Stuttgart. .

Im Zweifel für den Angeklagten: Der Radprofi und geständige Dopingsünder Stefan Schumacher hat den Betrugsprozess vor dem Landgericht Stuttgart gewonnen. Mit dem Freispruch durch die 16. Große Strafkammer nach 202 Tagen und 19 Verhandlungsterminen bleibt es dem 32-Jährigen erspart, als erster gedopter Sportler in die Geschichte einzugehen, der von einem deutschen Strafgericht verurteilt wurde. Die Kammer stellte fest, Schumacher habe seinen ehemaligen Teamchef Hans-Michael Holczer nicht zweifelsfrei betrogen und folgte damit den Antrag der Verteidigung.

„Die Strafkammer ist letztendlich nicht davon überzeugt, dass sie ausschließen kann, dass die Situation sich so zugetragen hat wie vom Angeklagten Schumacher geschildert“, sagte Richter Martin Friedrich. „Die Aussagen des Zeugen Holczer reichen nicht, um die Schuld des Angeklagten zu beweisen.“ Schumacher reagierte erleichtert: „Ich bin dankbar, dass das Gericht ein faires Urteil gefällt hat“, sagte er.

Holczer (59) blieb auch nach dem Urteil bei seiner Haltung, nichts von dessen Dopingvergehen mitbekommen zu haben. „Ich weiß, dass ich betrogen worden bin. Wenn das Gericht anders entschieden hat, bin ich alt genug, um das zu akzeptieren. Es war mir klar, dass es ganz, ganz schwer werden würde, diesen Betrug zu beweisen“, sagte Holczer. Schumachers Seite habe mit allen Mitteln versucht, ihn „von vorn bis hinten zu diskreditieren, um diesen Freispruch zu erwirken“.

Rechtliche Konsequenzen wegen Falschaussage hat Holczer nicht zu fürchten. Richter Friedrich betonte, dass das Urteil nicht bedeute, dass „die Aussage des Zeugen Holczer falsch wäre. Auf der Anklagebank sitzt Herr Schumacher. Es gilt der Zweifelsgrundsatz: Im Zweifel für den Angeklagten.“

Die Staatsanwaltschaft hatte Schumacher vorgeworfen, im ehemaligen Gerolsteiner-Rennstall Teamchef Holczer hintergangen und sich als nachweislich gedopter Athlet bei drei Gehaltszahlungen im Jahr 2008 einen „rechtswidrigen Vermögensvorteil“ von rund 100 000 Euro erschlichen zu haben.

Schumacher hätte bei einer Verurteilung eine Geldstrafe von 16 800 Euro gedroht. Dazu hätte er die Kosten des Prozesses tragen müssen, die jetzt der Staat übernimmt. Mit Abschluss der Verhandlung und dem Freispruch steht nun aber der Vorwurf im Raum, warum die Justiz bislang nicht gegen die wohl vorhandenen Hintermänner ermittelt hat.