München. .

Die Gruppe junger Männer kommt vom Kicken im Münchner Olympiapark, doch jetzt geht es nicht um ihr Hobby oder um das hier allgegenwärtige Erbe der Sommerspiele 1972, sondern um das, was im Winter 2022 kommen könnte. „Was das IOC verlangt, kann man nicht unterstützen“, sagt einer. „Aber überleg doch mal, wie cool das wäre“, entgegnet ein anderer, er deutet auf den Olympiaberg im Hintergrund, „da die Snowboarder zu sehen...“

Es ist ein Abend in München, kurz vor dem Bürgerentscheid an diesem Sonntag in der bayerischen Landeshauptstadt, in Garmisch-Partenkirchen sowie in den Landkreisen Traunstein und Berchtesgadener Land, wo darüber befunden wird, ob es eine erneute Bewerbung um Olympia geben wird. Laut Quorum müssen jeweils zehn Prozent der Wahlberechtigten zustimmen, in Garmisch sind es 20. Fällt das Votum bei nur einem Entscheid gegen Olympia aus, ist die Bewerbung abgeschmettert.

Vor zwei Jahren ist München mit dem Projekt 2018 krachend gescheitert. Auf ein Neues also für 2022? Die zufällige Szene aus dem Olympiapark bildet die Stimmung ganz gut ab. Das Thema polarisiert. Es ist eine Wahl zwischen Herz und Verstand.

3,3 Milliarden Kosten

Man konnte Olympia zuletzt nicht mehr entkommen, jedenfalls nicht den Befürwortern der Winterspiele 2022 samt ihrer Kampagne „OJa!“. Sogar in den S-Bahnen wurden die Fahrgäste aufgefordert, für eine erneute Bewerbung zu stimmen. Hat einen die unterirdische Röhre am Marienplatz ausgespuckt, am zentralen Platz der Stadt, steht man vor einem Werbeplakat an einer Häuserwand, direkt gegenüber vom berühmten Rathaus. „Deine Stimme – Deine Spiele“, steht darauf. Die meisten Touristen beachten die großflächige Botschaft nicht, sie wenden ihr den Rücken zu. Sie sind wegen des Glockenspiels gegenüber an der historischen Fassade des Rathauses gekommen. Würde sich der Anreiz für die Besucher steigern, wenn München Olympia bekäme?

Das ist eine der Fragen, um die es in den Debatten zwischen Befürwortern und Gegnern geht. Was bringen der Stadt und den Partnergemeinden die Winterspiele? Was ist mit den immensen Kosten, die derzeit auf insgesamt 3,3 Milliarden Euro taxiert werden? Darf man unterstützen, dass das Internationale Olympische Komitee (IOC) dem Ausrichter die Risiken aufbürdet und anschließend die Gewinne einstreicht? Wird die Natur tatsächlich kaum belastet? Und profitieren die Menschen durch Infrastrukturmaßnahmen?

Die Befürworter sagen: Es lohnt sich. Vor allem prominente Köpfe aus Bayern werben kräftig, aktive und ehemalige Wintersportler sowie solche, die damit nichts zu tun haben. Von einer „einzigartigen Chance“ spricht der Ski-Olympiasieger Markus Wasmeier. „Drei bis vier Wochen bestes Hollywood“, verspricht Paul Breitner, der ehemalige Fußballer des FC Bayern.

30 Millionen Aufwand

Die Gegner des Bündnisses „NOlympia“ („Für München, gegen Olympia 2022“), darunter Grüne, Linke und der Bund Naturschutz, bezeichnen die IOC-Verträge als Knebelung, als Zumutung oder gar als „Katastrophe“. Und wenn sich München und seine Mitstreiter für Olympia aussprechen sollten, wäre der Bewerbungsaufwand von etwa 30 Millionen Euro kaum weniger gewagt als der erste für 2018 von 33 Millionen Euro. Im Olympiapark kann bis dahin noch viel über Herz und Verstand diskutiert werden.