Essen. Eine ZDF-Reportage hat einen türkischen Verein aus dem Ruhrgebiet begleitet – auf und neben dem Spielfeld. Laut DFB soll Fußball Integration stiften, kommen in einem Verein aber nur türkische Spieler zusammen, ist das nicht einfach.
Die ZDF-Reportage „Immer sonntags gibt es Ärger – Elf Freunde, Fouls und rote Karten“ von Broka Herrmann hat einen türkischen Fußballverein aus Dortmund zwei Wochen lang begleitet. Obwohl das Wort „Ärger“ bereits im Titel steckt, wird schnell deutlich, dass nicht nur die türkischen Spieler für Unruhe auf dem Spielfeld verantwortlich sind. Sie lassen sich aber besonders leicht provozieren.
Wenn der türkische Kreisliga-Klub Selimiye Spor aufläuft, ist es fast wie bei einem Länderspiel – Deutschland gegen Türkei. Das Match am Wochenende ist der Höhepunkt für die Hobbykicker. Mit viel Engagement gehen sie in die Auswärtspartie beim FC Brambauer, doch früh fällt der Treffer zur 1:0-Führung. Schon in der 17. Minute sieht der Kapitän nach einem Foul die Rote Karte und muss vom Platz. Das Spiel wird ruppig – beide Seiten teilen aus, beide Teams müssen harte Fouls einstecken.
„Die Hitzköpfe kriegst du nie raus“
Obwohl Selimiye überlegen ist, lässt sich ein Spieler provozieren und zu einem Kopfstoß hinreißen. „Die Hitzköpfe kriegst du nie raus“, sagt der Trainer. Das sei aber nicht nur bei den Türken so. Der verletzte Gegenspieler sieht diese Probleme bei vielen Fußballmannschaften. Zu solchen Szenen kommt es in den unteren Ligen häufig.
Im Fokus der Reportage stehen jedoch die verschiedenen Spielertypen, auch außerhalb des Fußballplatzes: Sie leben und arbeiten in Deutschland, der Fußball in dem rein türkisch organisierten Verein hat für sie einen besonders hohen Stellenwert. Vor 25 Jahren wurde Selimiye Spor im nördlichen Dortmunder Stadtteil Eving gegründet. Die Mitglieder wollen den Jugendlichen als Vorbild dienen und sie von der Straße zum Sport locken.
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Da ist zum einen der Trainer der ersten Selimiye-Mannschaft. Er arbeitet als Lokführer bei der Deutschen Bahn und hat die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt, weil er mitentscheiden will in dem Land, in dem er lebt. Obwohl er sich nach außen modern zeigt, ist das Familienleben zu Hause noch von traditionellen Rollen geprägt. Die Ehefrau hält sich im Hintergrund, begleitet ihren Mann nie zu einem Fußballspiel.
Der Trainer der zweiten Mannschaft ist ein harter Schleifer, der aber außerhalb des Fußballplatzes so viel Zeit wie möglich mit seinen Kindern verbringt. Derweil beißt der Spielmacher, obwohl er verletzt ist, auf die Zähne. Seine Spielerkollegen trifft er im Friseursalon der Schwester.
Deutschland oder Türkei? Das Herz schlägt für die Heimat
Der Verein ist für die Spieler wie eine große Familie. Sie kommen alle zusammen, wenn die türkische Nationalmannschaft in der WM-Qualifikation gegen Rumänien spielt. Das deutsche Spiel wird an diesem Abend kaum beachtet.
Das Herz der Spieler von Selimiye Spor schlägt für die Türkei, obwohl der Trainer der zweiten Mannschaft die deutsche Nationalhymne besser kennt als die türkische. Sie sind zwar angekommen in Deutschland, drücken auch dem DFB-Team die Daumen, doch ihre erste Wahl bleibt die Türkei.
„Más integración“ heißt der DFB-Fernsehspot, in dem sich die Familien verschiedenster ethnischer Gruppen treffen, um das Fußball-Spiel ihrer Söhne zu verfolgen – das Spiel der deutschen Nationalmannschaft. Stars wie Ilkay Gündogan und Mesut Özil dienen als Vorbilder. Der Fußball fungiert als Integrationsstifter. So der Idealfall.
Bei Eving Selimiye Spor dient der Fußball vor allem der Identitätserhaltung. Die Spieler bewahren sich ihre Heimat – auch in Deutschland. Integration in die deutsche Gesellschaft gelingt hier nicht über den Sport.
Die türkischen Spieler bejubeln gemeinsam den Sieg ihrer Mannschaften – in der Kabine tanzen sie in Unterhose und feiern ohne Alkohol. Auf dem Fußballplatz stehen sie für einander ein: So gestalten sie ihren Alltag in den Spielen der deutschen Kreisligen und kämpfen dort mit einer Mischung aus türkischem und deutschen Fußball um Anerkennung.