrunden-Spiels am Samstag beim 1. FC Nürnberg.
Ausschlaggebend für diesen Beschluss, der am Montagabend auf einer Sitzung von Vorstand und Aufsichtsrat gefasst wurde, war die Tatsache, dass sich Schalke bei der Besetzung der Trainerposition nicht ständig von sportlichen Ergebnissen leiten lassen will. Man wolle sich „von dem Gedanken frei machen, dass nach jeder Niederlage eine Trainerdiskussion losgeht“, hieß es von Sitzungsteilnehmern.
Kellers Bilanz ist durchwachsen: Dem Einzug ins Achtelfinale der Champions League steht das enttäuschende Aus im DFB-Pokal gegenüber. In der Bundesliga hat Schalke unter Keller in der Hinrunde bislang 27 Punkte aus 16 Spielen geholt, zwei mehr als unter Vorgänger Huub Stevens vor einem Jahr (25 Punkte aus 17 Spielen), und das Spiel in Nürnberg steht ja noch aus. Zudem hatte Schalke in der Hinrunde mit ungewöhnlich großem Verletzungspech zu kämpfen; Leistungsträger wie Huntelaar, Papadopoulos, Höger, Farfan oder Aogo fielen oder fallen zum Teil Monate aus. Unter diesen Umständen fiel es Schalke schwer, die Schuld für viele Enttäuschungen allein beim Trainer zu suchen.
Dennoch gilt das Bekenntnis „Pro Keller“ nur bis Widerruf: Für die neue Saison sucht der Klub einen anderen Trainer, der die Mannschaft konzeptionell weiter entwickelt. Nur will sich Schalke dabei Zeit lassen und nicht nur mit dem früheren Bremer Thomas Schaaf reden, sondern auch mit Trainern aus der jüngeren Garde – gehandelt werden Markus Weinzierl und Thomas Tuchel, aber auch der frühere Schalker Eurofighter Marc Wilmots, der derzeit die belgische Nationalmannschaft trainiert. Insgeheim wird Schalke dabei von der Sehnsucht getrieben, unter den jüngeren Trainern möge sich ein zweiter Jürgen Klopp finden: Ein Mann, der den ganzen Verein mitreißen kann.
Zweifel an Schaaf
Der stille Thomas Schaaf wäre das eher nicht; außerdem wurden Zweifel laut, ob Schaaf der geeignete Mann wäre, um die vielen großen Schalker Talente zu fördern – unter Keller standen zuletzt bis zu sechs Spieler aus der eigenen Jugend in der Start-Elf. In Schaafs 14 Bremer Jahren haben nur wenige Talente den Sprung zum Bundesliga-Spieler geschafft. Insofern wundert sich Schalke-Chef Clemens Tönnies, dass in manchen Medien zu Wochenbeginn schon von einer Einigung mit Schaaf die Rede war: „Ich weiß nicht, wo das herkommt. Wir setzen das um, was wir uns vorgenommen haben.“ Viel mehr will er derzeit nicht sagen: Man werde sich nach dem Nürnberg-Spiel beraten und die Entscheidung fällen.
Doch intern ist längst klar, dass es mit Jens Keller in die Rückrunde gehen soll.