Braunschweig. .
Roman Neustädter hatte offenbar ganz genau hingeschaut, als er nach seinem Siegtor geradewegs in die Kurve zu Schalkes Anhängern lief. Alle Teamkollegen, auch die von der Ersatzbank, waren sogleich herbeigeeilt, aber Neustädter behielt vor allem den Blick über den Zaun in Erinnerung: „Da war so viel Freude in den Augen der Fans“, berichtete der 25-Jährige: „Das pusht ungemein.“ Ein Antrieb, den der Bundesligist freilich auch nötig haben wird in dieser Woche: Am Dienstag kommt Chelsea in der Champions League nach Schalke, am Samstag Dortmund in der Bundesliga.
Heldt erwartet sehr viel mehr
Manager Horst Heldt hätte sich das Zittern bis in die Nachspielzeit, in der Schalke durch Neustädter erst der 3:2-Siegtreffer bei Eintracht Braunschweig gelang, hingegen gerne erspart: „Das kostet Nerven.“ Ihm war nicht verborgen geblieben, wie schwer sich der Champions-League-Teilnehmer beim Tabellenletzten getan hatte, um die drei Pflicht-Punkte einzufahren. „Ich bin mit dem einen oder anderen überhaupt nicht zufrieden“, kritisierte der Manager, wollte die Namen der Getadelten lieber für sich behalten – und deutete dann doch an, wo der Hase im Pfeffer lag: „Es waren keine spielerischen Akzente zu erkennen. Gerade von hinten heraus muss das viel schneller und besser sein.“ Hinten im Zentrum des Geschehens standen Benedikt Höwedes und Felipe Santana, davor sollte Neustädter der Fixpunkt sein.
Eigentlich wähnt sich Schalke mit diesem Personal ja gut aufgestellt, doch in dieser Saison folgt da regelmäßig ein großes Aber. Felipe Santana etwa mag so gar noch nicht zeigen, warum man ihn bei seinem früheren Dortmunder Verein immer sehr gelobt hat: Bei seinen Aktionen kann er eine unfreiwillige Komik nicht so ganz ablegen. Sein Nebenmann Benedikt Höwedes wurde von Spöttern in Braunschweig bereits „Käpt’n Fehlpass“ genannt: 14 seiner Zuspiele fanden den Weg zum Gegner – eine beachtliche Quote. Zudem musste Höwedes auch das Gegentor zum 0:1-Rückstand durch Orhan Ademi in der 20. Minute auf seine Kappe nehmen. Den zweiten Braunschweiger Treffer in der 59. Minute durch Karim Bellarabi wiederum leitete Neustädter mit einem Fehler im Mittelfeld ein. Immerhin räumten beide ein, keine ganz glückliche Figur abgegeben zu haben. „Wir haben unheimlich schlechten Fußball gespielt“, sagte Höwedes sogar sehr deutlich.
Ausdrücklich aus der Kritik nahm Heldt die jüngeren Spieler: Max Meyer, Leon Goretzka und auch Christian Clemens. Das verwunderte nicht, weil die beiden erst 18 Jahre alten Burschen Meyer (29.) und Goretzka (65.) sogar die Tore erzielten, die Schalke nach zweimaligem Rückstand jeweils wieder zum Ausgleich brachten. Besonders Meyer ruft schon erstaunlich oft seine Leistung ab und ist bereits jetzt mehr als nur ein Versprechen auf die Zukunft.
Ob diese Jungs aber auch am Dienstagabend gegen Chelsea wieder spielen werden, ist noch ungewiss. Denn dann soll, ja tatsächlich, Kevin-Prince Boateng wieder dabei sein. Trainer Jens Keller verknüpft dies lediglich noch an die Bedingung, dass Boateng beim Abschlusstraining an diesem Montag selbstverständlich dabei sein müsse. Einen Schritt weiter ist bereits Timo Hildebrand, der am Sonntag wieder mit der Mannschaft trainierte – wenn auch noch etwas dosiert. Hildebrand dürfte gegen Chelsea somit seinen Stammplatz wieder einnehmen, zumal Ralf Fährmann bei seinem Comeback in Braunschweig noch nicht unter Beweis stellen konnte, deutlich besser zu sein. Dennoch war Fährmann mehr als selig, es sei nach zwei Jahren Pause unheimlich viel Ballast von ihm abgefallen: „Jetzt weiß man, dass man es noch kann.“