Gelsenkirchen. .
Am Tag danach war es ungemütlich auf Schalke. Der Regen peitschte wie wild, und der Wind wirbelte leere Bierbecher übers Vereinsgelände – es war der Müll vom Derby. Während die Dortmunder noch am Samstagabend aus der Kabine per Twitter Bilder mit ihren jubelnden Spielern verschickt hatten, steckte Schalke tief in der Derby-Depression. Und irgendwann am Abend wandte sich Julian Draxler über Facebook sogar an die königsblaue Fan-Gemeinde und schrieb: „Haut ruhig drauf. Habe es verdient.“
Das Derby mit dem Dortmunder 3:1-Sieg in der Arena hatte die Kräfteverhältnisse in Westfalen nicht nur bestätigt, sondern geradezu zementiert. Nachdem sich Schalke in der vergangenen Saison noch damit trösten konnte, den in der Endabrechnung enteilten Erzrivalen wenigstens in den direkten Duellen zweimal bezwungen zu haben, hisste Manager Horst Heldt nun bereits nach dem zehnten Spieltag die weiße Fahne. In nüchterner Bewertung der Realität verabschiedete er sich von dem Gedanken, dass Schalke in dieser Saison noch einmal unter die Top Drei der Bundesliga und damit in die Regionen des BVB würde vorstoßen können: „Die anderen sind enteilt. Wir müssen sehen, dass wir wieder den vierten Platz holen.“ Elf Punkte trennen Schalke und Dortmund jetzt – so viele, wie in der vergangenen Saison nach 34 Spielen.
Nur Meyer stillt Sehnsüchte
Was läuft da auf Schalke schief?
Schalke hatte im Derby das gespielt, was die Mannschaft derzeit kann, und das ist nicht genug, um einem starken Gegner Paroli bieten oder ihn gar schlagen zu können. Insgesamt hat Königsblau nun schon 22 Tore in zehn Spielen kassiert – „viel zu viele“, räumt Heldt ein: „So wird man auf Dauer nicht erfolgreich sein.“ Vor allem aber geht es schon seit Monaten so, dass sich die Mannschaft viel zu einfach ihre Gegentore fängt.
Eigentlich hangelt sich Schalke seit fast einem Jahr von Spiel zu Spiel. Begonnen hatte diese Entwicklung schon in der Endphase unter Huub Stevens, aber auch Jens Keller hat in zehn Monaten noch nicht für fußballerischen Fortschritt oder gar spielerische Leichtigkeit sorgen können.
Die fehlende Weiterentwicklung kann auch Horst Heldt nicht in Abrede stellen, aber er versucht sie zu erklären: „Jede Planung wird ad absurdum geführt, wenn wichtige Spieler wegbrechen.“ Eigentlich führt der Sportchef die Verletztenliste mit Spielern wie Huntelaar, Papadopoulos, Farfan oder Höger nur ungern an, um den ihm Unterstellten keine Alibis zu verschaffen. Aber diesmal war er in der Not, weil man bei der Suche nach Gründen ansonsten irgendwann bei seinem Trainer gelandet wäre.
Keller musste die Frage beantworten, warum er den 18 Jahren jungen Max Meyer so spät oder auch zu spät ins Spiel genommen hatte. Seine nicht von der Hand zu weisende Erklärung: „Wir wollen ihn aufbauen, nicht kaputt machen.“ Meyer war nach seiner Einwechslung ein belebendes Element, er schoss 90 Sekunden später das Anschlusstor (62.) und stillte mit seinem Auftritt ein wenig die Sehnsüchte nach Spielfreude.